Poller rauf, Verkehr raus
Arbeitskreis verabschiedet Empfehlungen für den Gemeinderat - Zweistufiger Ausbau für alle Straßen empfohlen

Enge Straßen, parkende Autos: Selbst in der breiten Großen Mantelgasse bleibt für Fußgänger wenig Platz. Poller sollen das ändern. Foto: Rothe
Von Holger Buchwald
Heidelberg. Der Konzeptentwurf ist fertig. Nun liegt es am Gemeinderat, ob der Verkehr in der Altstadt mit versenkbaren Pollern beruhigt wird. Der Arbeitskreis, der sich seit einem Jahr mit dem Thema beschäftigte, hat in seiner letzten Sitzung am Mittwochabend im Prinz Carl einen Vorschlag für die politischen Gremien verabschiedet. Hauptbestandteil sind die Poller: Sie sollen die bestehenden Regeln durchsetzen und dem Lieferverkehr nur noch von 6 bis 11 Uhr die Einfahrt in die Fußgängerzone gewähren. Danach fahren sie hoch und können nur noch von Durchfahrtsberechtigten wieder im Boden versenkt werden.
Nachdem sich Wirtschaftsvertreter und Anwohner in den letzten Sitzungen darauf geeinigt hatten, zunächst nur an den Zufahrtsstraßen zur Fußgängerzone die Poller zu installieren und erst in einer möglichen "Ausbaustufe" auch die Ausfahrtstraßen auszurüsten, gab es auf der Ziellinie noch einmal Streit. Sowohl Karin Werner-Jensen, Vorsitzende des Stadtteilvereins Alt-Heidelberg, als auch Gerd Wagner von der Bürgerinitiative "Leben in der Altstadt" ärgerten sich über eine jüngst veröffentlichte Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK).
Darin wird gefordert, dass der Autoverkehr aus den Innenstädten nicht verdrängt werden dürfe und die Anlieferungszeiten für die Geschäfte ausgedehnt werden müssten. "Das stellt alles auf den Kopf, was wir im Arbeitskreis beschlossen haben", betonte Werner-Jensen. Wagner deutete den IHK-Vorstoß als Vertrauensbruch.
Hintergrund
Das Verkehrsberuhigungskonzept Altstadt wird voraussichtlich 1,6 Millionen Euro kosten. Der Gemeinderat könnte es im Rahmen der Beratungen zum nächsten Doppelhaushalt noch in diesem Herbst beschließen.
In dem Arbeitskreis, der den Entwurf mit dem
Das Verkehrsberuhigungskonzept Altstadt wird voraussichtlich 1,6 Millionen Euro kosten. Der Gemeinderat könnte es im Rahmen der Beratungen zum nächsten Doppelhaushalt noch in diesem Herbst beschließen.
In dem Arbeitskreis, der den Entwurf mit dem Planungsbüro SSP Consult entwickelte, saßen 40 Vertreter aller Interessengruppen: Anwohner, Bürger auch aus anderen Teilen Heidelbergs, Vertreter der Stadtverwaltung, Einzelhändler, Handwerker, Hoteliers, das Stadtmarketing, die Feuerwehr, die Polizei und die Rettungsdienste.
Neben den Pollern ging es etwa auch um sichere Schulwege und das Anwohnerparken. Parallel dazu ist ein neues City-Logistik-Konzept geplant: In einem Pilotprojekt wird untersucht, ob die Geschäfte auch mit Lastenfahrrädern beliefert werden könnten.
Das Betriebskonzept für die Poller muss noch ausgearbeitet werden. So ist noch nicht geklärt, mit welchem System die Poller versenkt werden sollen. Unklar ist auch, wer alles eine Durchfahrtsberechtigung erhält. hob
Die meisten Wirtschaftsvertreter blieben der letzten Arbeitskreissitzung fern. Und so sprachen sich einige Altstädter, etwa Bezirksbeirat Franz Bartholomé, dafür aus, gleich in allen Altstadtgassen Poller zu installieren, zumal viele Autofahrer schon jetzt die Einfahrtsverbote in die "unechten Einbahnstraßen" von der Plöck oder vom Neckarstaden her ignorierten.
Auch interessant
Das "geschlossene System" für die Altstadt hatte auch in den letzten Sitzungen durchaus Befürworter. Würden die Poller um kurz nach 11 Uhr wieder hochfahren, käme der Lieferverkehr nicht mehr aus der Altstadt heraus, ohne eine Strafe zu bezahlen, so das Argument. Mit diesem Modell habe man in anderen Städten wie Salzburg gute Erfahrungen gemacht.
"Wenn Sie nun die grundlegenden Beschlüsse der letzten Arbeitskreissitzung infrage stellen, wird das den gefunden Kompromiss noch einmal gefährden", warnte hingegen Frank Zimmermann, der in der Stadtverwaltung für die Bürgerbeteiligung zuständig ist. Und so entschied sich der Arbeitskreis für einen gemäßigten Beschluss. Darin wird deutlich, dass die Mehrheit des Gremiums die große Lösung mit Pollern in allen Straßen bevorzugt, jedoch könne der Ausbau auch zweistufig erfolgen. Spätestens ein Jahr, nachdem die Sperren an den Zufahrtsstraßen installiert wurden, müsse in einer Evaluation geklärt werden, was das für den Verkehr gebracht hat, so der Vorschlag an den Gemeinderat.
Und so beschränkte sich das Gremium in der letzten Sitzung darauf, das Konzept, das Ende Februar bei einer Bürgerbeteiligungsveranstaltung öffentlich vorgestellt worden war, nur geringfügig zu modifizieren. Michael Welsch vom Planungsbüro SSP Consult hatte einige der Bürgeranregungen in seinen Entwurf mit eingearbeitet.
So soll zum Beispiel die Einfahrt vom Neckarstaden in die Große Mantelgasse, die ohnehin nicht erlaubt ist, erschwert werden: Eines der Fußgängerzonen-Schilder könnte versetzt werden, damit die Durchfahrt enger wird. Zudem bat das Amt für Verkehrsmanagement um Einsparungen: Einige versenkbare Poller könnten an unwichtigeren Stellen durch fest installierte Ketten ersetzt werden.