Anton Ottmann mit seiner Reisegruppe im französischen Nancy. Foto: aot
Von Anton Ottmann
Wiesloch. RNZ-Autor Anton Ottmann berichtet im Rahmen der Serie "Bahn-Geschichten" von den Erlebnissen seiner Reisegruppe während eines Ausflugs nach Frankreich.
Die lothringischen Städte Metz und Nancy glänzen nicht nur durch wunderschöne Parks und Plätze, Kirchen und historische Prunkbauten, sondern spiegeln auch Jahrhunderte europäischer Geschichte wieder, in der die Auseinandersetzungen zwischen Deutschland und Frankreich eine zentrale Rolle spielten.
Bei einer Entfernung von knapp 300 Kilometern lohnt sich ein Wochenendtrip allemal. Um ausgeruht dort anzukommen, fuhren wir mit der Bahn, elf Damen und ich als Reiseleiter. Wir entschieden uns für das Wochenende vom 29. Juni bis 1. Juli, da in Frankreich an jedem ersten Sonntag im Monat der Eintritt in die Museen frei ist.
Bereits zu Beginn des Jahres suchte ich nach einer geeigneten Verbindung im Internet: Abfahrt um 6.54 Uhr in Wiesloch-Walldorf, Umsteigen in Mannheim und Saarbrücken, Ankunft in Metz um 10.20 Uhr, dort Aufenthalt zur Besichtigung der Stadt bis etwa um 17 Uhr und dann Weiterfahrt nach Nancy. Die Heimfahrt war über Strasbourg und Karlsruhe geplant, so dass wir gegen 20 Uhr zu Hause sein würden.
Jetzt wurde es schwierig. Trotz mehrmaliger Versuche war es nicht möglich, die Reise zu buchen. Eine Internet-Adresse für Auskünfte zu Gruppenreisen versprach Abhilfe. Als ich nach rund zwei Monaten immer noch keine Antwort auf meine Anfrage erhalten hatte, wandte ich mich an ein örtliches Reisebüro. "Kein Problem", sagte die freundliche Dame, sie würde sich direkt mit dem Reisebüro der Deutschen Bahn in Verbindung setzen.
Rund zwei Wochen später rief sie bei mir an und erklärte, dass wir mindestens eine Stunde früher fahren und mit einer Fahrzeit von über fünf Stunden rechnen müssten. Ich gab nicht auf, fuhr zu ihr ins Reisebüro und überprüfte mit ihr "meine" Verbindung, sie gab allerdings zu bedenken, dass die Umsteigezeiten zwischen zehn und 30 Minuten doch etwas knapp waren. Tatsächlich bestätigte daraufhin die Deutsche Bahn meine Verbindung, stellte mir aber nur Fahrkarten für die Hinfahrt von Wiesloch-Walldorf nach Metz und auf der Rückfahrt von Strasbourg nach Wiesloch-Walldorf aus.
Die Fahrkarten für die rein französischen Streckenabschnitte von Metz nach Nancy und von Nancy nach Strasbourg würden von der SNCF direkt zugestellt werden. Ich dachte: "Wie ist so etwas im Computerzeitalter und im vereinten Europa möglich?" Bin ich doch schon 1961 mit 16 Jahren von Heidelberg nach Belfort mit Zugwechsel in Strasbourg gefahren, mit einer Rückfahrkarte, die problemlos am Schalter ausgestellt worden war.
Beim Start am Bahnhof Wiesloch-Walldorf an besagtem frühen Freitagmorgen fehlte eine Teilnehmerin, eine andere schockte mich mit der Information, dass sie die von der Bahn schriftlich angegebene Fahrt von Saarbrücken nach Metz im Internet nicht gefunden habe. Während des halbstündigen Aufenthalts in Mannheim bestätigte die Auskunft, dass der besagte Zug tatsächlich an diesem Freitag nicht fahre. Noch ließ ich mich nicht aus der Ruhe bringen. Da der Zugbegleiter auf seinem Handy "kein Netz" hatte, ging ich in Saarbrücken nochmals zur Auskunft und erfuhr jetzt, dass auf der französischen Seite ein Erdrutsch die Strecke blockiere. Wir könnten aber den Zug bis nach Forbach nehmen, nach der Grenze müsste ein Schienenersatzverkehr eingerichtet sein, er habe leider auch keine Verbindung zur französischen Seite. Ein Bus fuhr uns dann tatsächlich von Forbach aus gemächlich von Dorf zu Dorf, bis wir wieder in einen Nahverkehrszug umsteigen konnten und um 13.30 Uhr, drei Stunden verspätet, endlich in Metz ankamen. Interessanterweise zur gleichen Zeit, wie unsere Kollegin, die am Morgen den Zug verpasst hatte. Sie hatte eine Verbindung über Luxemburg gefunden, die zwar etwas länger und teurer war, aber schneller zum Ziel führte.
Ansonsten erlebten wir bei strahlendem Sommerwetter schöne Tage in Lothringen, besichtigten unter anderem die Kathedrale in Metz mit den Glasfenstern von Chagall, den prunkvollen Place Stanislas in Nancy und dort eine atemberaubende Video-Show am Abend. Am Sonntagnachmittag kamen wir gut gelaunt am Bahnhof in Nancy an, wo wir über Lautsprecher in französischer Sprache informiert wurden, dass unser Zug wegen technischer Mängel verspätet abfahre. Nach über einer Stunde ging es dann tatsächlich los. Vom französischen Zugbegleiter erfuhren wir, dass der in Nancy vorgesehene Zugführer nicht erschienen sei und man zuerst einen Ersatz besorgen musste.
Aber, oh Wunder, die Verspätung erwies sich am Ende als Glücksfall. Nachdem wir jeweils in Strasbourg, Appenweier, Offenburg, Karlsruhe und Mannheim in kürzester Zeit weitere Zuganschlüsse auswählen und umsteigen mussten, kamen wir dank deren Unpünktlichkeit, so paradox dies klingen mag, noch einige Minuten früher als ursprünglich geplant in Wiesloch an.
Am Ende waren wir uns alle einig: Einen Kurztrip mit der Bahn werden wir so schnell nicht mehr unternehmen.