Von Holger Buchwald
Heidelberg. Wie Heidelberg in den letzten 75 Jahren sein Gesicht veränderte – darum geht es in der RNZ-Serie "Einst und Jetzt". Alle Leserinnen und Leser sind dazu aufgerufen, ihre Alben durchzublättern und uns Fotos aus den letzten siebeneinhalb Jahrzehnten zuzusenden. Unser Fotograf fängt die gleiche Stelle dann noch einmal aus dem gleichen Blickwinkel ein. In der heutigen Folge geht es um den Wormser Hof in der Hauptstraße, der früher die Lux-Harmonie-Kinos beherbergte.
Die historische Aufnahme aus dem Jahr 1973 stammt von Dorit Gondek aus Brühl, besser gesagt war der Fotograf ihr verstorbener Ehemann. "Er ist im Pfaffengrund aufgewachsen und ist in seiner Freizeit viel in Heidelberg herumgelaufen und hat fotografiert", erinnert sie sich. "Seine Schwarz-Weiß-Fotografien füllen ganze Alben." Gerne stöbere sie darin herum.
"Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle" mit Bud Spencer und Terence Hill und der Western "Keine Gnade für Ulzana" mit Burt Lancaster liefen gerade im Lux-Harmonie, daher muss das historische Foto aus dem Frühjahr 1973 stammen. In der Hauptstraße lagen noch Straßenbahngleise, der Autoverkehr war noch nicht aus der Einkaufsmeile verbannt. Wobei: So ganz ist er das ja heute, 48 Jahre später, auch noch nicht.
Wehmut wird beim Anblick ihres alten Kinos bei vielen Heidelbergerinnen und Heidelbergern aufkommen. Etliche von ihnen werden dort ihre ersten Verabredungen gehabt haben, oder sie haben im Lux-Harmonie nach einer Vorlesung an der Uni einfach noch mit Freunden einen Film angesehen. Mehr als 57 lange Jahre war es eine Kultur-Institution in der Altstadt.
Eröffnet wurden die Kinos am 21. Dezember 1956 nach fünfmonatiger Bauzeit – und mit 1750 Sitzplätzen in zwei Sälen. Ein Jahr zuvor hatten die Süddeutschen Filmbetriebe Hubertus Wald den Wormser Hof gekauft. 1981 wurde das Harmonie-Kino – mittlerweile in den Händen der Riech-Gruppe, und als Ufa-Filmpalast bezeichnet – in ein Kinocenter mit vier Kleinkinos umgewandelt. Ende der 1990er Jahre wurden die Kinos modernisiert, die sechs Säle mit ihren 1105 Plätzen bekamen unter anderem neue Sitze. Die Ufa meldete 2003 jedoch Konkurs an. Ein Tochterunternehmen des Kinokonzerns Cinestar übernahm, bis schließlich Mitarbeiter ab dem Jahr 2012 versuchten, den Niedergang ihres Kinos aufzuhalten. Am 29. Januar 2014 war dann endgültig Schluss.
Nachdem die Idee, dort ein großes Bekleidungsgeschäft zu etablieren, gescheitert war, wurde der Wormser Hof an die Silva Grundstücksverwaltung GmbH verkauft. Bauherr Axel Manthey ließ ab den Sommerferien 2017 den alten Kinosaal am Theaterplatz abreißen. Die Fassade wurde komplett restauriert. Heute gibt es Fensterläden, im Erdgeschoss ist die Supermarktkette Tegut eingezogen.