Freuen sich über das Jubiläum: Beate Reese und ihre Mutter Heidi Fein (vorne sitzend, v.l.) sowie Noel Ken Reese, die Söhne Christopher und Peter sowie Vater Kurt Fein (stehend, v.l.). Foto: Popanda
Von Werner Popanda
Heidelberg. Was für ein Jubiläum mitten im Lockdown: Das Rohrbacher "Hotel Rose" in der Karlsruher Straße 93 ist seit 100 Jahren in Familienbesitz. Fritz Steinmann senior hatte das "Rose"-Anwesen am 1. Januar 1921 samt Gasthaus und Hotel erworben und es dann gemeinsam mit seiner Frau Wilhelmine geführt.
Das war jedoch nicht der Anfang, sondern lediglich ein neues Kapitel in der Geschichte des Gasthauses, denn das auf mittelalterlichen Grundmauern ruhende Gebäude weist eine Jahrhunderte alte Tradition auf. So befand sich hier wahrscheinlich – wie Pfarrer Karl Otto Frey in seinem "Kurzen Abriss über die Geschichte des Altrohrbacher Gasthofes Rose" schreibt – schon seit dem Mittelalter bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die "herrschaftliche Straßen-Gefälle-Einnehmerei", also eine Art Zollstelle. Verbürgt ist, dass die "Rose" im Jahr 1850, als der Wirt Michael Treiber starb, mehr als zwölf Fremdenzimmer, einen oberen Saal mit 15 Wirtstischen, 25 Stühlen und 14 Bänken, einen Biergarten mit 450 Sitzplätzen auf der gegenüberliegenden Straßenseite und einen neuen 2182 Liter fassenden kupfernen Braukessel hatte.
1908 gaben sich Wilhelmine und Fritz Steinmann senior das Ja-Wort (hinter den drei Blumenmädchen). 13 Jahre später kauften sie das „Rose“-Anwesen. Repro: PopandaSechs Jahre später, an Ostern 1856, wurde dort der "Männergesangverein Sängerbund" gegründet – und am 5. August 1888 kam Bertha Benz mit ihren beiden Söhnen Eugen und Richard in dem von ihrem Ehemann Carl Benz konstruierten "Benz-Motorwagen Nr. 3" auf der Fahrt zu Verwandten in Pforzheim an der "Rose" vorbei.
1908 heirateten Fritz und Wilhelmine Steinmann. Schon im Jahr darauf übernahm er die Leitung eines Betriebs am 1840 errichteten Bahnhof im Stadtzentrum. Als die Eheleute am 1. Januar 1921 das Hotel kaufen und zu Rohrbachern werden, ist der Ort noch eine selbstständige Gemeinde – zu Heidelberg eingemeindet wird er erst am 1. April 1927.
1950 übernahmen Fritz Steinmann junior und seine Ehefrau Hilda die "Rose" und bauten danach acht Hotelzimmer. Am 1. Januar 1967 trat Tochter Heidi mit ihrem Ehemann Kurt Fein in die elterlichen Fußstapfen. Sie ist gelernte Hotelfachfrau, er zwar gelernter Zimmermann – aber er sattelte kurzerhand auf das Metier des Kochs um.
"Dann ist unsere Tochter groß geworden", erzählt Heidi Fein. Doch Beate Fein plant eigentlich, ins Bankgewerbe zu gehen, statt im Familienbetrieb zu arbeiten. Aber das verhindert schließlich Georg Kuchelmeister, Chef des Hotel-Restaurants "Zum Ritter St. Georg" und der "Rose"-Familie gut bekannt. Sein schlagendes Argument damals: "Weshalb willst du das Geld anderer Leute zählen, zähl lieber das eigene!" Also lässt Beate Fein sich im "Ritter" zur Hotelfachfrau ausbilden. Danach zieht es sie in renommierte Hotels im Ausland in der Schweiz und in Frankreich, 1991 legt sie die Meisterprüfung an der Hotelfachschule Heidelberg ab – und folgt dann dem Ruf des 5-Sterne-Hotels "Vier Jahreszeiten" nach München. Als Bankett- Oberkellnerin umsorgt sie Promis wie Prinzessin Diana, Heinz Rühmann, Mario Adorf, Thomas Gottschalk, Hans-Dietrich Genscher oder Michail Gorbatschow.
Diese alte Postkarte von vor rund 100 Jahren zeigt nicht nur das Gasthaus (links oben) und den Schankraum (rechts oben), sondern auch den „Rosengarten“, der einst auf der Straßenseite gegenüber dem Hotel 450 Gästen Platz bot (unten links und rechts). Repro: PopandaAm 1. November 1993 ist es soweit: Sie steigt in den elterlichen Betrieb ein, den sie im Juli 2002 übernimmt. Mittlerweile heißt sie Beate Reese, denn sie hat den ehemaligen US-Army-Offizier Noel Ken Reese geheiratet. Die Kinder der beiden – Christopher (17) und Peter (15) – sind die fünfte "Rose"-Generation.
Als Christopher 2003 zur Welt kommt, ist in der "Rose" eine wichtige Entscheidung bereits gefallen: Der Restaurantbetrieb wird eingestellt – nicht zuletzt, weil Beate Reese ihre beiden Kinder "aufwachsen sehen will", wie sie sagt. Das war nicht vereinbar mit einem Gasthausgeschäft von sechs Uhr in der Früh bis nach Mitternacht.
Groß planen kann man Jubiläumsfeste wegen Corona nicht, aber Beate Reese würde nur allzu gerne mit der Rohrbacher Bürgerschaft feiern. Ganz eventuell, so lässt sie durchblicken, wolle man im Juni zu einem "Tag der offenen Tür" einladen.