Einen Abstand von 1,5 Metern sollen Autofahrer beim Überholen von Radlern einhalten. Weil dies oft nicht berücksichtigt wird, demonstrierten die Radler mit Schwimmnudeln. Foto: Rothe
Von Arnd Janssen
Heidelberg. Da kann auch mal der halbe Bergheimer Straßenverkehr blockiert werden – und sei es nur für zehn Minuten: Denn manche Themen erfordern besondere Maßnahmen. Nachdem es der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Heidelberg im Vorjahr bereits unangemeldet versucht hatte, ging die Aktion nun mit Polizeibegleitung vonstatten. Ein Tross von etwa 20 Radfahrern drehte eine kurze Tour durch Bergheim, mit bunten Schwimmnudeln quer zur Fahrbahn auf den Gepäckträgern befestigt, um auf den seitlichen Mindestabstand von 1,5 Metern aufmerksam zu machen. Den müssen Autos beim Überholen zu Zweirädern einhalten. Seit Anfang des Jahres ist das auch in der Straßenverkehrsordnung (StVO) verankert ist.
"Wir werden als Radfahrer oft noch in zu engem Abstand überholt und die Autofahrer wissen es oft gar nicht, dass sie den Abstand einhalten müssen", kritisierte Hermino Katzenstein, Landtagsabgeordneter der Grünen und Mitglied des ADFC. Bis dato wurden die Regeln erst vor Gericht wirksam, wenn Autofahrer nach einem Unfall mit Folgen belangt wurden. Jetzt steht die Änderung in der StVO. Wann sie greift, ist allerdings noch offen: Im Zuge der StVO-Novelle im April dieses Jahres wurden die Strafen für Geschwindigkeitsübertretungen drastisch erhöht. Schon ausgestellte Fahrverbote wurden aber bald darauf zurückgezogen, als ein Formfehler in der Rechtsgrundlage der neuen StVo gefunden wurde. Diese ist nun erst einmal außer Kraft, bis alle rechtlichen Fragen geklärt sind – somit ist auch die Abstandsregelung von dem Formfehler betroffen und im Straßenverkehr noch nicht bindend.
Wenn die Regel wirklich kommt, kann die Polizei Autofahrer für Verstoße auch belangen und zumindest ein Verwarnungsgeld ausstellen. Bei weitreichenderen Folgen mit Schaden des betroffenen Radfahrers sogar mit Bußgeldern und einem Punkt strafen. Ein Erfolg für den ADFC, der darin eine Verbesserung des Schutzes und der Rechte der Radfahrer sieht.
"Es gibt Routen in Heidelberg, zum Beispiel aus Ziegelhausen am Neckar Richtung Stadt, wo Bürger nicht mehr fahren, weil es ihnen einfach zu gefährlich ist", wusste Bernhard Pirch-Rieseberg vom ADFC zu berichten. Autofahrer würden auf der Ziegelhäuser und Neuenheimer Landstraße mit hoher Geschwindigkeit häufig sehr nah an Radlern vorbeifahren.
Anstatt vom Fahrradstreifen-Piktogramm auf der Straße Abstand zu halten, wird dieser sehr nah angefahren. Doch es gibt auch Erfreuliches zu berichten: "Deutschland ist relativ sicher, was die Unfallzahlen angeht, manche unserer Nachbarländer stehen hier schlechter da", erklärte Pirch-Rieseberg.
Mit ihrer jüngsten Aktion wollte der ADFC für die Änderung der StVO sensibilisieren. Während der kurzen Tour rund um die Bergheimer Straße mit den sinnbildlichen Nudeln, die mit ihrer leicht gebogenen Form etwa 1,5 Meter lang sind, wurde so mancher Passant aufmerksam und drehte sich nach dem klingelnden Fahrradkorso um, dessen Weg von drei Streifenwagen sowie einem Motorrad abgesichert wurde, damit die Radler ungehindert auf der Straße fahren konnten.
Manche Leute winkten den ADFC-Mitstreitern freundlich zu, ein Mann in einem Straßencafé wusste mit einem flapsigen Spruch auf die langsam Vorbeirollenden zu reagieren: "Passt bloß auf, sonst passiert euch noch was." Zwei junge Frauen vermuteten dagegen: "Die wollen zeigen, wie man während Corona richtig Abstand hält." Anscheinend liegt noch etwas Arbeit vor dem ADFC, damit die neue Regelung auch wirklich von allen verstanden und respektiert wird.