Heidelberg

PHV-Erweiterung sorgt wieder für Streit

Eine große Mehrheit ist für das wohnungspolitische Konzept. Doch einige Punkte sind weiter offen. Wie viel Erbpacht ist möglich?

14.01.2022 UPDATE: 15.01.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden
Ein Teil der Ackerflächen am westlichen Rand von Patrick-Henry-Village sollen dem künftigen Stadtteil zugeschlagen werden. So sieht es der „Dynamische Masterplan“ vor. Unklar ist jedoch, wie viele Hektar wirklich bebaut werden und wann. Archivfoto: Philipp Rothe

Von Denis Schnur

Heidelberg. 10.000 Menschen sollen in dem neuen Stadtteil leben, der im ehemaligen Patrick-Henry-Village (PHV) entsteht. Wer das sein wird, hängt stark vom wohnungspolitischen Konzept ab, über das am Mittwoch vier Ausschüsse des Gemeinderates gemeinsam beraten haben. Dabei wurde klar: Eine große Mehrheit steht hinter dem Vorschlag, doch entscheidende Punkte sind weiter offen und sorgen für Streit.

Hintergrund

Das wohnungspolitische Konzept für den Stadtteil in Patrick-Henry-Village gibt drei große Linien vor:

> Eigentum und Miete: Jede zweite Wohneinheit soll vermietet werden, jede zweite als Eigentum – vor allem an Selbstnutzer – verkauft werden.

> Markt und

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Das wohnungspolitische Konzept für den Stadtteil in Patrick-Henry-Village gibt drei große Linien vor:

> Eigentum und Miete: Jede zweite Wohneinheit soll vermietet werden, jede zweite als Eigentum – vor allem an Selbstnutzer – verkauft werden.

> Markt und Förderung: Auch hier soll es ein 50/50-Verhältnis geben. Die Hälfte der Einheiten soll frei finanziert werden zu marktüblichen Preisen, der Rest öffentlich subventioniert und damit günstiger sein. 30 Prozent aller Wohnungen sollen dabei Sozialwohnungen werden, 20 Prozent "preisgedämpft".

> Große und kleine Wohnungen: Ein Fokus soll auf größeren Haushalten liegen. Daher soll jede dritte Wohnung vier oder mehr Zimmer haben. Je ein Drittel soll zudem aus Drei- sowie Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohnungen bestehen. dns

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Knackpunkt 1: Wird die Erweiterung eingeplant? Die US-Armee hatte in PHV 97 Hektar Fläche besiedelt, der Masterplan für den neuen Stadtteil plant mit zusätzlichen 18 Hektar westlich davon. Die seien nötig, um einen lebendigen Stadtteil zu entwickeln. Ein Teil des Gemeinderates will die Versiegelung dieses Ackerbodens jedoch verhindern. 2020 hatte das Gremium sich nach viel Streit auf einen Kompromiss geeinigt: Die Erweiterungsflächen werden nicht vor 2030 bebaut – und dann zunächst nur sieben Hektar im Süden. Nur wenn dann noch Bedarf bestehe, sollen die elf Hektar nördlich davon folgen. Damit hatte man den Streit eigentlich erstmal verschoben.

Doch das wohnungspolitische Konzept sieht für unterschiedliche Baufelder unterschiedliche Wohnformen vor – und die Stadträte fürchten, dass ihnen oder ihren Nachfolgern 2030 dann eigentlich keine Wahl mehr bleibt, weil ohne die Erweiterung der Anteil der Eigentums- und Sozialwohnungen deutlich geringer sei als geplant. Deshalb haben mehrere Fraktionen beantragt, die Planung so umzuarbeiten, dass der Stadtteil auch ohne Erweiterung die Kriterien des Konzeptes erfülle. Darüber abgestimmt wurde am Mittwoch noch nicht, bis zur Gemeinderatssitzung am 10. Februar wollen sich die Fraktionen auf einen gemeinsamen Antrag verständigen.

Knackpunkt 2: Kommt die Erweiterung überhaupt? Während die meisten Räte sich einig sind, dass nicht die komplette Erweiterungsfläche gleich verplant werden soll, gibt es Streit darüber, ob überhaupt mehr als 97 Hektar benötigt werden. CDU, "Heidelberger" und FDP wollen nur die nördliche Erweiterungsfläche aus den Planungen rausnehmen, für die südliche soll ab 2030 Baurecht gelten. Schließlich bräuchten etwa die Stadtwerke Planungssicherheit, um die Fernwärme- und Wasserversorgung vorzubereiten. Grün-Alternative Liste (GAL), Grüne und SPD wollen dagegen auch über die Süd-Fläche nicht vor 2030 entscheiden. Man könne dann darüber diskutieren – bis dahin dürfe man jedoch keine Fakten schaffen.

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Das wiederum wollte Bürgermeister Jürgen Odszuck nicht hinnehmen: "Wir haben diese Diskussion schon x-mal geführt", ärgerte er sich und betonte: "Wir brauchen Flächen, wenn wir einen lebendigen Stadtteil möchten." Es stimme eben nicht, dass man einfach höher und dichter bauen könne, um mit weniger Platz auszukommen: "Das klappt irgendwann mit den Rettungswegen nicht mehr." Außerdem seien Teile schon jetzt dichter geplant als die Bahnstadt. "Das ist dicht, dass es kracht."

Knackpunkt 3: Wie viel Erbpacht ist möglich? Das wohnungspolitische Konzept sieht vor, dass einige Flächen in PHV im Besitz der Stadt bleiben, diese sie jedoch im Erbbaurecht vergibt. So könnten sich auch Menschen ohne viel Kapital Baugrundstücke leisten, für die sie dann jährlich einen Pachtzins zahlen müssten. Die Stadt sieht das bislang für wenige Grundstücke vor, einigen Fraktionen geht das nicht weit genug. Die "Bunte Linke" fordert etwa, dass der komplette Stadtteil so entwickelt wird. Die SPD will zumindest ein komplettes Baufeld im Süden, auf dem gut 1000 Wohnungen entstehen sollen, in Erbpacht vergeben.

Stadtkämmerer Wolfgang Polivka findet dieses Modell zwar ebenfalls attraktiv, sieht jedoch keine Chance, es in großem Stil umzusetzen – dafür müsste die Stadt zu viel in den Kauf der Flächen investieren, das gebe der Haushalt nicht her. "Die Erwartung, dass das in der Dimension eines ganzen Baufeldes funktioniert, können wir nicht erfüllen." Dennoch hat der Finanzausschuss dem SPD-Antrag zugestimmt, die Umsetzung in größerem Stil zu prüfen.

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