Freddy Bergmann (l.) ist Kaufmännischer, Prof. Hans-Jürgen Hennes Medizinischer Geschäftsführer am Mannheimer Uniklinikum. Foto: Gerold
Von Alexander Albrecht
Mannheim. Gegen Ende der Pressekonferenz wird der Herr der Zahlen emotional. "Verdammt, habe ich gedacht, es kann doch nicht sein, dass wir da so viel Geld reingesteckt, die Kompetenz und hochausgebildete Ärzte haben - und dann kann es trotzdem nicht losgehen", platzt es aus Freddy Bergmann heraus. Der Kaufmännische Direktor am Mannheimer Universitätsklinikum berichtet, wie das Krankenhaus im vergangenen Jahr die Intensivstationen ausgebaut hat. Doch für die Betreuung der Schwerstkranken fehlen Pfleger. Ein großes Problem - nicht nur in Mannheim.
Doch will Bergmann den Kopf nicht in den Sand stecken und zeigt sich kämpferisch. "Ich bin überzeugt, dass sich Erfolge einstellen werden." Bergmann hat der Frankfurter Uniklinik abgesagt, die den Manager als Kaufmännischen Direktor gewinnen wollte. Dafür gab es noch ein zweites Argument: Prof. Hans-Jürgen Hennes. Der frühere Karlsruher Krankenhauschef ist seit 1. Januar Medizinischer Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor am Mannheimer Uniklinikum. Die neue Doppelspitze kennt sich gut: Bergmann und Hennes haben drei Jahre als Geschäftsführer des Städtischen Klinikums in München zusammengearbeitet.
Als eine der ersten Maßnahmen kündigt das Führungsduo eine Stärkung des Pflegesektors an und will mit einer Werbekampagne kurzfristig 40 neue Mitarbeiter in diesem Bereich suchen. "Wir werden schnellstmöglich jede Pflegekraft einstellen, die eine dreijährige Ausbildung hat und motiviert ist", verspricht Hennes. Etwa die Hälfte des zusätzlichen Personals soll im "Springerpool" eingesetzt werden, mit dem erkrankte Kollegen kurzfristig ersetzt werden können. Ziel ist es, die Reserve von derzeit zehn auf circa 40 Mitarbeiter aufzustocken.
Zudem wollen Bergmann und Hennes rasch wieder einen Pflegedirektor einstellen. Ihre Vorgänger Prof. Frederik Wenz (medizinisch) und Freddy Blattmann (kaufmännisch) hatten die Stelle im Frühjahr 2018 abgeschafft und das sogenannte Leipziger Modell eingeführt. Die alte Doppelspitze schuf fünf Pflege-Departments mit unterschiedlichen Fachbereichen, die direkt an die Geschäftsführung angegliedert wurden.
Die ohne Abstimmung mit dem Aufsichts- und Betriebsrat beschlossene Maßnahme sorgte für Unzufriedenheit bei den Pflegern, der größten Beschäftigtengruppe im Uniklinikum. "Das ist bis heute zu spüren", gesteht Bergmann, der wie Hennes der Meinung ist, dass dieser Bereich zentral gesteuert werden müsse und einen "klaren Zielfokus" brauche. Man habe bereits erste Gespräche mit möglichen Kandidaten geführt, verrieten die Geschäftsführer.
Überhaupt wollen Bergmann und Hennes - beide seit 1. Januar mit Fünfjahresverträgen ausgestattet - die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen. Dadurch soll das Krankenhaus als Arbeitgeber attraktiver werden. Eng eingebunden werde das Personal deshalb bei einem umfassenden Entwicklungskonzept, das die die Doppelspitze in den kommenden Monaten ausarbeiten will. Dabei soll etwa geprüft werden, wie Fachabteilungen sich besser vernetzen können, Wege kürzer werden. Und es soll eine neue Kommunikationskultur etabliert werden, bei der die Patienten transparent über Behandlungsschritte informiert werden.
Von den Ergebnissen des Konzepts hängt auch ab, wie die Räume beim geplanten Großprojekt "Neue Mitte" genutzt werden. Vorantreiben wollen Bergmann und Hennes Kooperationen mit anderen Krankenhäusern. Eine solche gibt es bereits mit dem Klinikum Ludwigshafen bei der Digitalisierung von Patientenakten. "Einen Zerfleischungsprozess kann sich kein Krankenhaus mehr erlauben", ist Bergmann überzeugt.
Deshalb mache es Sinn, darüber zu sprechen, welcher Patient wo am besten behandelt werden kann. Wobei die Uniklinik auch aus finanziellen Gründen darauf hofft, mehr schwerstkranke Menschen zu behandeln. Zumal sich die wirtschaftliche Situation des Hauses nur marginal verbessert hat. Bergmann spricht in diesem Zusammenhang von einer "leichten Mehrung" und gibt zu: "Uns fehlen ganz einfach die Patienten". Deren Zahl sei 2018 nicht wie erhofft gestiegen, sondern von rund 47.000 um etwa 200 zurückgegangen. Die Auslastung der Betten liege bei 75 Prozent, angestrebt werde über 80.
Nach jetzigem Stand reichten die Finanzhilfen der Stadt aus. Im vergangenen Frühjahr hatte der Gemeinderat ein 78-Millionen-Euro-Paket beschlossen. Jedoch unter der Voraussetzung, dass das Haus spätestens ab 2021 eine schwarze Null schreibt. Dieses Ziel gab auch Oberbürgermeister und Aufsichtsratschef Peter Kurz vor. Ob die Erwartungen erfüllt werden, können Bergmann und Hennes noch nicht zusagen. Nur so viel: Sie seien zuversichtlich, die Universitätsmedizin wieder auf Kurs zu bringen.