Archivfoto: Roland Holschneider/dpa
Von Hans Böhringer
Heidelberg. Mit knallenden Korken und mit gerade noch in der Turnhalle geübten Walzerschritten geht ein Abiturjahrgang normalerweise auseinander. Dieses Jahr lässt die Coronakrise den Abistreich, das Abigrillen und den Abiball an vielen Schulen ausfallen. Die Abstandsregeln machen selbst die Zeugnisübergabe zur Herausforderung: Wer darf kommen, wo gibt es Platz?
Ende Juli steht noch das mündliche Abitur bevor, dann gibt es Zeugnisse. Die Direktoren und Abiball-Komitees des Hölderlin-, des Bunsen-, des Helmholtz- und des Kurfürst-Friedrich-Gymnasiums (KFG) müssen jeweils einen eigenen Weg zwischen Hygieneregeln und Feierlichkeit finden. Richtlinien kommen vom Kultusministerium Baden-Württembergs; es gibt Beispiele aus anderen Bundesländern mit schon beendetem Abitur: In Rheinland-Pfalz etwa fanden Schüler ihre Zeugnisse schlicht im Briefkasten.
Zeugnisse per Post zuschicken, das kommt für Michael Alperowitz nicht infrage. Ihm sei eine angemessene Feierlichkeit ein persönliches Anliegen, erklärt der Schulleiter des KFG: "Das ist ein hoher Aufwand, aber die Schüler sollen auch in diesem Jahr ordentlich verabschiedet werden." Für die Zeugnisverleihung gibt es am KFG vier getrennte Feiern in der Turnhalle – ein Kompromiss wegen der Abstandsregel: Die Schüler bekommen ihr Zeugnis in Gruppen von 20 Personen verliehen, dafür dürfen die Eltern dabei sein.
Auch am Helmholtz-Gymnasium teilt man die Stufe in vier Schülergruppen plus Eltern ein. "So feierlich wie möglich" sollten die Zeugnisverleihungen nacheinander ablaufen, sagt Schulleiterin Verena Mechelk.
Am Hölderlin-Gymnasium gibt es auch ohne Abstandsgebot schon Platzprobleme, dort wird umgebaut. Ohne Aula und Turnhalle muss die Zeugnisvergabe in die Klingenteichhalle ausweichen. Die Eltern dürfen nicht mit, dafür bleibt die Stufe bei der Verabschiedung zusammen. Das hätten die Schüler so gewollt, erklärt Schulleiterin Andrea Merger. Das Bunsen-Gymnasium wiederum verzichtet weder auf Zusammensein noch auf die Eltern – sondern auf das Dach: Die Zeugnisverleihung erfolgt auf dem Kunstrasen des Sportzentrums Nord, wie Schulleiter Volker Nürk bestätigt.
Eigentlicher Höhepunkt des Abschlussprogramms ist der Abiball, veranstaltet von den Schülern selbst. Ebenfalls sind Tanzveranstaltungen aber eigentlich noch verboten. Die Schüler des Helmholtz-Gymnasiums und des KFG verzichten auf ihren Abiball.
Anders das Bunsen-Gymnasium: Jule Schneider vom Abiball-Komitee erklärt, wie das trotz Auflagen geht. Mit genau abgestimmtem Hygienekonzept feiern sie im Schlosshotel Molkenkur: 250 Personen, Abiturienten, Eltern, Lehrer. Sitzordnung und Programm müssen vorher festgelegt sein. "Es wird ein den Umständen entsprechend schöner Abend", hofft Schneider. Auch die Hölderlin-Schüler feiern ihren Abiball in der Molkenkur. "Er ist sehr abgespeckt", meint Cosima Zoller, die als Abiturientin an der Organisation beteiligt ist. "Besser als gar kein Abschluss", sagt sie, "besser als gar kein Abiball".
Entgegen aller Befürchtungen haben sich die Noten der Corona-Abiturienten vielerorts verbessert gegenüber dem Vorjahr, das gilt nach Recherche der "Süddeutschen Zeitung" zumindest für Bayern, Berlin und Hamburg. Was nun die Abschiedsfeiern trotz Corona betrifft, zeigen sich die hiesigen Zeugnisverleiher und -empfänger optimistisch. KFG-Schulleiter Alperowitz will bei der Gelegenheit wiederholen, was er schon vor dem schriftlichen Abitur den Prüflingen erklärte: "Das, was ihr gemacht habt, ist kein Corona-Abitur, das ist ein ganz normales Abitur. Deswegen könnt ihr darauf stolz sein."