Sperrzeiten in Heidelberg

Altstadt-Wirte möchten am Wochenende weiter bis 4 Uhr öffnen

Gastronomen wenden sich mit einem Brief an alle Stadträte - "Sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor"

10.05.2018 UPDATE: 11.05.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

An einem Abend genießen Gäste das Ambiente in der Unteren Straße. Die Außenbewirtschaftung endet derzeit um 23 Uhr, bald sollen die Kneipen werktags um 1 Uhr ganz schließen. Foto: Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Die Entscheidung fällt am kommenden Donnerstag, den 17. Mai: Dann muss der Gemeinderat neue Sperrzeiten für die Kernaltstadt beschließen. Da der Haupt- und Finanzausschuss keine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs eingelegt hat, wurde die Entscheidung der Mannheimer Richter rechtskräftig. Das heißt, die aktuelle Sperrzeitsatzung ist gekippt. Und die liberale Landesregelung, dass die Kneipen werktags erst um 3 Uhr und am Wochenende um 5 Uhr schließen müssen, hätte vor Gericht keinen Bestand. Im Vorfeld der für sie so wichtigen Sitzung wenden sich nun einige Wirte auch im Namen ihrer Gäste mit einem Brief an alle Stadträte.

Die Autoren des Schreibens haben sich auf für sie akzeptable Sperrzeiten geeinigt: "Wir wünschen uns Öffnungszeiten bis 2 Uhr an Werktagen und bis 4 Uhr am Wochenende", heißt es in dem Brief. Die Stadtverwaltung hingegen schlägt vor, dass die Kneipen unter der Woche nur noch bis 1 Uhr, in der Nacht auf Samstag und Sonntag bis 3 Uhr öffnen dürfen. Der Bezirksbeirat Altstadt hat sich bereits für diesen Weg ausgesprochen, auch im Haupt- und Finanzausschuss fand der Vorschlag eine knappe Mehrheit. Die Wirte hingegen meinen: "Wenn wir unsere Betriebe um 1 Uhr unter der Woche und um 3 Uhr am Wochenende schließen müssen, dann hat das für uns katastrophale Folgen, die unsere Existenz bedrohen."

Die Gastronomen wehren sich gegen die Lärmmessungen des Büros Genest und Partner: "Die gemessenen Spitzenwerte an einzelnen Punkten sind für die Kernaltstadt nicht repräsentativ." Eine Messstelle sei an einem Standort gewesen, an der mehrere Lokale an einem Platz aufeinanderträfen, zudem habe man während der Fußball-Europameisterschaft gemessen. Die Stadträte sollten auch berücksichtigen, dass ihre Entscheidung zur Altstadt mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Präzedenzfall schaffen werde, auf den sich zukünftige Kläger aus anderen Stadtteilen und Städten beziehen könnten.

"In der ganzen Welt ist Heidelberg als Universitätsstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten und einer wunderschönen, lebendigen Altstadt bekannt", betonen die Verfasser des Briefes. Auch die Kunden oder Gäste der großen Unternehmen im Rhein-Neckar-Kreis genössen das Nachtleben, dasselbe gelte auch für Studenten, Dozenten und Wissenschaftler der Uni. "Langweilig war unsere Altstadt nie", so die Wirte. Aber das Ausgehverhalten der Menschen habe sich grundlegend verändert: "Man geht viel später aus." Selbst die Uni habe die Öffnungszeiten ihrer Bibliothek bis 1 Uhr nachts verlängert.

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Die Gastronomie sei zudem ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt: Als Arbeitgeber, aber auch als Steuerzahler und Auftraggeber für Zulieferer und Handwerker aus der Region. Wenn nun die Kneipenöffnungszeiten verkürzt würden, habe dies überdies auf den Lärm in der Altstadt nur begrenzten Einfluss. In der Kettengasse und in der Dreikönigsstraße gebe es nämlich wieder zwei "Spätis" - Supermärkte, die seit Wegfall des Alkoholverkaufsverbots nach 22 Uhr wieder "Sprit" an die Altstadt-Besucher verkaufen können - auch nachdem die Gaststätten schon geschlossen haben. Da sich nicht zuletzt auch Oberbürgermeister Eckart Würzner dafür einsetze, dass bei den Kneipenöffnungszeiten Ausnahmegenehmigungen für einzelne Lokale möglich sein müssten, werde der Lärm nicht erheblich reduziert. Stattdessen, so die Autoren des Briefes, sollten die Sondergenehmigungen abgeschafft werden.

Schlussendlich ärgern sich die Wirte darüber, dass drei Anwohner, die gegen die Sperrzeiten geklagt haben, das Leben von vielen Tausend Bewohnern und Besuchern der Altstadt derart beeinflussen können. Unterdessen betonten die Bürgerinitiative "Leben in der Altstadt" und der Verein Alt-Heidelberg immer, dass sie hinter den Klägern stünden.

Info: Der Gemeinderat tagt öffentlich am Donnerstag, 17. Mai. Die Sitzung im Großen Rathaussaal, Marktplatz 10, beginnt um 16.30 Uhr.

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