"Luna" hat einen Wesenstest von Tiertrainer und Veterinäramt bestanden. Trotzdem soll sie aus der Wohnung. Foto: Lenhardt
Von Wolf H. Goldschmitt
Schwetzingen. Hündin "Luna" lebt in einer Drei-Zimmer-Wohnung der Baugenossenschaft Schwetzingen. Die dickliche Dame ist eher von der gemütlichen Sorte. Tiertrainer und Veterinäramt attestierten dem älteren Vierbeiner nach einem Wesenstest Unbedenklichkeit im Umgang mit Menschen. Deshalb darf ihre Halterin Edeltraut Muth mit dem sanftmütigen "American Staffordshire" auch ohne Maulkorb Gassi gehen.
Nach elf Jahren allerdings zerstört ein Brandbrief der Baugenossenschaft die Idylle in der Friedrich-Ebert-Straße 53. Edeltraut Muth erfährt, dass ihr "Kinderersatz" ein Listenhund sei und deshalb ins Tierheim gebracht werden müsse. Sie habe nämlich für die 73-Quadratmeter-Wohnung keine Genehmigung zur Haltung. Die 74-Jährige fällt aus allen Wolken. Sie wendet sich verzweifelt an Sandra Mummert vom Tierschutzverein Schwetzingen und den Fachanwalt Lars-Jürgen Weidemann. Es kommt, wie es kommen muss: Am gestrigen Mittwoch treffen sich Baugenossenschaft und Beklagte vor dem Schwetzinger Amtsgericht. Richterin Barbara Bartelmus wundert sich über die Menge an Besuchern der öffentlichen Verhandlung. Fast 30 Interessierte, darunter zahlreiche Nachbarn, erwarten im Sitzungssaal 9 eine Entscheidung über das Schicksal von "Luna".
In diesem Haus lebt Edeltraut Muth mit ihrer Hündin. Foto: Lenhardt
Die Vernehmung eines ehemaligen Vorstandsmitglieds des städtischen Unternehmens bringt wenig Neues, bisweilen sogar Widersprüchliches. Der Zeuge bestätigt aber, dass es niemals Beschwerden über den friedfertigen und wohlerzogenen Hund gegeben habe. Wie beliebt "Luna" in der ganzen Nachbarschaft ist, zeigt dagegen eine von den meisten Mietern unterschriebene Petition für ihr Verbleiben in der Wohnung.
Die Richterin schlägt schließlich eine gütliche Einigung vor, die für Edeltraud Muth vernünftig und annehmbar klingt. Weil "Luna" schon ein gewisses Alter erreicht habe und ihre Rasse selten älter als 15 Jahre werde, könnten die Beklagte und ihr betagter "Hausgenosse" doch noch ein paar schöne Jahre miteinander verbringen. Im Gegenzug müsste sich Edeltraud Muth verpflichten, nach dem Ableben ihres Lieblings keinen anderen Hund mehr zu halten.
Rechtsanwalt Johannes Himmes vertritt die Klägerin. Er zeigt sich bissig und lehnt den Vergleich am gestrigen Vormittag kategorisch ab. Im Prozess wird aber offensichtlich: Die Schwetzinger Baugenossenschaft und deren Geschäftsführer Manfred Lutz-Jathe und Olaf Türke wollen der Haltung von sogenannten "Kampfhunden" ein für alle Mal Einhalt gebieten. Seine Mandantin "sehe sich in der Verantwortung, Rechtsklarheit herbeizuführen und den Sicherheitsbedürfnissen aller Seiten Rechnung zu tragen", teilt Himmes mit. Richterin Barbara Bartelmus kündigt schließlich an, dass sie in drei Wochen ein Urteil verkünden will.
Für Tierrechtsanwalt Weidemann ist klar, dass beide Streitparteien bereit sind, in Berufung vor das Mannheimer Landgericht zu gehen. Wann dann erneut verhandelt und final entschieden werden kann, steht in den Sternen. "Bei der Geschwindigkeit der überlasteten Justizbehörden könnte sich der Fall ,Luna’ vielleicht noch vor einem Prozesstermin auf eine biologische Weise lösen", spekuliert eine Tierschützerin. Hund und Frauchen bleiben also bis auf Weiteres in ihrem Zuhause.