"Der Nutzen für den Patienten muss im Mittelpunkt stehen": Gesundheitsminister Gröhe beim Digital-Gipfel. Foto: Gerold
Von Peter Wiest
Ludwigshafen. Es war ein im wahrsten Sinn des Wortes bewegender Moment gestern im Ludwigshafener Pfalzbau: Zum Auftakt eines Forums zum Thema "Digitale Gesundheit" erhob sich eine teilquerschnittsgelähmte junge Frau von einem Stuhl in der ersten Reihe des Saals - und schritt unter dem Applaus des Publikums ein paar Schritte vor der Bühne auf und ab. Auch dies zeige die Möglichkeiten, die in der Digitalisierung stecken könnten, sagte dazu Moderatorin Melinda Crane. Und auch wenn das Thema des Forums eigentlich in eine andere Richtung zielte - letztlich gehe es bei der digitalen Gesundheit immer um das Wohl des Patienten und die Vorteile, die dieser aus der Digitalisierung ziehen könne.
Von "E-Health", wie digitale Gesundheit auch neudeutsch oft bezeichnet wird, sollen darüber hinaus allerdings auch die Ärzte, die Krankenkassen und überhaupt sämtliche Gesundheitseinrichtungen profitieren. Dabei geht es um den sicheren Datenaustausch zwischen Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken - wobei der Schlüssel dazu in der elektronische Patientenakte liegt. "Ziel ist es, dass benötigte Daten stets rechtzeitig an allen wichtigen Stellen zur Verfügung stehen", so die Moderatorin: "Und zwar immer dann, wenn der Patient das möchte." Dadurch entstehe das, was Melinda Crane als "eine neue Qualität der Medizin" bezeichnete. Nicht zuletzt deshalb habe man gerade das neue "E-Health-Gesetz" auf den Weg gebracht, stimmte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe in diesen Tenor ein.
Wenn es darum gehe, aus bereits bestehenden vielen guten Angeboten und Leistungen im Gesundheitswesen das Beste rauszuholen, sei umfassende Vernetzung unerlässlich: "Denn mit der Digitalisierung bieten sich bisher ungeahnte Möglichkeiten." Nachdem die Test-Phase für die Gesundheitskarte gerade abgeschlossen sei, habe man deshalb jetzt ein riesiges Vernetzungsprojekt für 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherte auf den Weg gebracht: "Wobei wir streng darauf achten, dass immer der Nutzen für den Patienten im Mittelpunkt steht." Patientensicherheit sei beim Thema digitale Gesundheit ein entscheidender Faktor, sagte Ole Schröder, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium.
Auch die Ärzte realisieren nach den Worten von Franz Bartmann, des Vorsitzenden des Ausschusses Telematik der Bundesärztekammer, zunehmend, "dass Digitalisierung mit ihnen und ihren Patienten etwas anstellt", wie er es ausdrückte. Deshalb habe der Ärztetag die Bundesärztekammer aufgefordert, das Fernbehandlungsverbot so abzuändern, dass es den durch die Digitalisierung möglichen und notwendigen Veränderungen entspreche. "Man muss begreifen", so Bartmann, "dass sich die bisher absolut dominante Rolle des Arztes als Informationsgeber ändert durch die Digitalisierung, die den Patienten selbst ganz neue Möglichkeiten verschafft, Daten und Informationen über sich selbst zu sammeln".
Das sieht auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen so, bekräftige dessen Geschäftsführungs-Vorsitzende Doris Pfeiffer. "Der Patient wird über die elektronische Gesundheitskarte entscheidend ins Geschehen einbezogen", sagte sie, "und wenn es uns jetzt gelingt, über entsprechende Vernetzung die benötigten Daten allen zuständigen Stellen zugänglich zu machen, kann er davon letztlich nur profitieren".
Das Thema Vernetzung ist auch für den Vorsitzenden der CompuGroup Meedical, Frank Gotthardt, von entscheidender Bedeutung für Erfolg oder Misserfolg bei der digitalen Gesundheit. Eine elektronische Patienten-Akte hätten die meisten Ärzte schließlich längst, sagte er: "Aber es fehlt eben die Vernetzung. Und daran müssen alle Beteiligten jetzt arbeiten".
Eine Forderung, die auch der Bundesgesundheitsminister nur unterstreichen konnte - schließlich wolle sein Haus ein nationales Gesundheitsportal schaffen, was wiederum nur bei entsprechender Vernetzung möglich sei. Genau so wichtig sei es allerdings, dass Patienten ermächtigt würden, mit ihren Daten umzugehen, so Hermann Gröhe. Wenn dies gelinge, dann weise die Digitalisierung den absolut richtigen Weg in die Zukunft des Gesundheitswesen: "Und den werden wir gehen."