Ein 19-Jähriger wollte im Theresienkrankenhaus ein Einbettzimmer, doch die Klinik war bereits voll belegt. Foto: Gerold
Von Alexander Albrecht
Mannheim. Es müssen mächtig die Fetzen geflogen sein kurz nach Ostern im Mannheimer Theresienkrankenhaus: Ein 19-jähriger Patient und dessen Vater gerieten mit einem Oberarzt aneinander, der offenbar die Nerven verlor und sich zu einer unglücklichen Aussage hinreißen ließ. Erst der herbeigerufenen Polizei gelang es, die Situation zu beruhigen. Wie Christian Klehr, der Pressesprecher des Hauses, jetzt mitteilte, sei der junge Mann am 3. April stationär in der christlichen Klinik nahe des Unteren Luisenparks aufgenommen worden. Einen Tag später wurde der 19-Jährige in eine andere Abteilung verlegt und in einem Dreibettzimmer mit zwei älteren Herren untergebracht.
Doch das stank dem türkischstämmigen Patienten im wahrsten Sinne des Wortes. Er habe sich über den Geruch in dem Raum aufgeregt, so Klehr, und das Zimmer gegen den Rat des Pflegepersonals verlassen. Nach einer Weile sei er mit seinem Vater zurückgekehrt. Die beiden sollen sich bei der Stationsärztin beschwert haben. In der Online-Ausgabe der türkischen Zeitung "Daily Sabah" behauptet der Vater, zunächst die Zusage für ein Einzelbettzimmer erhalten zu haben. Daraus sei aber nichts geworden - trotz des Angebots, einen Aufpreis zu zahlen.
Klehr schreibt in einer Mitteilung, Vater und Sohn hätten daraufhin die Stationsärztin massiv beschimpft. Schließlich wurde der Oberarzt verständigt, der den Streit schlichten sollte. Der Internist habe sich Zeit genommen, um auf die medizinischen Belange und die vorgesehenen Behandlungen des 19-Jährigen einzugehen, erklärt der Sprecher. Zusätzlich habe er sich ebenfalls nach einem Einbettzimmer erkundigt.
Als der Oberarzt dem Patienten mitteilte, dass das Haus voll belegt ist, eskalierte die Situation. Vater und Sohn sollen erneut aggressiv aufgetreten sein und "unsachliche Kritik" an der Klinik geäußert haben. Dem Internisten platzte der Kragen, und er verstieg sich zu dem Satz, dass der Patient doch "in die Türkei, zu Erdogan" gehen könne, wenn dort alles besser sei.
Inzwischen bedauert der Mediziner die Aussage. In der Mitteilung des Theresienkrankenhauses wird er wie folgt zitiert: "Die Situation war sehr emotional und aggressiv. Es tut mir leid, dass diese Worte so gefallen sind. Sie entsprechen nicht meinem Selbstverständnis und einem professionellen Umgang mit Patienten, unabhängig von ihrer Herkunft. Unser Haus hat den Anspruch, dass Weltanschauungen, soziale Herkunft und Politik bei der Behandlung keine Rolle spielen. Dem sehe ich mich als Arzt und Mensch verpflichtet." Wie die "Daily Sabah" weiter berichtet, soll der Oberarzt die in Mannheim lebende Familie aufgefordert haben, die Klinik zu verlassen. Dieser Darstellung widersprach jetzt Christian Klehr. Vielmehr habe der Vater des 19-Jährigen im Verlauf der Auseinandersetzung den beiden Medizinern gedroht. Schließlich habe die Stationsärztin die Polizei gerufen, die für Ruhe sorgte.
Beigelegt war der Streit damit aber nicht. Die behandelten Ärzte hätten angeboten, den Patienten weiter zu versorgen, wenn sich dieser "angemessen und kooperativ" verhalte. Die Familie habe jedoch entgegen der ärztlichen Empfehlung die Klinik verlassen. Laut "Daily Sabah" wird der 19-Jährige nun in Heidelberg behandelt.
Abir Giacaman, katholische Palästinenserin und Geschäftsführerin des Theresienkrankenhauses, bedauerte den Vorfall. Der Aufenthalt in einer Klinik sei für viele Patienten "eine Zeit emotionaler Anspannung". Somit könne es passieren, dass Gefühle hochschlügen. Das müssten die Mitarbeiter aushalten.
"Wir haben jedoch kein Verständnis für das unangebrachte, unhöfliche und aggressive Verhalten des Patienten und seines Vaters gegenüber unseren Beschäftigten, das so weit ging, dass die Polizei einschreiten musste", sagte sie. Man stelle hohe Anforderungen an die 1400 Mitarbeiter aus vielen unterschiedlichen Ländern und Kulturen, "gleichzeitig erwarten wir, dass jeder Patient Einwände angemessen vorbringt".