Das frische Angebot auf dem Neuenheimer Wochenmarkt findet auch in Corona-Zeiten reißenden Absatz. Da es weniger Stände gibt, haben die Kunden nun auch genügend Platz. Foto: kaz
Von Karin Katzenberger-Ruf
Heidelberg. Auf den Heidelberger Wochenmärkten läuft während der Corona-Krise vieles anders. Das oberste Gebot: Die Kunden sollen mindestens anderthalb Meter Abstand zueinander halten. Und das versuchen die Marktbetreiber auf unterschiedliche Weise umzusetzen.
Doch manches läuft auch völlig normal: Mit ihrem Rezept für "aufgeschäumtes Kressecremesüppchen" kann Margret Werner-Naumer auf dem Neuenheimer Markt zum Beispiel ihre Kunden davon überzeugen, das vitaminreiche Kraut aus der Familie der Kreuzblütengewächse in der Küche zu verwenden.
Unterdessen gelten auf dem Wochenmarkt völlig neue Regeln. Es gibt nämlich nur noch einen Ein- und Ausgang in der Lutherstraße. Die Kunden müssen in der Warteschlange stehen, bis Mitarbeiter des Gemeindevollzugsdienst Einlass gewähren. Das tun sie in Abstimmung mit Marktmeister Karl-Heinz Kirschenlohr, der die Situation drinnen aufmerksam beobachtet. Seine Aufgabe ist es, die Leute, die hier einkaufen, an den Mindestabstand zu erinnern, sofern sie ihn nicht ohnehin einhalten. Er weist auch alle, die noch mit anderen ein Schwätzchen halten wollen, darauf hin, dies bitte nicht auf dem Markt, sondern außerhalb zu tun.
Marktmeister Karl-Heinz Kirschenlohr weist die Kunden darauf hin, dass sie mindestens anderthalb Meter Abstand halten sollen. Foto: KazBei der Ein- und Ausgangskontrolle in Neuenheim funktioniert erst mal alles nach Augenmaß. Der Marktmeister ist mit den beiden "Blaumännern" draußen in Kontakt. "Die verteilen jetzt wenigstens keine Strafzettel", freut sich eine Kundin, die sich in der Warteschlange in der Lutherstraße erst mal hinten angestellt hat, aber ganz gelassen darauf wartet, bis sie rein darf. Viele Besucher des Wochenmarktes tragen Mundschutz, einige Marktstände sind mit Folien geschützt. Generell gilt: Bitte nichts anfassen! Darauf weisen die Standbetreiber auf Schildern hin oder auch im Gespräch mit der Kundschaft.
Trotz der Warteschlange vor dem Wochenmarkt ist die Lage aber auch irgendwie entspannt. Nur ein Herr meint angesichts der Einlasskontrolle eher scherzhaft. "Jetzt sind wir beim Überwachungsstaat angelangt." Ein junges Paar stellt sich erst gar nicht an und beschließt, dann doch lieber am späten Abend in den Supermarkt zu gehen.
"Das ist jetzt erst der Anfang, das muss sich alles erst noch einspielen", so der Marktmeister über die neue Situation. Wie er sagt, ist der Marktplatz in Neuenheim normalerweise mit rund 30 Ständen bestückt, momentan seien es etwa 10 weniger. Das sorgt für ein bisschen mehr Freiraum zwischen den Ständen und dafür, dass sich die Kundschaft nicht zu nahe kommt. Inzwischen gibt es auch Anweisungen dahingehend, wie man sich an bestimmten Ständen anstellen soll. "Ich habe den Spargel vergessen", fällt einem Mann ein, als er den Wochenmarkt gerade verlassen hat und hofft, dass ihn der Blaumann am Eingang nochmals kurz rein lässt.
"Manche Leute werden aggressiver, weil sie sich halt doch irgendwie eingesperrt fühlen" – auch das hat Karl-Heinz Kirschenlohr beobachtet. Währenddessen wird am Stand einer Handschuhsheimer Gärtnerei der letzte Feldsalat verkauft. Auch die ersten Blattsalate der Saison gehen kistenweise weg. "Die Leute kaufen wie verrückt, obwohl das ja eigentlich verderbliche Ware ist", freut sich ein Gärtner.
Handschuhe tragen, die Stände mit Folie schützen: Auch dies gehört zu den neuen Richtlinien für die Standbetreiber. Alle tun ihr Bestes, damit sich das Coronavirus hier nicht ausbreiten kann. Neue Marktrealität in Neuenheim.