Bei der Einweihung des Rosa-Luxemburg-Parks am 5. März waren viele Interessierte vor Ort. Die Aktion geht auf die Initiative „Frauenwege“ zurück. Sie setzt sich dafür ein, dass Straßen und Plätze im Stadtteil Almenhof nach bedeutenden Frauen benannt werden. Foto: Gerold
Von Heike Warlich-Zink
Mannheim. Mannheim – manchmal nimmt die Stadt ihren Namen allzu wörtlich. Das meinen jedenfalls Bettina Franke, Gabriele Pieri, Christine Pospesch, Barbara Ritter und Claudia Schöning-Kalender von der Initiative "Frauenwege" im Almenhof. In dem nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen und zum Stadtbezirk Neckarau gehörenden Stadtteil gibt es nämlich ein Wohngebiet mit Straßennamen, die die demokratische Badische Revolution von 1848/49 und die Arbeiterbewegung ehren. Die Namen maßgeblicher Frauen sucht man dabei allerdings vergebens. Mit dem Rosa-Luxemburg-Park hat sich das jetzt geändert.
Die kleine, bislang namenlose Grünfläche zwischen Karl-Marx-Straße und Grillenberger Straße wurde am 5. März zum 150. Geburtstag Rosa Luxemburgs offiziell eingeweiht. Geht es nach der Initiative "Frauenwege", wird es künftig weitere solcher Gelegenheiten geben. Insgesamt 16 Vorschläge haben die Mitglieder dazu vorgelegt. Dabei geht es nicht um die Umbenennung bereits bestehender Adressen, sondern um Wirtschafts- und Versorgungswege sowie bislang unbenannte Orte. Noch in diesem Jahr soll der Platz zwischen den beiden Hochbunkern in der August-Bebel-Straße den Namen von Lisette Hatzfeld tragen. Der Bezirksbeirat Neckarau hat das für gut befunden. Das Marchivum hat das Ganze aus historischer Sicht befürwortet, und die Vorlage des Baudezernats ist fertig. "Jetzt ist der Gemeinderat am Zug. Dann kann es ganz schnell gehen", sagt Ritter.
Zügiges Handeln zeichnet auch die Arbeit der Initiative aus. Gegründet wurde sie im Jahr 2018. "Das war, nachdem wir als Teilnehmerinnen beim Festumzug zum 200. Geburtstag von Karl Marx festgestellt hatten, dass unter den 22 Straßennamen keine Frau zu finden war – obwohl diese sowohl in der Badischen Revolution als auch in der Arbeiterbewegung eine aktive Rolle spielten", erklärte Gabriele Pieri in einer kurzen Ansprache im Rosa-Luxemburg-Park. Das wollte man zeitnah ändern. Das Marchivum unterstützte die Idee. Im Dezember 2020 gab der Gemeinderat mit großer Mehrheit grundsätzlich grünes Licht. Ein Handeln nach dem "Leitbild 2030", wie Bürgermeister Ralf Eisenhauer unterstrich.
In einem der darin formulierten, sieben strategischen Ziele heißt es nämlich, dass man für die Gleichstellung der Geschlechter und die Anerkennung vielfältiger menschlicher Identitäten und Lebensentwürfe sorgen will. "Das Schild für die Parkbenennung wäre eine städtische Aufgabe gewesen. Aber das hätte gedauert, und wir hätten es bis zum heutigen Anlass nicht geschafft", gab er unumwunden zu und bedankte sich bei der Initiative, die in diesem Fall die Kosten für die Anschaffung und das Aufhängen des Schildes übernommen hat. "Aber die Stadt wird es warten und bei Bedarf austauschen und erneuern", versprach der Bürgermeister. Und so reiht sich nun mit Rosa Luxemburg (1871–1919) neben August Bebel, Karl Marx, Ludwig Frank, Wilhelm Liebknecht, Robert Blum oder Karl Blind die erste Frau ins Almenhofer Straßenbild ein. "Sie war vor dem Ersten Weltkrieg die bekannteste SPD-Politikerin, später Mitbegründerin der KPD, und sie und wollte eine sozialistische Demokratie", so Eisenhauer. Die überzeugte Pazifistin habe polarisiert und sei gerade aufgrund ihrer Eigenständigkeit für SPD, KPD und SED gleichermaßen im positiven Sinne "eine schwierige Ahnfrau".
Mit der 1823 in Mannheim geborenen Lisette Hatzfeld soll als nächstes eine Revolutionärin in den Blickpunkt rücken. Sie wurde bekannt durch eine Darstellung, die sie auf den Barrikaden der Mannheimer Rheinbrücke gegen die 1848 vorrückenden preußischen Truppen zeigt.Weitere Namen auf der Vorschlagsliste sind unter anderem die ebenfalls in Mannheim geborene Amalie Struve (1845–1847). Die frühe Frauenrechtlerin und Schriftstellerin war ebenfalls in der Badischen Revolution aktiv und versuchte, weitere Frauen dafür zu gewinnen. Theresia Canton (1795–1870) war Gründerin und Präsidentin des Mannheimer Frauenvereins Concordia. Der Verein schenkte den Revolutionären eine rote Fahne, bestickt mit der Parole "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit". "Und es könnte durchaus sein, dass unsere Idee mit den Frauennamen für bisher unbenannte Plätze Schule macht", sagt Ritter und berichtet von Bestrebungen in Neckarau, einen Platz nach Hedwig Wachenheim (1891–1962), der Begründerin der Arbeiterwohlfahrt, zu benennen.