Mannheim: Ex-ASB-Chef und Stadtrat zu Geldstrafe verurteilt
Wegen der Veruntreuung von Sozialversicherungsbeiträgen muss Roland Weiß eine Strafe von 4.500 Euro zahlen

Stadtrat Roland Weiß 2010 vor dem Arbeitsgericht. Im Oktober 2010 wurde Weiß von seinem damaligen Arbeitgeber, dem ASB, fristlos gekündigt. Damals klagte er gegen die Kündigung am Arbeitsgericht und zeigte sich auch selbst an. Foto: masterpress
Von Wolf H. Goldschmitt
Der ehemalige Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Mannheim, Roland Weiß, soll wegen Steuerhinterziehung 4.500 Euro Geldstrafe zahlen. Wie Richterin Gabriele Schöpf am Mannheimer Amtsgericht gestern bei der Urteilsverkündung mitteilte, habe der 60-jährige Stadtrat der Mannheimer Liste (ML) Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 76.000 Euro veruntreut. Der ebenfalls angeklagte ehemalige Personalchef des ASB erhielt wegen Beihilfe eine Geldstrafe. Weiß, der mit diesem Urteil nicht vorbestraft ist, kündigte kurz nach dem Urteilsspruch an, in Berufung gehen zu wollen.
Um was geht es genau? Der Sachverhalt ist recht kompliziert. Nicht zuletzt deshalb dauerten die Beweisaufnahme und der Prozess über ein Jahr. Nach Ansicht des Gerichts hat Weiß zwischen 2006 und 2010 Überstunden seiner damaligen Mitarbeiter nicht bezahlt, sondern die betroffenen ASB-Beschäftigten als Minijobber in einer anderen Firma - ohne Sozialabgaben - angestellt. In diesem Unternehmen allerdings fungierte der Kommunalpolitiker und ehemalige Landtagskandidat selbst als Geschäftsführer.
Diese Jobs seien, so die Urteilsbegründung, Scheinbeschäftigungen gewesen, durch die Weiß die dünne Finanzdecke der Organisation habe schonen wollen. Doch der Trick stieß dem Gericht übel auf. Eine Institution wie der ASB sollte eigentlich ein gesellschaftliches Vorbild sein, beklagte die Kammer. Vom Vorwurf der persönlichen Bereicherung allerdings sprach das Amtsgericht den Angeklagten frei. Bedauerlich sei allerdings, dass der ASB-Landesverband von der Vorgehensweise wohl gewusst und sie bis Oktober 2010 billigend in Kauf genommen habe. Doch dann kam es plötzlich wegen der ungeklärten Vorwürfe von Steuertrickserei zum Zerwürfnis und Weiß wurde fristlos gekündigt.
Zur Klärung hatte der gefeuerte ASB-Chef umgehend Selbstanzeige erstattet. Über die genauen Gründe, warum der ASB nach 27 Jahren seinen Geschäftsführer loswerden wollte, gibt es nur Vermutungen. Eine davon bringt Weiß’ Anwalt Ulrich Neumann ins Gespräch: Sein Mandant habe sich damals offen gegen die geplante Entlassung von ASB-Beschäftigten gestellt - ein No-Go in sozialen Verbänden und Einrichtungen.
Auch interessant
Die schwerwiegenden Anschuldigungen kamen für die politische Laufbahn des Gartenstädters allerdings zum ungünstigen Zeitpunkt. Damals war er gerade als Kandidat der Mannheimer Sozialdemokraten für den Landtagswahlkampf 2011 nominiert worden und musste wegen des laufenden Verfahrens zurückziehen. Zudem distanzierten sich die Genossen öffentlich von ihrem Bewerber. Die Konsequenz: Weiß tritt aus der SPD aus und macht zunächst als Einzelkandidat weiter. Am Ende erhält er knapp vier Prozent der Wählerstimmen. Inzwischen ist der gelernte Rettungssanitäter und Vater zweier Kinder Fraktionsgeschäftsführer der ML im Stadtrat.
Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Alle Mitarbeiter hatten ausgesagt, dass sie über ihr Arbeitsverhältnis mit dem ASB hinaus weitere Leistungen für die andere Gesellschaft erbracht hätten. Damit sei beweisen, dass es sich nicht um Scheinarbeitsverhältnisse gehandelt habe. Sein Mandant sei letztlich einem "unvermeidbaren Verbotsirrtum" erlegen, so Neumann.
Einen Seitenhieb auf die Deutsche Rentenversicherung konnten sich weder Staatsanwaltschaft noch Verteidigung verkneifen. Diese Institution habe sich während der lange andauernden Ermittlungsarbeit äußerst unprofessionell verhalten. Die Schadenshöhe sei von anfangs 100 000 Euro mehrfach nach unten korrigiert worden, von einem eigens bestellten Gutachter zuletzt auf 20.000 Euro.