Der "Klimaschutzaktionsplan" der Stadtverwaltung ist auch eine Reaktion auf die zahlreichen Demos - wie hier von Fridays for Future im März -, die in diesem Jahr mehr Anstrengungen im Kampf gegen die Erderwärmung gefordert haben. Foto: Philipp Rothe
Von Denis Schnur
Heidelberg. Im Mai hat Heidelberg als eine der ersten deutschen Städte den Klimanotstand ausgerufen. Jetzt, fünf Monate später, hat die Stadt ihren "Klimaschutzaktionsplan" vorgelegt. Auf den symbolischen Akt sollen konkrete Maßnahmen folgen.
In den nächsten Jahren will die Verwaltung 18 Punkte umsetzen, um die Klimaziele der Stadt noch zu erreichen. Denn die bisherigen CO2-Einsparungen liegen unter dem, was sich Heidelberg mit dem "Masterplan Klimaschutz" vorgenommen hatte. Und auch das langfristige Ziel – die Klimaneutralität bis 2050 – sei als "ambitioniert" anzusehen, warnen die Experten des Heidelberger Energie- und Umweltforschung (Ifeu) die Stadt in einer Studie.
Abhilfe schaffen soll nun ein Mix aus ganz unterschiedlichen Maßnahmen. So sollen ab 2020 nur noch "Plusenergie-Quartiere" entstehen, in denen mehr Energie erzeugt als verbraucht wird. Das soll für Patrick Henry Village und alle künftigen Neubaugebiete gelten.
Darüber hinaus soll die Photovoltaik massiv ausgebaut werden und bis 2025 für zehn Megawatt zusätzliche Leistung sorgen. Langfristig sollen die Stadtwerke ihre Kunden nur noch mit CO2-neutralem Strom versorgen. Die Fernwärme will die Stadt schon 2020 zu 50 Prozent CO2-neutral machen und bis 2025 zu einem Drittel selbst erzeugen.
Die Fahrgastzahlen im öffentlichen Nahverkehr sollen bis 2025 um 20 Prozent steigen. Dazu will die Verwaltung auch vier Sondersbuslinien auf Strecken einrichten, auf denen viele Pendler unterwegs sind. Zudem soll der Anteil der Unternehmen, die ein Jobticket anbieten, steigen. Der Radverkehr soll durch vier weitere Radschnellwege in die Region gestärkt werden.
Den CO2-Ausstoß bei der Heizung von Gebäuden will die Verwaltung dadurch senken, dass die Altbausanierungsrate bis 2030 verdoppelt wird. Nicht zuletzt sollen durch das Anlegen von "Klimawäldchen" in allen Stadtteilen CO2-Emissionen kompensiert werden. Bis 2025 sollen dazu 3000 Bäume – 500 pro Jahr – gepflanzt werden, vor allem auf bislang versiegelten Flächen.
So konkret wie der letzte Punkt sind aber nur wenige. Das liegt daran, dass der "Klimaschutzaktionsplan" als Rahmen vorgesehen ist und die konkreteren Maßnahmen dem Gemeinderat später separat vorgelegt werden sollen. Zu diesen Vorschlägen sollen dann auch noch weitere kommen – etwa von der Universität, aus Betrieben und von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GGH.
Jedoch machen sowohl die Stadtverwaltung als auch die Ifeu-Experten deutlich, dass Heidelberg alleine das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 überhaupt nicht erreichen kann: "Dazu reicht die Gestaltungsmacht von Kommunen nicht aus", heißt es im Ifeu-Gutachten. Unabhängig von den eigenen Maßnahmen sei man auf Unterstützung durch EU, Bund und Länder angewiesen.
Den Grünen als stärkster Gemeinderatsfraktion gehen aber auch die kommunalen Anstrengungen nicht weit genug. Zwar begrüßt die Partei den Aktionsplan sehr, wie die Kreisvorsitzende Monika Gonser gegenüber der RNZ erklärt. "Aber das ist ja erstmal nur eine Sammlung von Themen", so Gonser. Ihrer Partei, die gerade selbst ein Strategiepapier zum kommunalen Klimaschutz erarbeitet hat (und am heutigen Mittwoch ab 20 Uhr bei der Mitgliederversammlung im Bürgerhaus B3 vorstellt), fehle die lange Sicht. "Wir müssen jetzt überlegen, welche Maßnahmen wir in welcher Abfolge langfristig umsetzen", fordert Gonser.
Die Grünen-Chefin vermisst zudem zwei Punkte: "Ich sehe nicht, wie man die Stadt tatsächlich mitnehmen will." Um für die nötige Akzeptanz zu sorgen, brauche man mehr Beteiligungsmöglichkeiten für Bürger. Zudem müsse klar sein, dass Klimaschutz nicht zu Lasten sozial Schwacher gehen dürfe. "Da fehlt mir der Mechanismus, der diese Debatte aufgreift." Denn, so Gonser: "Klimaschutz funktioniert nur, wenn er partizipativ und sozial ist."