Rassismus-Debatte Heidelberg

Wie Familie Mohr mit der Diskussion umgeht

Die Mohrs aus Ziegelhausen sehen die Diskussion kritisch - Unternehmen heißen schon lange so

20.07.2020 UPDATE: 21.07.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 34 Sekunden

Siegfried Mohr, der Reise-Unternehmer, und Thomas, Tom und Michael Mohr vom Baustoff-Geschäft. Foto: Welker

Von Thomas Seiler

Heidelberg-Ziegelhausen. "Die Kirche doch im Dorf lassen und auch kein unnötiges Fass aufmachen", meint der aus Ziegelhausen stammende und in Neuenheim und Handschuhsheim wirkende Pfarrer Josef Mohr. Er wünscht sich ein Ende der aus Sicht von Siegfried Mohr und seinen beiden Cousins Thomas und Michael entstandenen "unsäglichen Debatte", die der Student Maurice Ehinlanwo mit seiner Strafanzeige gegen das Gasthaus "zum Mohren" hervorgerufen hat. Das Wort "Mohr" stelle, so Student, eine pauschale Beleidigung für Schwarze dar.

"Ich bin auch ein Mohr, und zwar schon von meiner Geburt an", geht Siegfried Mohr, Geschäftsführer des Traditionsunternehmens "Mohr-Reisen", in die Offensive. Seine Vorfahren kamen als Brüderpaar 1786 aus dem Passeier Tal in Südtirol und Trient. Die beiden arbeiteten dann als Steinmetze beim Bau der Alten Brücke mit, wie einst seine Tante recherchierte, und sie "verloren danach ihr Herz in Heidelberg".

Der eine heiratete in eine evangelische Linie ein, der andere in eine katholische. Siegfried Mohr gehört wie seine beiden Vettern, die den Betrieb "Mohr-Baustoffe" führen, der letzteren Linie an. Dunkel können sie sich an ihren Urgroßvater Jakob erinnern, den alle aufgrund seines Handels mit Brennstoffen "Kohlen-Mohr" nannten. Dessen Sohn Jakob gründete dann 1946 den Reisebusbetrieb. Seine Söhne blieben danach dem Fahren mit Großfahrzeugen treu. Emil übernahm später den Bussektor, der Weg seines Bruders Norbert führte zu einem Baugeschäft. Beide Firmen ruhen mittlerweile in der dritten Mohr-Generation.

"Sollen wir uns jetzt umbenennen?", fragt sich Siegfried Mohr. Seine Mutter Heidi sinnierte bereits beim Gang auf den Friedhof darüber, ob man "irgendwann die Grabsteine unserer Verstorbenen ummeißeln" müsse. Von solchen Ideen hält der Pfarrer, der übrigens vom Stammbaum her ebenfalls zur katholischen Seite gehört, überhaupt nichts. "Hinter dem Familiennamen vermutete bislang noch niemand das rassistische Unwort", sagt er.

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Auch Arno Mohr, ein entfernter Verwandter dieser Mohr-Dynastie, sieht das als promovierter Historiker ähnlich. "Die christliche Kunst lässt andere Schlussfolgerungen zu", sagt er, und verweist auf den Ursprung des Namens: den frühchristlichen Heiligen Mauritius, der im Mittelalter gerade wegen seiner exotischen Hautfarbe ein große Rolle spielte. Deshalb wehrt er sich genauso wie Reinhard Mohr, der im Fürstenweiher lebt, gegen jegliche Herabwürdigung des Namens.

Zum Lachen finden er wie Arno Mohr es deshalb überhaupt nicht, dass Unbekannte den Namensvettern Thomas und Michael schon den Nachnamen am LKW überklebten und stattdessen "Schwarz" darauf kritzelten. "Das ist schon kein Kavaliersdelikt mehr", verurteilen beide diese Tat. Die nicht nur in Ziegelhausen lebenden Mohrs sind sich in einem einig: "Wir lassen unseren Nachnamen nicht verunglimpfen."

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