In der Region kommen Rettungswagen und Notarzt zu oft zu spät

Rettungsdienste in der Region verpassen weiter Hilfsfristen: 2016 war der Rettungswagen in Mannheim in 1200 Fällen, der Notarzt in 500 Fällen nicht rechtzeitig da

08.03.2017 UPDATE: 09.03.2017 06:00 Uhr 2 Minuten

Im vergangenen Jahr war der Rettungswagen in Mannheim in 1200 Fällen, der Notarzt in 500 Fällen nicht rechtzeitig da. Foto: Anspach

Von Gerhard Bühler

Mannheim. Rettungswagen und Notarzt in der Region brauchen immer noch zu lange, bis sie bei ihren Patienten sind. Das geht aus einer Pressemitteilung des Bereichsausschusses Rettungsdienst Rhein-Neckar hervor. Das Gremium, dem die Stadtkreise Mannheim und Heidelberg sowie der Rhein-Neckar-Kreis angehören, berichtet aber von "Fortschritten bei der Einhaltung der Hilfsfristen". Ziel sei es, künftig in 95 Prozent der Fälle die gesetzlichen Vorgaben zu erreichen.

Durch Investitionen in Millionenhöhe seien in den letzten beiden Jahren die Mitarbeiterkapazitäten erhöht worden. Das entspreche einem weiteren Notarzteinsatzfahrzeug im 24-Stundenbetrieb und vier zusätzlichen Rettungswagen, heißt es in dem Bericht. Damit sei es gelungen, trotz des gestiegenen Einsatzbedarfs die Hilfsfrist um 2,5 Prozent auf jetzt 94,3 Prozent zu steigern, bei Notarztfahrten um 2,8 Prozent auf 93,8 Prozent.

Das Gremium, in dem sich Krankenkassen und Hilfsorganisationen - allerdings stets in nicht-öffentlichen Sitzungen - besprechen, veröffentlichte damit erstmals eigenständig und ohne politischen Druck eigene Zahlen. "Unser vordringliches Ziel ist und bleibt, in beiden Aufgabenbereichen mindestens 95 Prozent zu erreichen", teilt Kurt Gramlich, Rettungsdienstleiter des Roten Kreuzes Mannheim mit.

Der Gesetzgeber verlangt, dass die Retter in 95 Prozent binnen zehn, maximal 15 Minuten am Einsatzort sind. Die genannten Zahlen beziehen sich allerdings nur auf die 15 Minuten - und halten diese Grenze noch nicht ein.

Auch interessant
: Bürgermeister Christian Specht wirbt für Mannheim als Rettungsleitstelle

Prof. Dr. Andreas Pitz von der Koordinierungsstelle Rettungsdienst der Stadt Mannheim kritisiert die vorgelegten Zahlen. "Trotz der Verbesserungen wird die gesetzliche Vorgabe von möglichst zehn, höchstens 15 Minuten bisher nicht erreicht", stellt Pitz fest. Angesichts der Gesamtzahlen bedeutet der Prozentsatz in absoluten Zahlen, dass im Jahr 2016 der Rettungswagen in Mannheim in mindestens 1200 Fällen, der Notarzt in 500 Fällen nicht rechtzeitig da war. Zahlen zur Zehn-Minuten-Hilfsfrist legt das Gremium nicht offen. Ausgehend von den vorliegenden Daten aus 2015 (68,1 Prozent Rettungswagen sowie 59,6 Prozent für Notarzt) könne man davon ausgehen, dass man selbst mit den nun genannten Verbesserungen noch weit entfernt vom gesetzgeberischen Ziel von "möglichst zehn Minuten" sei, betont Pitz. "In Hessen versteht man unter ‚möglichst‘ 90 Prozent", zieht der Experte für Medizin- und Sozialrecht einen Vergleich.

Schon seit Längerem herrscht in Mannheim bei Stadtverwaltung und Gemeinderäten Unzufriedenheit über die Leistung des Rettungsdienstes, insbesondere wegen der Hilfsfristen. In Baden-Württemberg legen nach derzeitiger Regelung die Krankenkassen und Rettungsdienstanbieter selbst in ihren Bereichsausschüssen die Qualität und Finanzierung des Rettungsdienstes fest. Dass in diesem Gremium Mannheim kein Mitbestimmungsrecht, sondern nur beratende Funktion hat, bedauert Mannheims Sicherheitsdezernent Christian Specht.

Es sei unverantwortlich und nicht akzeptabel, die Notfallrettung schlecht zu reden und damit bei den Bürgern ein Gefühl der Unsicherheit zu erzeugen, kritisieren Joachim Stutz, Vorsitzender des Bereichsausschusses, und sein Stellvertreter Jürgen Wiesbeck. Stutz kündigt ein neues Strukturgutachten für den gesamten Rettungsdienstbereich Rhein-Neckar an. Als Grundlage sollen die Einsatzdaten des Jahres 2016 dienen. Es soll für Notfallrettung und Krankentransport Bedarf und weiteres Verbesserungspotenzial aufzeigen.

Während der Bereichsausschuss von einer "reibungslosen Zusammenarbeit" mit den Rettungsdienstkollegen aus Hessen und Rheinland-Pfalz spricht, sieht Pitz hier ein strukturelles Verbesserungspotenzial. Gute Zusammenarbeit bestehe nicht nur darin, dass "auf Zuruf" von der Leitstelle ein Rettungsmittel über den Rhein entsandt werde. Wie etwa bei Zusammenarbeit der Feuerwehren zwischen Mannheim und Ludwigshafen zu sehen sei, bedürfe es auch einer Abstimmung der Einsatzkonzepte und der Alarm- und Ausrückordnungen, sagt Pitz. Vorbild sei die Kooperation zwischen Mainz und Wiesbaden.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.