Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Kirche und Humor? Das passt. Meint zumindest Prof. Manfred Oeming. Der 63-jährige Ordinarius für Alttestamentliche Theologie an der Universität Heidelberg träumt laut eigener Aussage davon, irgendwann ein Witzebuch zu schreiben. Jetzt hat er gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Fritz Lienhard erst einmal ein wissenschaftliches Symposium auf die Beine gestellt. Der Titel: "Das Heilige und das Lachen - Studien zum Humor als einem integralen Element von Religion(en)". Ein Gespräch über Lachverbote, Lachpotenziale und lustige Gottesdienstrituale.
Herr Prof. Oeming, wann haben Sie zuletzt laut gelacht?
Ich lache täglich viel. Für mich ist Humor ein Lebenselixier. Ein Dasein ohne Lachen könnte ich mir nicht vorstellen. Am meisten gelacht habe ich letztens, als ich gesehen habe, dass die albanische Fußballnationalmannschaft vor dem Länderspiel gegen Frankreich auf ihre Hymne wartete, dann aber die Hymne Andorras eingespielt wurde. (lacht) Natürlich gibt es aber auch in der Politik und in der Religion viel zu lachen.
Stichwort Religion: Wie passt das mit Lachen, mit Humor zusammen?
Ich bin ja eigentlich Bibelwissenschaftler und kenne mich ganz gut mit dem Alten Testament aus. Viele Kollegen sagen, das Alte Testament sei ein humorloses Buch. Ich glaube, dass es gut ist, die Dimensionen des Humors in der Bibel zu entdecken. Nehmen Sie den Namen "Isaak", der Sohn Abrahams. Das ist hebräisch und heißt übersetzt so viel wie "man lacht". Das Humorige des Alten Testaments besteht aus einer ganzen Fülle von Erzählungen und Weisheitssprüchen, die deutlich machen, wie schwierig, ja lächerlich das Verhältnis von Gott und Mensch ist.
Was genau ist so lächerlich daran?
Der Mensch denkt, er wäre wie Gott, ist aber ein armes kleines Würstchen. Gott denkt, der Mensch wäre sein Ebenbild und Partner, er ist aber in Vielem eine Witzfigur.
Gibt es denn auch im Neuen Testament etwas zu lachen?
Leider viel zu wenig. Das Wort "lachen" kommt dort nur drei Mal vor. Und wenn, dann nur in traurigem Zusammenhang. So sagt etwa Jesus im Lukasevangelium: "Wehe euch, die ihr jetzt sorglos lacht! Ihr werdet weinen und jammern." Der fehlende Spaß zieht sich durch die ganze christliche Geschichte. So gab es in den Klöstern des Mittelalters etwa ein Lachverbot. Und Luther hat zwar viel und gerne gelacht, aber nie in der Kirche.
Und Sie wollen das jetzt ändern?
Wir wollen uns dafür einsetzen, dass der Humor in der Kirche zunimmt. Für mich ist die Religion nicht nur Gegenstand, sondern auch die Ursache des Humors. Gottesdienste bringen zum Beispiel immer eine gewisse Würde, Schwere und Betroffenheit mit sich. Das sollte nicht so sein. Ich glaube, dass man den Menschen in der Kirche einen Gefallen tut, wenn man die Dimension des Humors im Glauben stärkt. Man kann auch aufgrund des Glaubens lustig sein. Weil wir glauben, machen wir Witze über uns selbst.
Worum geht es bei dem Symposium?
Wissenschaftler verschiedener Disziplinen - Theologen, Soziologen, Philosophen, Psychologen, Germanisten, - reden über Humor. Aber wir haben auch Leute von außerhalb dabei, zum Beispiel den tollen Kabarettisten Konrad Beikircher, der über "Humor als Psychohygiene des Glaubens" spricht oder eine Clownin. Wir wollen endlich mal Aspekte seriös bearbeiten, von denen ich glaube, dass sie unterschätzt werden. Die Religion ist mit so viel Schwere behaftet. Dabei ist sie auch Grund zur Freude und intendiert Lachen. Die Religion kann die Augen dafür öffnen, dass das Leben ein großes Geschenk ist.
Sie waren ja selbst viele Jahre als evangelischer Pfarrer im Einsatz. Was war Ihr lustigstes Kirchenerlebnis?
Es gibt Leute, die haben aus hygienetechnischen Gründen ein Problem damit, aus dem Abendmahlkelch zu trinken. Manche Gemeinden haben sich daher Alternativen überlegt. Ich war einmal als Gast in einem Gottesdienst, da gab es statt eines Kelchs mehrere Dutzend kleine Einzelkelche, die sahen aus wie Schnapsgläser und standen auf einem riesigen schweren Tablett. Der Pfarrer jonglierte dann mit dem Tablett durch die gesamte Kirche, immer darum bemüht, nichts von dem Trunk zu verschütten. Das war so grotesk, einfach zum Schreien. (lacht laut)
Wenn Sie ein Witzebuch schreiben wollen, müssen Sie mir natürlich abschließend noch ihren Lieblingswitz verraten.
Der Prediger donnert mit erhobenen Zeigefinger von der Kanzel: "Und ich warne euch, Brüder und Schwestern, vor der Zigarette. Auf die erste Zigarette folgt zwangsläufig das erste Glas Alkohol, und auf den Alkohol folgt ganz selbstverständlich die erste Sünde mit einer Frau." Unterbricht ihn ein jugendlicher Zuhörer: "Wo, bitte, kann man diese tolle Zigarette kaufen?"