Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Ein Frühstück ohne die gedruckte RNZ auf dem Tisch? Für Harald Skabrond unvorstellbar. "Das gehört einfach dazu", sagt der 68-Jährige. Was alles dazugehört, damit die Zeitung ihn und seine Frau Marita jeden Morgen in Sinsheim auch zuverlässig erreicht, erlebten die beiden am Dienstagabend persönlich. Bei der RNZ-Sommertour in die verlagseigene Druckerei im Pfaffengrund führten Sebastian Riemer, Leiter der Stadtredaktion, und Produktionsleiter Marco Theil die Skabronds und 28 weitere Leser in die Welt des Zeitungmachens ein.
Wenn die Artikel geschrieben und die Lichter in den meisten Redaktionsstuben längst erloschen sind, dann setzen sich in der RNZ-Druckerei die Maschinen in Bewegung. Eine RNZ-Ausgabe umfasst in der Regel 28 oder 32 Seiten - am Wochenende bis zu 70. Jeden Abend, in der Regel bis 22.30 Uhr - bei aktuellen Ereignissen aber auch später -, schicken die Redakteure ihre Seiten auf elektronischem Weg in den Pfaffengrund.
Sommertour in der Druckerei - Die Fotogalerie
Dort werden mittels einer digitalen Druckplattenbelichtung ("Computer to plate") Seite für Seite auf jeweils vier kunststoffbeschichtete Aluminiumplatten übertragen. Denn: Jede fertige Printseite besteht aus vier Farben - Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz -, die der Reihe nach übereinander gedruckt werden. Rund 220.000 Aluminiumplatten werden so jedes Jahr verbraucht.
Im sogenannten Offsetdruck, einem indirekten Druckverfahren, übertragen die Platten anschließend Farbe zunächst auf ein Gummituch, das dann wiederum auf das Papier gepresst wird. Peter Baumeyer, seit 32 Jahren Drucker bei der RNZ, ist gemeinsam mit seinen Kollegen dafür verantwortlich, dass hier alles reibungslos läuft. "Beim Druck muss alles von A bis Z ineinandergreifen - das ist das Wesentliche bei einer Zeitung", sagt er.
Mit neun Metern pro Sekunde Geschwindigkeit werden die frisch gedruckten Ausgaben - zuerst die drei Land- und dann die sechs Stadtausgaben - 200 Meter lang durch die Druckhalle befördert. Zwischendurch nehmen die Drucker immer wieder einzelne Exemplare heraus und kontrollieren, ob Farbe und Druckbild konstant bleiben.
Unten, im Keller des Gebäudes, werden derweil frische Papierrollen, die größten von ihnen 1,4 Tonnen schwer, in die Druckmaschine gezogen - ohne, dass diese angehalten werden muss. Denn die Drucker präparieren die Rollen mit Klebstreifen so, dass diese sich mit der noch laufenden, alten Rolle verbindet. "Das ist echte Maßarbeit", meinte ein Leser, während er die akribische Vorbereitung des Verbindungsvorgangs beobachtete. Pro Nacht schluckt die Maschine bis zu zehn Rollen - das macht 4500 bis 5000 Tonnen. Die RNZ benutzt zwei Sorten Papier, eine ist zu 100 Prozent aus Altpapier, die andere zu 90 Prozent.
"Ich staune wie ein kleines Kind, bei dem, was ich hier alles zu sehen bekomme", sagte RNZ-Leserin Beatrice Schmitt nach drei Stunden auf den Spuren der gedruckten Zeitung. Auch Daniel Küsell war fasziniert von dem großen logistischen Aufwand, der hinter dem Produkt steht: "Von jetzt an hole ich die Zeitung definitiv mit einem anderen Gefühl aus dem Briefkasten." Zumindest am Mittwoch musste er das aber nicht tun. Denn zum Abschluss der Tour bekam jeder Leser noch eine Ausgabe vom nächsten Tag in die Hand - frisch aus der Druckmaschine.
Fragen und Antworten zur RNZ
Bevor es bei der Sommertour in die Druckerei ging konnten die Leser im Presse- und Verlagshaus der RNZ im Pfaffengrund den Leiter der Stadtredaktion, Sebastian Riemer, löchern. Drei Fragen, drei Antworten:
Wie werden die Leserbriefe ausgewählt? Die RNZ will die Meinungsvielfalt ihrer Leser abbilden. "Daher versuchen wir, möglichst viele unterschiedliche Themen zu berücksichtigen", sagte Riemer. Kommen zu einem Thema viele Briefe und aus Platzgründen können nicht alle erscheinen - wie beim Bürgerentscheid Ochsenkopf -, werden Pro- und Contra-Meinungen in dem Verhältnis abgedruckt, wie sie in der Redaktion ankommen. Zudem sollte ein Leserbrief nicht zu lange sein - 1000 Zeichen inklusive Leerzeichen sind ein guter Richtwert. "Und natürlich haben besonders originell geschriebene Briefe größere Chancen", erklärte Riemer.
Wird bei der RNZ eigentlich noch Korrektur gelesen? Ja, jeden Abend lesen ein bis zwei Korrektoren einige Artikel, aber nicht alle. Weil manche aktuelle Berichte abends erst kurz vor Druck fertig sind, können sie nicht alles lesen. Aber auch die Redaktionen arbeiten daran, die Rechtschreibfehler in der RNZ auszumerzen. "Wir in der Stadtredaktion zum Beispiel lesen seit drei Jahren jeden Text einmal mehr gegen als früher. Seitdem haben wir deutlich weniger Fehler im Blatt", sagt Riemer.
Wie finden Redakteure ihre Themen? So viele unterschiedliche interessante Themen es gibt, so viele verschiedene Wege führen auch dorthin. "Wir bekommen täglich zig Pressemitteilungen von der Stadtverwaltung, von Unternehmen, von Vereinen", sagt Riemer. Und manchmal steckt hinter so einem Pressetext eine spannende Geschichte, die dann recherchiert werde. Aber die besten Themen kämen häufig von Lesern, denen irgendeine Ungereimtheit in ihrer Straße oder ihrem Viertel aufgefallen sei. "Und wir sind selbst dauernd unterwegs und sprechen mit den Leuten." Zudem spielten auch im Lokaljournalismus Informanten eine immer größere Rolle, so Riemer. "Den Bluttest-Skandal am Uniklinikum hätten wir ohne Informanten, die sich aktiv an uns wandten, nie aufdecken können." (pne)