Krötenweibchen tragen bei ihrer Wanderung zum Laichplatz das Männchen auf dem Rücken. Die Überquerung von Straßen kann dabei tödlich enden. Foto: Sven Hoppe
Von Florian Richter
Heidelberg. Jedes Jahr, sobald die Temperaturen in spätwinterlichen Nächten sechs Grad übersteigen, verlassen die hier heimischen Amphibien wie Kröten, Frösche, Salamander oder Molche ihr Winterquartier und machen sich auf den Weg zu einem Laichplatz. Kröten zieht es dabei zu dem Ort, an dem sie selbst geschlüpft sind. Andere Amphibien suchen einfach einen Platz, an dem es genügend Wasser gibt. Bis zu fünf Kilometer können sie zurücklegen, um geeignete Stellen in Bächen, Teichen oder Brunnen zu finden. Inklusive Rückwanderung kann dieses Naturschauspiel durchaus bis August gehen.
Bei ihren nächtlichen Ausflügen bilden jedoch nicht natürliche Fressfeinde die Hauptgefahr, sondern der Mensch – und häufig das Auto. Straßenüberquerungen enden für die Amphibien meist tödlich. "Uns tut weh, dass wir in den letzten Jahren im Heidelberger Raum einen Rückgang von Amphibien feststellen mussten", berichtete Wilfried Münster vom Arbeitskreis "Amphibien und Reptilien" des Naturschutzbunds Heidelberg (Nabu).
Gründe dafür seien, dass es auf Privatgrundstücken immer weniger Gartenteiche gebe und dass viele Zäune durch kleine Mauern ersetzt werden. Diese Hindernisse können die Amphibien nicht überwinden. Und das heißt, dass sie über die Straße getragen und in nahe gelegene Gewässer gebracht werden müssen.
Um dafür so viele Helfer wie möglich zusammenzutrommeln, hat der Nabu Heidelberg in den letzten Monaten durch Videoclips auf die bevorstehende Rettungsaktion aufmerksam gemacht. Und die Werbung hat sich gelohnt: Beim Informationsabend für Freiwillige platzte das Nabu-Zentrum in Neuenheim aus allen Nähten. Dort erschienen rund 50 Personen aus allen Altersgruppen.
Mitinitiator Münster zeigte sich über das große Interesse erfreut: "Das ist ein unglaublicher Erfolg." Schließlich waren es im Vorjahr nur ungefähr halb so viele Helfer, die "von 18 bis 24 Uhr bei Wind und Wetter ehrenamtlich unterwegs waren", wie Münster betonte. Dabei habe man um die 2000 Tiere gerettet.
Um angesichts des großen Zuspruchs die Koordinierung der Einsätze zu vereinfachen, aber auch um den "Krötenrettern" die Erfassung wichtiger Daten zu ermöglichen, wurde eine App entwickelt, mit der die Anzahl der gefundenen Exemplare, die Arten, der Ort und die Wetterbedingungen festgehalten werden können. "Die App versetzt uns in die Lage, Daten direkt vor Ort einzugeben", erklärte Ronny Schwalbe vom Arbeitskreis Amphibienwanderung stolz.
Auch das städtische Umweltamt will sich mit den Amphibienwanderungen zukünftig intensiver auseinandersetzen – das versicherte die am Abend anwesende Sandra Panienka. So wolle man unter anderem "entlang der Straßen Zäune bauen, die dann von den ehrenamtlichen Helfern betreut werden könnten". Zudem sei eine Zusammenarbeit mit anderen Ämtern wie dem Verkehrsmanagement geplant.
Schon 2019 ergriff der Nabu größere Maßnahmen, wie beispielsweise durch das Anbringen von Warnschildern an Brunnen am Bergfriedhof und am EMBL. "Viele wissen gar nicht, dass sich darin Amphibien befinden und schöpfen mit ihren Gießkannen einfach Wasser heraus", berichtete Schwalbe. "Dann haben die Amphibien keine Chance."
Die Helferin Sabine Schumacher-Herold zeigte sich von der Aktion angetan: "Das Schöne ist, dass es kein Muss ist, man kann nur etwas richtig machen." Darauf legt auch Schwalbe großen Wert: "Es geht hier nicht um einen Wettbewerb, es geht hier um das Retten von Tieren."
Anfang Februar – und damit rund eine Woche früher als im Vorjahr – haben sich in Heidelberg die ersten Tiere in Gang gesetzt. Die kleinen "Wanderer" sind unter anderem in der Panoramastraße in Rohrbach sowie im Schloss-Wolfsbrunnenweg in Schlierbach anzutreffen.