Mannheimer Wohnungsbauprojekte

"Wandel zum richtigen Zeitpunkt"

Wirtschaftsministerin besichtigte Franklin und Jungbusch – Vier Millionen Euro vom Land

02.07.2018 UPDATE: 03.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 46 Sekunden

Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (Mitte) erklärt Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (Dritte vom Links) anhand des Modells einzelne Bauprojekte für das Konversionsgebiet Franklin. Foto: Kaiser

Von Olivia Kaiser

Mannheim. 144 Hektar umfasst die Konversionsfläche Franklin im Stadtteil Käfertal. "Das ist ungefähr die Flächengröße der Mannheimer Innenstadt", erklärte Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz der baden-württembergischen Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) bei ihrem Besuch in Mannheim. Die Ministerin wollte sich im Gebiet Franklin und im Stadtteil Jungbusch über Projekte der Stadtentwicklung und Stadterneuerung informieren.

Wie es sich für einen guten Gast gehört, war sie nicht mit leeren Händen gekommen: Hoffmeister-Kraut übergab zwei Förderbescheide in der Höhe von insgesamt 4,1 Millionen Euro an die Stadt. Das Geld kommt den Erneuerungsgebieten "Benjamin Franklin Village" sowie "Innenstadt Planken" zugute. "Diese Finanzhilfen ermöglichen es, Ortskerne attraktiv zu gestalten und brachliegende Flächen zu aktivieren. Sie schaffen Wohnungen, Grün- und Freiflächen und sorgen für eine bedarfsgerechte Nahversorgung", betonte Hoffmeister-Kraut.

Amerikanisches Flair auf Franklin: Das große Modell im Zweistromhaus zeigt, wie es einmal aussehen wird "auf Franklin". Das neue Wohnquartier umfasst die ehemaligen US-Kasernen Funari und Sullivan sowie das ehemalige US-Wohngebiet Benjamin-Franklin-Village. Nicole Hoffmeister-Kraut war nicht nur von der Dimension beeindruckt, sondern auch von der Strategie.

Mehrere Investoren erschließen mit verschiedenen Konzepten das neue Quartier: Neubau und Bestandserhalt, Erbpacht und Miete, Wohnen für Besserverdiener und Menschen mit schmalerem Geldbeutel, nachhaltige Energiekonzepte mit Fotovoltaik und Geothermie. Das Modell zeigt auch, dass es ein grünes Quartier wird, nicht nur weil der Käfertalerwald in unmittelbarer Nähe liegt, sondern auch wegen der vielen Freiflächen, die entstehen.

Auch interessant
Mannheim: Millionen fürs Franklin
: Mannheimer "Franklin"-Quartier soll bezahlbar und energiefreundlich werden
: Franklin-Mitte: Für die Super-Baustelle ist der Startschuss gefallen

Nach dem Blick auf das Modell begutachtete die Ministerin das Gelände bei einer kleinen Rundfahrt. Als Führer fungierte Achim Judt, Geschäftsführer der MWS Projektentwicklungsgesellschaft. Nahe dem Eingang zum Gelände am Platz der Freundschaft in die ersten Neubauten bereits fertig und bezogen. "Circa 300 Pioniere leben bereits hier", erklärte Judt. Pioniergeist müssten die Franklin-Bewohner der ersten Stunden tatsächlich mitbringen, denn sie wohnen mitten auf einer Baustelle.

Allerdings erleben sie hautnah mit, wie ihr Quartier entsteht. Etwas weiter die Straße hinunter werden ehemalige US-Wohnhäuser umgebaut. "Wir nehmen das Satteldach ab und stocken auf", so Judt. "Nur im Inneren bleibt die alte Struktur erhalten." Anders beim nahen Baufeld C. Dort bleiben die charakteristischen Wohnhäuser komplett erhalten und werden lediglich saniert. "Die Geschichte der Amerikaner soll erlebbar bleiben", betonte Achim Judt. So wird aus der einstigen Kirche eine Begegnungsstätte.

Im Hauptquartier der US-Armee - dem sogenannten Clockhouse - bezieht die Projektentwicklungsgesellschaft ihr Quartier. Auch eine der Panzerhallen soll als Veranstaltungsort erhalten bleiben. Das Kino wird als Ersatzspielstätte für das Schauspielhaus während der Sanierung des Nationaltheaters gehandelt.

Nicht bei allen Gebäuden, bei denen man es gern ebenso gemacht hätte, sei das möglich, bedauert er. Ein Beispiel ist die amerikanische Grundschule. Das US-Gebäude genüge den gesetzlichen Anforderungen des deutschen Baurechts nicht, erklärte Judt. Also werde eine neue Grundschule gebaut. "Das ist ein sehr attraktives Quartier", urteilte die Ministerin. "Die Vielfalt der individuellen Lösungen ist sehr beeindruckend."

Sanierungsobjekt im Jungbusch: Die Beilstraße 19 als ehemaliges Horrorhaus zu bezeichnen, ist nicht übertrieben. Es war eine der "Matrazenburgen" im Stadtteil Jungbusch, in denen Migranten aus Südosteuropa einquartiert waren. Bis zu 150 Menschen wohnten unter prekären Bedingungen in dem Haus, bis es vor drei Jahren von der Stadt erworben wurde. Die Kernsanierung, die mit Mitteln aus dem Programm "Soziale Stadt" gefördert wurde, dauerte zwei Jahre.

"Wir hatten erhebliche Probleme mit der Statik", berichtete Matthias Henes, Bereichsleiter des technischen Bestandsmanagement der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBG der Ministerin. Tragende Holzbalken seien verfault gewesen, es gab zu viel eingebaute Nasszellen, Löcher in den Wänden, ohne Genehmigung vorgenommene Elektroarbeiten, falsch verlegte Rohre und im Keller vergrabenen Brandschutt.

Heute zeugen nur noch Fotografien von der baulichen Katastrophe. In den großzügig gestalteten Wohnungen ziehen zum 1. August die neuen Mieter ein. "Wir vermieten die Wohnungen an Familien, die aus dem Jungbusch stammen", betonte Henes. Die hätten es nämlich schwer, im Stadtteil bezahlbaren Wohnraum zu finden. Der Quadratmeterpreis beträgt 7,50 Euro.

In der Hafenstraße 26 befindet sich eine weitere ehemalige "Matrazenburg", welche die Stadt erworben hat. Die allerdings ist so baufällig, dass sie abgerissen werden muss. Das soll noch in diesem Jahr geschehen. Nach einem kurzen Spaziergang durch Mannheims trendigsten Kiez ging es ins C-Hub, wo sich Nicole Hoffmeister-Kraut über die Mannheimer Existenzgründerszene informierte. Ihr gefalle der Stadtteil ausnehmend gut,erklärte sie: "Der Wandel hat hier zum richtigen Zeitpunkt stattgefunden. Die Stadt hat dabei viel Feingefühl bewiesen und darauf geachtet, dass die soziale Gerechtigkeit erhalten bleibt."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.