Der neu errichtete Bauzaun hindert viele Fahrgäste nicht daran, die Abkürzung vom Asternweg zu den Gleisen zu nehmen – zumal die provisorische Holzrampe den Weg über die toten Gleise aktuell sogar noch sicherer und bequemer macht. Foto: Philipp Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Vier Bahngleise verliefen früher zwischen Heidelberg und Mannheim. Doch als man bundesweit das Schienennetz zurückbaute, blieben auch dort nur zwei Gleise übrig. Nur einzelne Reststücke zeugen davon, dass hier mal mehr Güter- und Personenzüge verkehrten. Wenige Hundert Meter solcher toter Gleise liegen noch im Bereich des S-Bahnhofs Pfaffengrund/Wieblingen – und sorgen dort für Streit.
Denn die ungenutzten Schienenreste trennen den S-Bahnhof vom Pfaffengrund. Während die Wieblinger auf ihrer Seite des Bahnhofs ebenerdig bequem an den Bahnsteig kommen, müssen Pfaffengrunder und Eppelheimer eigentlich den Umweg hoch auf die Brücke des Kurpfalzrings in Kauf nehmen, um von dort Treppe oder Fahrstuhl nach unten zum Gleis zu nehmen.
Eigentlich. Denn bislang ließen sich die allermeisten S-Bahn-Fahrer nicht von dem toten Gleis aufhalten. Vom Asternweg spazierten sie einfach über die Schienen. Und zwar in so großer Zahl, dass an diesem Schleichweg schon seit Jahren keinerlei Pflanzen mehr wachsen.
Gerade für Radfahrer ist das eine Alternative, denn hier unten finden sie in der Regel einen Platz für ihr Gefährt: "Die Fahrrad-Abstellmöglichkeiten oben auf der Brücke reichen bei weitem nicht aus", berichtet etwa Hartmut Flex der RNZ. Der Eppelheimer fährt selbst immer mit dem Rad zur S-Bahn-Haltestelle – und ist nun verärgert.
Denn seit einer guten Woche ist der Weg über die alten Gleise versperrt. Die Deutsche Bahn hat einen Bauzaun mitten in den Weg gestellt, damit ihre Passagiere den regulären Weg über Brücke und Treppe nehmen. "Mit dem Aufstellen des Zauns soll die Nutzung des nicht rechtmäßigen Wegs über die Bahnanlagen unterbunden werden", erklärt ein Sprecher des Konzerns der RNZ. Denn: "Auch betrieblich nicht mehr genutzte Anlagen bergen Unfallgefahren", so der Sprecher. Die Nachfrage, wie viele Unfälle es an besagter Stelle bereits gab, ließ er jedoch unbeantwortet.
Vor Ort zeigt sich zudem, dass die Pfaffengrunder sich nur bedingt an die offizielle Wegführung halten. Die meisten gehen noch immer über die alten Gleise – und danach eine Steige hoch am rund vier Meter breiten Bauzaun vorbei. Sicherer wirkt das nicht.
Doch für die Regelbrecher sieht sich die Bahn nicht verantwortlich: "Der Zaun ist unmissverständlich eine Barriere, die signalisiert und warnt, dass die Nutzung eines Zugangs über die stillgelegte Gütertrasse verboten ist", betont der Sprecher. Doch das sei ohnehin nur eine Übergangskonstruktion: "Als dauerhafter Ersatz ist eine feste Stabmattenzaunanlage in Planung." Die dürfte dann breit genug sein, um die Menschen zum Umweg zu zwingen. Doch wann sie kommt, ist noch unklar.
Hartmut Flex und vielen anderen Pendlern schwebt jedoch ohnehin eine andere dauerhafte Lösung vor: "Warum ist es nicht möglich, einen ordentlichen Zugang über die toten Gleise zu schaffen?", fragt Flex. Eine Station weiter, in Friedrichsfeld Süd, habe die Bahn über alte Gleise derselben Strecke eine Rampe zum barrierefreien Zugang zum Bahnsteig aufgeschüttet. In dem Zuge könnte man auch Radabstellplätze einrichten – und den Kunden damit einen echten Mehrwert bieten.
Doch bei der Bahn ist das kein Thema, wie der Sprecher erklärt: "Einen offiziellen Stationszugang mit Treppe oder Rampe verfolgen wir nicht, weil er mit Überlegungen eines potenziellen viergleisigen Streckenausbaus nicht in Einklang zu bringen wäre." Langfristig sollen wieder vier Gleise nach Mannheim führen – bis zur Umsetzung dürfte es jedoch noch einige Jahre dauern. Besonders bitter für Flex: Da die Bahn derzeit den Aufzug am S-Bahnhof erneuern lässt, hat sie aus Holzbrettern einen provisorischen Übergang über die toten Gleise errichtet. "Es geht also!" Doch die Bretter werden nach den Bauarbeiten wieder abgebaut.