Die Fleischtheke ist mittlerweile komplett mit Flatterband abgesperrt, wie Antonino Di Salvo (r.) von der Marktleitung demonstriert. Foto: Lenhardt
Von Anna Manceron
Oftersheim. Wer derzeit einen Supermarkt betritt, fühlt sich fast schon wie in einem Flughafen. Vor ein paar Wochen konnte man noch gemütlich mit dem Einkaufskorb durch die Gänge schlendern: Hier ein Müsli, da ein Joghurt – und was kochen wir eigentlich heute Abend? Damit ist aber erst einmal Schluss. Denn seit einigen Tagen bestimmen Sicherheitsabstände, Wachpersonal und Warnhinweise den Alltag in Deutschlands Konsumtempeln.
Im Oftersheimer Edeka-Markt Embach erwartet die Kunden schon an der gläsernen Eingangstür der erste Warnhinweis. "Die aktuelle Corona-Situation stellt uns vor große Herausforderungen", steht auf einem der drei Zettel, die dort kleben. Und um diese neue Aufgabe zu meistern, ist die Supermarktkette auf die Mithilfe ihrer Kunden angewiesen. Das Wichtigste: Jeder muss den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern einhalten.
Damit die Kunden das nicht vergessen, haben die Mitarbeiter auf dem Boden farbige Markierungen angebracht. Die Spur der Klebestreifen zieht sich durch den kompletten Markt – vom Eingang bis zur Kasse. Sie finden sich in jedem Gang und vor jedem Regal. "Montagmorgen um 5 Uhr haben wir angefangen, alles abzukleben", berichtet Antonino Di Salvo und fügt schmunzelnd hinzu: "Das war kein Spaß für die Knie."
Um die Infektionsgefahr für Kunden und Mitarbeiter zu mindern, gibt es im Edeka-Markt Embach nun an jeder Kasse einen sogenannten Spuckschutz aus Plexiglas. Foto: LenhardtEr gehört zur Marktleitung und ist für die Verwaltung der beiden Embach-Märkte in Oftersheim und Brühl verantwortlich. Außerdem kümmert er sich um die Qualitätssicherung. Rund um die Kassen hatten er und sein Team schon am vergangenen Mittwoch Klebestreifen angebracht. Am Wochenende kamen dann durchsichtige Schutzscheiben aus Plexiglas dazu. Di Salvo nennt sie einen "Spuckschutz" für Kassierer. "Die Scheiben hat ein Messebauer aus der Region für uns angefertigt", berichtet er. Der Kontakt kam über Mund-zu-Mund-Propaganda zustande. Zum Glück. Denn auf dem freien Markt sei inzwischen kein Plexiglas mehr erhältlich.
Besonders deutlich werden die Einschränkungen an der Fleisch-, Fisch- und Käsetheke: Sie ist komplett mit Flatterband abgesperrt. "Unsere Mitarbeiter tragen alle Handschuhe, aber keinen Mundschutz", erklärt Di Salvo dazu. Den brauche man auch nicht, da die Theke sehr gut belüftet sei. Generell hätte er seinen Mitarbeitern schon gerne Masken zur Verfügung gestellt – wenn er denn welche gefunden hätte. "Wir haben alles versucht", sagt Di Salvo und zuckt ein wenig ratlos mit den Schultern.
Was die Ware angeht, ist der Supermarkt derzeit aber gut aufgestellt. Fast alle Regale sind voll, es gibt sogar Nudeln. Nur Toilettenpapier und Taschentücher sucht man am Dienstagmorgen vergeblich. Der Nachschub soll am Donnerstag kommen – wenn die Edeka-Zentrale in Heddesheim genug auf Lager hat. Um die generelle Versorgung macht sich Di Salvo aber keine Sorgen. "Was die Grundnahrungsmittel angeht, ist alles gesichert", sagt er. Nur die gewohnte Vielfalt sei derzeit nicht immer gegeben. Weil am Wochenende erfahrungsgemäß mehr Kundschaft kommt, wird von Donnerstag bis Samstag ein Security-Mann vor dem Supermarkt stehen und den Eingang kontrollieren. Er sorgt dafür, dass sich nicht mehr als 40 Kunden gleichzeitig im Laden aufhalten.
Bäckerei-Filialleiterin Ramona Doberstein benutzt nur Handschuhe oder Greifzangen. Foto: LenhardtEinen Wachmann braucht Ramona Doberstein (noch) nicht. Die 56-Jährige leitet die Oftersheimer Filiale der Bäckerei Utz aus Schwetzingen. Ihren Laden dürfen derzeit nur zwei Kunden gleichzeitig betreten. Der Rest muss draußen warten. Die Stehtische, an denen man vorher Kaffee trinken oder ein Stück Kuchen essen konnte, sind komplett verwaist. Den Kaffee gibt es nur noch zum Mitnehmen. Wegen der neuen Regeln und der dadurch entstehenden Wartezeiten hat Doberstein auch weniger Zeit für die einzelnen Kunden. "Hin und wieder mit jemandem zu Plauschen, das fehlt mir schon ein bisschen", gesteht sie.
Ihre neue Routine besteht nun aus desinfizieren, bedienen und abkassieren. Brot und Brötchen fasst Doberstein nur noch mit Handschuhen an, für süße Teilchen verwendet sie ohnehin eine Greifzange. "Keine Ware kommt mit unseren Händen in Kontakt", betont sie. Darüber, dass sie durch die täglichen Begegnungen mit den Kunden einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, macht sie sich keine Gedanken. "Mir macht eher Angst, was das alles generell für unsere Gesellschaft zu bedeuten hat", sagt sie. Dass viele Läden schließen müssen, beunruhigt die Filialleiterin. "Wenn die Menschen arbeitslos werden, können sie es sich nicht mehr erlauben, zum Bäcker zu gehen", meint Doberstein.
Was die Einschränkungen beim Einkaufen angeht, seien die Oftersheimer bisher unkompliziert gewesen. "Die Menschen haben das sehr gut akzeptiert", sagt sie. Ein Kunde, der gerade den Laden betritt, bestätigt diesen Eindruck. "Das ist einfach notwendig", betont er. "Und es dient ja auch meiner eigenen Sicherheit." Die Kunden des Edeka-Markts haben ebenfalls Verständnis für die Sicherheitsmaßnahmen. "Den Spuckschutz für Kassierer hätte man schon viel früher einführen sollen", sagt eine Frau aus Oftersheim. Sie arbeite selbst an der Kasse und habe sich dabei schon einmal mit der Grippe angesteckt. "Ich würde mir wünschen, dass diese Schutzscheiben dauerhaft bleiben", betont sie.