Das Corona-Virus hatte sie im April schwer erwischt – jetzt arbeiten Feyzullah Kasikci (r.) aus Göppingen und sein Leidensgenosse aus Edingen in der Rehaklinik Königstuhl mit den Trainern daran, wieder fit und arbeitsfähig zu werden. Foto: Philipp Rothe
Von Birgit Sommer
Heidelberg. Die beiden Männer sehen fit aus und lachen fröhlich. Vor wenigen Wochen waren sie noch schwer krank. Covid-19. Bei Feyzullah Kasikci glaubten die Ärzte in der Göppinger Klinik nicht, dass er überleben würde. Uwe S. (Name geändert) lag zwei Wochen lang auf der Intensivstation des Heidelberger Universitätsklinikums. Jetzt trainieren beide ihr neues "zweites" Leben in der Rehaklinik Königstuhl auf dem Kohlhof. Gymnastik, Laufbandtraining, Atemübungen – nach zwei Wochen haben sie sich so weit erholt, dass sie zwei Stockwerke über Treppen erreichen können, ohne dabei umzukippen. "Bewegen oder atmen – beides gleichzeitig geht manchmal gar nicht", sagt Kasikci.
Es sind zwei von derzeit zehn ehemaligen Covid-19-Patienten in der Rehaklinik. 25 haben dort inzwischen gelernt, erschlaffte Muskeln und ihre angegriffene Lunge zu trainieren und ihren schnellen Puls zu kontrollieren, wie Chefarzt Dr. Robert Nechwatal berichtet. So ganz einfach ist das nicht. "Es gibt immer Hochs und Tiefs", sagt Kasikci, "es geht körperlich komplett durcheinander."
Der 48-jährige Göppinger und sein 51-jähriger Leidensgenosse aus Edingen standen beide mitten im Leben, ohne irgendwelche gefährlichen Vorerkrankungen zu haben, als das Virus sie erwischte. Bei Kasikci begann es mit Husten. Der dauerte zwar schon mal eine Viertelstunde, aber eigentlich habe er das Gefühl gehabt, das gebe sich gleich wieder, erzählt er. Doch dann kam das Fieber, und er brach in der Dusche zusammen. Dass er zwölf Tage lang im künstlichen Koma in der Klinik lag, hat er gar nicht mitbekommen. Seiner Ehefrau – sie und die Kinder waren leicht erkrankt, die Oma erwischte es ein bisschen schwerer – sagten die Ärzte, dass er wohl nicht überleben werde.
Jetzt sieht es ganz anders aus. Als Fachkraft für Lagerlogistik stemmt er gewöhnlich viele Kilos. Das, so meinen die Ärzte, könne er wohl wieder machen in zwei bis drei Monaten. "Ich bin glücklich, das überstanden zu haben", sagt Kasikci. "Aber die Ängste sind noch nicht weg." Er höre jetzt viel mehr auf seinen Körper als früher.
Uwe S. ist ebenfalls froh, die Krankheit überwunden zu haben: "Ich bin sehr zufrieden, das ist ein neues Leben." Bei ihm fing es an wie eine Erkältung, auch der Hausarzt vermutete das, denn S. hatte sich an die Kontaktbeschränkungen gehalten. Doch dann kam das Fieber, Temperaturen von bis zu 41,2 Grad. Im Schwetzinger Corona-Drive-in machte er den Test auf Sars-CoV-2-Viren, und an Ostersonntag rief das Gesundheitsamt bei ihm an: "positiv".
Als das Corona-Taxi ein paarmal vor seinem Haus in Edingen auftauchte und die Studenten in voller Schutzkleidung ausstiegen, um Blut abzunehmen und den Sauerstoffgehalt des Blutes zu testen, erschraken seine Nachbarn, wie er erzählt. Freunde versorgten ihn, seine Ehefrau und seine beiden Kinder in der Quarantäne mit Lebensmitteln. Während die Kinder ohne Symptome blieben und die Ehefrau unter Husten und Kurzatmigkeit litt, ging es dem Ehemann von Tag zu Tag schlechter. Schließlich kam er in die Heidelberger Universitätsklinik und wurde dort zwei Wochen lang auf der Intensivstation über eine Nasenbrille mit Sauerstoff versorgt. Dazu kamen Medikamente, darunter Antibiotika und ein HIV-Medikament. "Alles war total anstrengend", erinnert sich der Edinger.
Als man ihn dann im Rollstuhl vor die Haustüre stellte, war das schockierend für seine Familie. Nach fast vier Wochen Liegen hatte der Körper total abgebaut. "Ich hatte Bedenken, ob ich je wieder arbeiten könnte", sagt der 51-Jährige, der sich dann selbst um einen Reha-Platz kümmerte.
15 Prozent der Covid-Erkrankten, sagt Chefarzt Robert Nechwatal, leiden unter einem schweren Verlauf. Ihnen hilft dann die Reha wieder auf die Beine, in der nicht nur die enorme Muskelschwäche behandelt, sondern auch die Atemnot der vernarbten Lunge verbessert und psychische Probleme wie Depressionen oder Angst-Attacken abgefragt werden. Berührungsängste habe es bei den Mitarbeitern nur am Anfang der Corona-Zeit gegeben, erinnert er sich. Und erkrankt ist in seinem Haus mit 155 Betten noch niemand.