Heidelberg

Mark Twain Center wird eröffnet

Wie die Amerikaner Deutschland prägten: Am Sonntag wird das Mark Twain Center in der Südstadt eröffnet.

17.05.2022 UPDATE: 18.05.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Auch das Berufsfeld Armee wird in der Ausstellung „Join the Story – 200 Jahre transatlantische Perspektiven“ im Mark Twain Center dargestellt. Foto: Philipp Rothe

Von Birgit Sommer

Heidelberg. Der "Andere Park" in der Südstadt ist eröffnet. Am kommenden Sonntag präsentiert sich auch erstmals ein kleines historisches Juwel am Rande des Parks in der Römerstraße der Bevölkerung: das Mark Twain Center für transatlantische Beziehungen (MTC). Die ehemalige Kommandantur der US-Generäle in der Römerstraße 162 blieb für die Ausstellungsstätte originalgetreu erhalten. Doch die Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen seit 200 Jahren ist nur ein Teil des Angebots, die Ideen weisen auch in die Zukunft.

Leiter Uwe Wenzel lüpfte schon mal die Abdeckung der historischen Szene aus der Schlacht bei Yorktown 1781 im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, bei der viele Deutsche mitkämpften. Das Bild war Teil einer Wandtapete in den Campbell-Barracks. Foto: Philipp Rothe

Das beginnt mit der multimedialen Ausrichtung der Ausstellung und den Tablets, die der Besucher beim kostenlosen Eintritt bekommt. Er kann sich dann in den Räumen der ehemaligen Kommandeursvilla ganz nach den eigenen Vorstellungen bewegen und bei jedem Besuch Neues und Anderes entdecken, wie Dr. Uwe Wenzel, der Leiter des MTC, das eine eigenständige Abteilung des Kurpfälzischen Museums ist, hofft. Die digitalen Dossiers können von den Kuratoren der Ausstellung immer wieder zusätzlich bestückt werden.

Kein Interesse am Militär, als zu Hochzeiten des Kalten Krieges rund eine Viertelmillion Soldaten von Heidelberg aus ihre Befehle erhielt? Oder an Konsumgütern wie Kaugummi, Kaffee und Nylonstrümpfen, die die Amerikaner hierher mitbrachten und die damals das Bild der Deutschen von den USA mitprägten? Dann fesseln vielleicht die bislang 29 Zeitzeugen, deren Erlebnisberichte per Touchscreen aktiviert werden?

Die ehemalige Oberbürgermeisterin Beate Weber ist darunter, der Viersternegeneral Burwell B. Bell, der das Kommando in Heidelberg von 2002 bis 2006 innehatte und die strategische Ausrichtung der Amerikaner vorantrieb, die letztlich zum Abzug aus Heidelberg führte, oder Joachim Guilliard vom Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg.

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Auch Privatleute berichten von ihren Erfahrungen mit amerikanischer Freundschaft und Lebensart. Immerhin 25 Millionen Amerikaner, Militärangehörige und deren Familien kamen nach dem Zweiten Weltkrieg nach Europa, die meisten von ihnen nach Deutschland. Das hat sie genauso geprägt wie die Deutschen. Ein Aspekt der Beziehungen waren wohl immer auch die Wurzeln der Menschen: Ein Drittel der amerikanischen Offiziere, die in Heidelberg dienten, hatte deutsche Vorfahren.

Uwe Wenzel setzt für die Zukunft nicht nur auf die Erweiterung des Bestandes in seiner bundesweit einmaligen Einrichtung. So forschen deutsche und amerikanische Wissenschaftler an gemeinsamen Projekten, etwa dem, wie die Zusammenarbeit auf lokaler Ebene vom Weltgeschehen beeinflusst wird. Prof. Susan Herbst, die ehemalige Präsidentin der University of Connecticut, arbeitet derzeit in Heidelberg an der Geschichte der öffentlichen Meinung in den USA, erweitert um transatlantische Perspektiven. Und ein Ausstellungsprojekt "Fake of Truth" soll im Jahr 2024 zeigen, wie Wissenschaft und Kunst benutzt werden, um angebliche Wahrheiten zu zeigen.

Auch die Kultur wird künftig eine Rolle spielen. "Wir wollen ein Projekt zur Geschichte des Jazz in der Rhein-Neckar-Region machen", kündigt Uwe Wenzel an, "Heidelberg spielt eine große Rolle bei der Entwicklung des deutschen Jazz." Die Bildung von Jugendlichen liegt Uwe Wenzel ebenso am Herzen. Er bietet Schulen in Stadt und Region eine Zusammenarbeit an, möglich sind verschiedene Vermittlungsangebote, auch Planspiele. Partner sind hier etwa die Landeszentrale für politische Bildung und die Baden-Württemberg-Stiftung.

Ganz perfekt wird die Ausstellung zu Beginn noch nicht sein. Fehlende Materialien und unterbrochene Lieferketten sind daran schuld. So befinden sich die speziellen Stühle eines amerikanischen Klassenzimmers noch irgendwo in einem Container, sie werden vorerst durch normale Stühle ersetzt. Teppiche etwa kommen derzeit nur per Luftfracht. Eine Spezialglasplatte für den Strategie-Spieltisch fehlt bis jetzt, ebenso das Metall für die Außenbeschriftung des Gebäudes – dank derer die Besucher das Mark Twain Center dann leichter finden können.

Ort des Geschehens

Info: Eröffnung des Mark Twain Centers, Sonntag, 22. Mai. 13 Uhr: Begrüßung durch OB Eckart Würzner; 14 und 15 Uhr: Square Dance zum Mitmachen mit den Heidelberg Hoedowners und den Swinging Stars Heidelberg; 16 Uhr: Jazz im Konferenzraum. Stündliche Führungen durch die Ausstellung, Kinderprogramm in und um das MTC, dazu Essen und Trinken. Öffnungszeiten ab 25. Mai: Mittwoch bis Sonntag, 13 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

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