Kundgebung der Aktionsgruppe "ZeroCovid" auf dem Paradeplatz
"Von einem Desaster ins nächste gestolpert" - Coronaregeln wurden eingehalten

Von Volker Endres
Mannheim. "Die autoritäre und chaotische Pandemie-Politik muss gestoppt werden", lautet eine Forderung der Aktionsgruppe "ZeroCovid" – soweit könnte es sich dabei auch um eine Gruppierung so genannter Corona-Leugner handeln. Die Forderungen von "ZeroCovid" gehen aber weit darüber hinaus. Am Samstag versammelten sich rund 50 Anhänger der gewerkschaftsnahen Bewegung in Mannheim zum gemeinsamen Protest.
Zur Begrüßung zitierte Organisator Wolfgang Alles die Amnesty-International-Generalsekretärin Agnès Callamard: "Die Pandemie hat auch die Mittelmäßigkeit und Verlogenheit, den Egoismus und den Betrug unter den Machthabenden dieser Welt verstärkt." Flüchtlinge und Migranten, Beschäftigte im Gesundheitswesen und Sozialen Berufen, Mieter, Frauen, die Beschäftigten in Großkonzernen oder auch die internationale Friedensbewegung – "auf alle Bereiche richtet die Pandemie ihr Brennglas", schimpfte Alles. Und in allen Bereichen würden die Probleme durch das wirtschaftsgesteuerte Handeln der Regierenden verstärkt. "Wir sind bis jetzt von einem Desaster ins nächste gestolpert."
Egal, ob zögerliche Einführung der Masken, Lockdown-Hickhack oder die Bürokratie bei Testen und Impfen: "Eine Strategie ist bis heute nicht erkennbar." Auf die wissenschaftlichen Studien der internationalen Aktion "ZeroCovid" gestützt, fordert er deshalb "eine strategisch, solidarisch ausgerichtete Gesundheitspolitik" zu deren Beginn ein dreiwöchiger, bezahlter Lockdown stehen müsse. "Und zwar wirklich über alle Bereiche."
Denn man dürfe die Belastung nicht auf einige, willkürlich ausgewählte Schultern, wie etwa die Kunst- und Veranstaltungsbranche oder die Gastronomie verteilen, während die Beschäftigten in anderen Bereichen nahezu ungeschützt weiter zur Arbeit geschickt werden. Großkonzerne wie Daimler würden trotz des Corona-Jahres Rekordgewinne einstreichen und dafür auch noch staatliche Unterstützung bekommen. Alles redet sich in Rage, wenn er über die bisherigen Verfehlungen in der Corona-Politik spricht: "Ich vermisse Lerneffekte." Andere Länder seien in dieser Hinsicht deutlich weiter. "In Taiwan gab es zum Beispiel bei 23 Millionen Einwohnern seit einem Jahr nur ganze zehn Corona-Todesfälle." Auch Südkorea oder Australien hätten deutlich wirksamere Maßnahmen ergriffen.
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Die gesetzlichen Mittel dafür habe auch die Bundesregierung etwa mit dem Arbeitsschutzgesetz seit Jahren, genau seit 1986, in der Hand. "Wenn das konsequent überall umgesetzt wird, passiert auch nichts. Was hier geschieht, ist ein stillschweigender Gesetzesbruch", schimpfte der Gewerkschafter bei der Kundgebung auf dem Paradeplatz, auf der sowohl Abstand als auch der korrekte Mund-Nasen-Schutz penibel eingehalten wurden. Masken und Desinfektionsmittel müssten kostenlos zur Verfügung gestellt werden, lautete eine weitere Forderung von "ZeroCovid". Impfstoff-Patente müssten umgehend freigegeben werden, damit auch in ärmeren Ländern auf anderen Kontinenten umgehend und flächendeckend geimpft werden könne. "Ansonsten kommt es immer weiter zu neuen Mutationen."
Ralph Heller, Betriebsratsvorsitzender am Universitätsklinikum Mannheim, warnte vor einer Verharmlosung der Krankheit und kritisierte die Profitorientierung im Gesundheitssektor. Altenpflegerin Claudia Omoregie berichtete vom Druck, dem die Beschäftigten in ihrer Branche ausgesetzt seien. Nicht in allen Häusern würden dabei die Regeln zum Schutz von Beschäftigten und Bewohnern eingehalten, wusste sie.
Karlheinz Paskuda vom Mannheimer Mieterverein forderte mehr Unterstützung für Mieter, die in der Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Die Mietpreisentwicklung auf dem ohnehin schon zweitteuersten Markt Baden-Württembergs werde sich weiter verschärfen, so seine Befürchtung. Und Nora Bräcklein machte sich für die Anerkennung der Arbeit stark, die von Frauen in der Pandemie geleistet wird. Diese Wertschätzung müsse sich vor allem finanziell darstellen. "Anerkennung und Klatschen genügt nicht", betonte sie.
Hedwig Sauer-Gürth von der Friedensbewegung sprach sich außerdem dafür aus, mehr Geld aus dem Rüstungsetat ins Gesundheitswesen zu stecken. "Mit Kriegswaffen und Soldaten kann man keine Viren bekämpfen." Mit dem Preis eines Kampfflugzeuges würden sich Tausende Intensivbetten schaffen lassen.
Es sei deshalb dringend Zeit für echte Solidarität, schloss Wolfgang Alles und machte hier eine deutliche Unterscheidung gegenüber Corona-Leugnern. "Die marktkonforme Pandemie-Politik muss beendet werden."



