Ein paar Samstage im Jahr steuert der Plankstadter Bürgermeister Nils Drescher den Bürgerbus. Das Angebot hat sich seit 2015 im Ort sehr gut etabliert. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Plankstadt. Margot Becker ist nicht mehr so gut zu Fuß und deshalb auf einen Rollator angewiesen. Trotzdem sucht sie regelmäßig persönlich eine der beiden örtlichen Apotheken in Plankstadt auf. Und samstags fährt sie mit dem Plankstadter Bürgerbus zum "Tintenklexx", einem Schreibwarengeschäft in der Schubertstraße, wo sie sich mit Illustrierten für die Woche eindeckt. Nachdem sie das erledigt hat, fährt sie erneut mit dem Bus, wenn er eine halbe Stunde später auf seiner nächsten Runde durch Plankstadt vorbei kommt, um wieder zurück zur Haltestelle "Rathaus" zu fahren.
Diesmal hilft ihr Bürgermeister Nils Drescher persönlich beim Ein- und Aussteigen. Ein paar mal im Jahr opfert der Plankstadter Rathauschef seinen Samstag und fährt als ehrenamtlicher Fahrer den Bus. Wer also seinen Bürgermeister einmal in Jeans und Fleece-Shirt treffen möchte, der muss den Bürgerbus nehmen. Als rollende Bürgersprechstunde möchte Drescher die Rundfahrten durch den Ort zwar nicht in erster Linie sehen. Aber Fragen ist erlaubt - besonders während der kurzen Pause nach jeder Runde am Rathaus.
"Wenn ich nicht zur Apotheke muss, bleibe ich sitzen und die Fahrer holen mir schnell meine Zeitschriften. Die sind ja alle so nett", sagt Margot Becker. "Ich bin so froh, dass es den Bürgerbus gibt". Diesen Satz bekomme man immer wieder zu hören, erzählt die Fahrerin Sigrid Schüller, Gemeinderätin für die Grüne Liste Plankstadt. Sie ist neben Gaby Wacker, frühere SPD-Gemeinderätin, eine der engagiertesten Initiatorinnen für den Bus. Fast die Hälfte der 20 ehrenamtlichen Fahrer sind Frauen. Benötigt werden ein Pkw-Führerschein und ein Personenbeförderungsschein, der schnell zu erwerben ist. "Ich habe den gleich nach meiner Wahl zum Bürgermeister gemacht", sagt Nils Drescher.
Ein paar Haltestellen weiter steigt Waltraut Wettstein in den Bus. Großes Hallo. Man kennt sich und sitzt in den zweimal wöchentlich statt findenden Seniorentreffen im Gemeindezentrum nebeneinander. "Gestern war ich beim Doktor", erzählt man sich. Oder: "Heute ist das Wetter aber eklig." Die Fahrgäste plaudern und sind zufrieden, unter die Leute zu kommen. "Ich mache überall Werbung für den Bus", betont Waltraut Wettstein. "Bitte anschnallen", sagt der Bürgermeister streng. Anschnallen ist Pflicht im Bürgerbus. Auf einem der hinteren Sitze hat es sich ein Junge bequem gemacht. Er hat eine Liste vor sich auf den Knien und führt er genau Buch, wie viele Passagiere im Bus mitfahren. Das ist wichtig für die Statistik und für die Abrechnung - auch für die Förderung des Busses durch den Kreis. Tim ist acht Jahre alt und unterstützt seinen Vater, wenn der an einem Samstag ehrenamtlich den Bus steuert. Und sein Vater ist der Bürgermeister. Nils Drescher ist einer von 20 ehrenamtlichen Fahrern, die den Bus steuern. In dem Kleinbus, der zum Linienbus umgebaut wurde, haben acht Fahrgäste Platz. Stehend darf in dem offiziell als Linie 714 konzessionierten Bürgerbus niemand mitgenommen werden. Der Bus verfügt über ein Automatikgetriebe und ist leicht zu fahren.
Im März vor drei Jahren startete der Bürgerbus erstmals auf seine Runde mit 16 Haltestellen. Vorausgegangen waren lange Diskussionen im Gemeinderat über die Notwendigkeit, die Linienführung und die Finanzierung. Aber jetzt rollt er an sechs Tagen in der Woche durch Plankstadt und hat bereits die 30000er Marke an Fahrgästen überschritten. Angeschafft wurde der Bus von der Gemeinde, das Land Baden-Württemberg hat eine erhebliche Fördersumme dazu gegeben. Vom Kreis gibt es Zuschüsse je Fahrgast. Regulär kostet die Fahrt ein Euro, Kinder und Ermäßigte zahlen die Hälfte. Behinderte fahren kostenlos.
Bezahlt wird beim Fahrer. VRN-Tickets sind im Bürgerbus gültig. Am Rathaus besteht eine Umsteigemöglichkeit in die VRN-Linie 713 nach Schwetzingen oder Eppelheim. Der Bürgerbus fährt zum Friedhof, ins Gewerbegebiet und zum Supermarkt am Ortsrand. Wie hieß es doch bei der Einführung 2015 im Gemeinderat?: "Das wird kein Friedhofsbus der zwei Mal am Tag ein paar Leute transportiert, sondern eine Buslinie, die den ganzen Tag fährt und die innerörtliche Mobilität für alle verbessert". Dieses Versprechen ist erfüllt.