Krebsforschungskongress in Heidelberg

Forscher und Politik "wollen alle Kräfte mobilisieren, um Krebs zu bekämpfen"

Anja Karliczek und Theresia Bauer kamen zur Eröffnung - "Wir wollen Krebs verstehen, verhindern, heilen"

04.02.2019 UPDATE: 05.02.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden

Von Birgit Sommer

Heidelberg. Den Krebs besiegen - das steht in Deutschland auf der Agenda, seit vor einer Woche die Nationale Dekade gegen Krebs ausgerufen wurde. Jetzt besuchte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) erstmals das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Dort überzeugte sie sich von der engen Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen: "Nur so kann man die Erkenntnisse viel schneller zusammenführen und für Patienten verfügbar machen, das sehe ich schon auch so", meinte Karliczek auf die Frage nach ihren Eindrücken.

Und genau das soll in den nächsten zehn Jahren verstärkt passieren. "Wir wollen alle Kräfte mobilisieren, um Krebs zu bekämpfen", sagte die Ministerin bei der Eröffnung des ersten Krebsforschungskongresses im DKFZ, an dem 500 Wissenschaftler teilnehmen: "Wir wollen ihn besser verstehen, wir wollen ihn verhindern. Und natürlich wollen wir ihn heilen."

Das sportliche Ziel: "Es soll in keinem Land der Welt bessere Heilungschancen und Therapiemöglichkeiten geben als in Deutschland." Dafür gibt der Bund mehr als 60 Millionen Euro für die Durchführung von Studien aus. Erstmals geht es auch darum, gängige Therapien zu überprüfen, damit am Ende die besten Ansätze übrig bleiben.

Dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den baldigen Sieg über den Krebs propagiert hatte, das schwang bei Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) im Hintergrund mit und ließ das Publikum im Hörsaal des DKFZ schmunzeln: "Wir müssen uns aus politischer Sicht vor falschen Versprechungen hüten, denn die Folge sind Enttäuschung und grundlegender Vertrauensverlust", sagte Bauer in ihrer Ansprache.

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Gleichzeitig warnte die Wissenschaftsministerin aber auch vor falscher Zurückhaltung: Rückschläge müssten der Öffentlichkeit erklärt werden, um das Vertrauen in die Forschung nicht zu untergraben. "Wir müssen mit den Menschen auch darüber reden, in welcher Weise wir tierexperimentelle Forschung benötigen", unterstrich Bauer, "dieses Thema wird nicht in ein oder zwei Jahrzehnten erledigt sein."

Krebserkrankungen sieht DKFZ-Vorstand Michael Baumann angesichts der älter werdenden Bevölkerung geradezu als "Tsunami" kommen: Rund eine Viertelmillion Krebstote wurden 2018 in Deutschland gezählt. Die Bekämpfung der Krankheit kostet Milliarden. Bis zum Jahr 2040 werden die Krebserkrankungen noch um 20 Prozent zunehmen, rechnete Baumann vor, jeder Zweite werde daran erkranken.

"Wir müssen alles daran setzen, dem Trend entgegenzuwirken, mit Prävention, Früherkennung, neuen, effektiven Behandlungen und personalisierten Medikamenten." Viele Daten über Krankheit und Therapieverläufe würden dazu gebraucht, wobei gleichzeitig die Anonymität der Patienten zu wahren sei, unterstrich Anja Karliczek und forderte: "Wir müssen auch Patienten-Erfahrungen systematisch erfassen."

In den Laboren des DKFZ ließ sie sich von Prof. Hans-Reimer Rodewald dessen Grundlagenforschung zur Immunologie zeigen. Der Leibniz-Preisträger 2019 erläuterte seine Arbeiten zur Blutbildung und die Idee, dass einer Mutation in der Zelle schon eine Störung der Selbstregulierung vorausgeht.

Eine Stunde lang nahm sich Karliczek auch Zeit, um mit jungen Forschern zu sprechen. "Sie hatten viele Fragen und auch Kritik vorzubringen", berichtete Prof. Baumann. Beispielsweise sei es um die wachsende Bürokratie und den Einfluss unterschiedlicher Vorschriften der Ethikkommissionen gegangen. "Die Unterschiede, das ist bei Netzwerkforschung tödlich", fand Baumann.

Auch schaute sich die Ministerin den Tomografen mit sieben Tesla Feldstärke an, mit dem viele der Krebsforscher seit zehn Jahren arbeiten. Zuletzt stattete sie dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) einen Besuch ab. Dort sind Patientenversorgung, Krebsforschung und Krebsprävention unter einem Dach vereinigt, getragen wird es von DKFZ und Universitätsklinikum. Solch ein Zentrum gibt es bislang in Heidelberg und Dresden, weitere sollen in den nächsten Jahren in ganz Deutschland gegründet werden.

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