Tödlicher Handy-Streit in Mannheim

Angeklagter spricht von Notwehr und "Backpfeife" (Update)

30-Jähriger stellte sich nach "Aktenzeichen XY"-Sendung - Senior erlitt Gehirnblutung

11.04.2019 UPDATE: 11.04.2019 13:59 Uhr 1 Minute, 40 Sekunden

Symbolfoto: dpa

Mannheim. (dpa-lsw) Es ist ein tragischer Fall: Ein Rentner wird bei einer Rempelei vor einem Mannheimer Hotel geschlagen, geht mit schweren Verletzungen zu Boden und stirbt sechs Wochen später. Der mutmaßliche Täter muss sich seit Donnerstag vor dem Mannheimer Landgericht wegen einer möglichen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Keinen Schlag mit der Faust wie in der Anklage vermerkt, sondern eine "Backpfeife" habe er dem Mann im Juni 2015 verpasst, sagt der 30-Jährige vor der Großen Strafkammer.

Zuvor habe er im Gedränge von Reisenden vor dem Hotel einen "Hieb" erhalten, durch den sein Handy heruntergefallen sei. Nach dem Aufheben habe er die Hände des Mannes nahe seinem Gesicht bemerkt. "Ich hatte Angst, dass er mich schlägt und wollte ihm zuvorkommen." Außerdem habe der damals 68-Jährige ihn beleidigt, gibt der gelernte Kfz-Mechatroniker im blütenweißen Hemd und Jeans an.

Um Distanz zu schaffen, habe er ausgeholt und dem Rentner mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. "Ich wollte nur bewirken, dass er mir nicht zu nahe kommt", sagt der derzeit als Baumonteur Beschäftigte, der zeitweise in der Sicherheitsbranche tätig war. Über das entglittene Handy sei er nicht wütend gewesen. Er habe noch gesehen, dass sein Gegenüber zwei, drei Schritte zurückgestolpert und dann zu Boden gefallen sei. Dann sei er geflüchtet.

Nach Auffassung der Rechtsanwältin, die den Bruder des Opfers als Nebenkläger vertritt, ist die Aussage eine Schutzbehauptung. Auch eine Rechtsmedizinerin zieht die Darstellung des im hessischen Bad Nauheim in geordneten Verhältnissen aufgewachsenen Angeklagten in Zweifel. Der Strafrahmen für Körperverletzung mit Todesfolge beträgt 3 bis 15 Jahre Freiheitsentzug.

Die Liste der Verletzungen des Seniors bei Aufnahme in der Uniklinik Mannheim lässt einem den Atem stocken: Gehirnblutung, ein von gesprungenen Brillengläsern zerrissener linker Augapfel, gebrochene Kieferhöhle, Jochbogenbruch, Brüche der Mittelgesichtsknochen und der Rippen. Gestorben ist der alleinstehende ehemalige Buchhalter schließlich sechs Wochen nach dem Vorfall an einer Lungenentzündung. Zuvor war er ins Koma gefallen.

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Das Bruchbild im Gesicht sei vereinbar mit einem Faustschlag, gibt die Rechtsmedizinerin aus Frankfurt zu Protokoll. "Ein einfacher Schlag mit flacher Hand kann solche Verletzungsbilder nicht verursachen." Sie schließt auch aus, dass die Verletzungen in der linken Gesichtshälfte vom Sturz auf den Boden stammen könnten.

Von den tragischen Folgen seiner "Backpfeife" hat der Beschuldigte nach eigenen Angaben erst durch die ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" im Oktober 2016 erfahren. Daraufhin hatte er sich gestellt. Die Fahndung war bereits im Juni 2016 beendet worden.

Er habe bei der Auseinandersetzung die Person seines Widersachers gar nicht richtig wahrgenommen, sagt der Mann mit türkischen Wurzeln. Ältere Menschen seien für ihn Respektspersonen. "Ich hätte ihm die Hand geküsst."

Ort des Geschehens

Update: Donnerstag, 11. April 2019, 16.09 Uhr

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