Gedenken an die Opfer von Hanau. Foto: Joris Ufer
Von Joris Ufer
Heidelberg. Zum Jahrestag des rassistischen Terroranschlags in Hanau 2020, bei dem neun Menschen ermordet wurden, fanden in Heidelberg am Freitag zwei Protestaktionen zum Gedenken der Opfer statt. Mehr als hundert Menschen sammelten sich erst am alten Anatomiegarten in der Hauptstraße und dann am Bismarckplatz. In mehreren Reden forderten Aktivisten des Bündnisses "Erinnern Verändern" eine konsequente Aufarbeitung und politische Konsequenzen. Um die Opfer in den Mittelpunkt zu stellen, gaben die Mitglieder des Bündnisses ihre eigenen Namen nicht preis.
Gedenken an die Opfer des Anschlags von HanauEs begann ruhig, als sich um 15 Uhr einige Dutzend Personen am Anatomiegarten sammelten. An einem Tisch hingen Bilder und Namen der Toten. Zwei Aktivisten hielten ein Banner hoch, auf dem "Hanau war kein Einzelfall!" und die Forderung nach "Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen" stand - vier Punkte, die sich wie ein roter Faden durch die Kundgebung zogen. Organisiert wurde die Aktion von Mitgliedern des Heidelberger Bündnisses "Erinnern Verändern" in Kontakt mit der Hanauer Initiative "19. Februar". An diesem Tag im Jahr 2020 erschoss ein Rechtsterrorist aus rassistischen Motiven neun Hanauer Bürger mit Migrationshintergrund und tötete im Anschluss auch seine Mutter und sich selbst.
"Wir stehen heute hier, um den Forderungen der Angehörigen und Überlebenden von Hanau Gehör zu schenken", erklärte eine Rednerin des Bündnisses, während sich der Platz in der Altstadt schnell füllte. Zahlreiche Passanten blieben stehen, um zuzuhören und innerhalb von 20 Minuten hatten sich bereits knapp hundert Menschen versammelt. Wiederholt spielten die Aktivisten kurze Audiodateien ab, in denen Überlebende von ihren Erfahrungen an jenem Tag und Angehörige über die Verstorbenen sprachen. Die Menschenmenge wurde still, während unter anderem eine aufgezeichnete Rede von Emis Gürbüz, Mutter des ermordeten Sedat Gürbüz, aus den Lautsprechern zu hören war. Sie berichtete von ihrem Sohn und sagte mit brüchiger Stimme: "Von jetzt auf gleich war unser Leben zerstört." Sie wünsche sich, dass die Behörden ihre Arbeit machten, damit keine weitere Familie dasselbe erleiden müsse.
Immer wieder warfen Angehörige und Aktivisten der Polizei vor, nicht konsequent genug gehandelt zu haben, obwohl vieles zu verhindern gewesen wäre, wenn sie ihre Arbeit richtig getan hätten. Eine Rednerin sprach auch den strukturellen Rassismus in Politik, Behörden und Gesellschaft an und hielt fest, dass rassistische Rhetorik nicht nur von der AfD genutzt würde.
Im Gespräch mit der RNZ sagte ein Mitglied des Bündnisses: "Es geht nicht um die Namen der Menschen, die hier erinnern wollen, sondern um die Namen der Menschen, an die wir erinnern wollen." Aus diesem Grund hätten sie es vorgezogen, ihre eigenen Namen zu verschweigen. Das größte Versäumnis sehe er darin, dass "Nazis und Rassisten immer noch Waffen haben und legal Waffen erwerben dürfen". Zudem würde das Problem häufig nicht richtig anerkannt, sondern weiter verharmlost.
Ähnlich verlief auch die Versammlung auf dem Bismarckplatz, die gleich im Anschluss um 16 Uhr begann. Von Seiten der Aktivisten hieß es dazu, dass sie dort zum einen weitere Menschen erreichen und die Menge zum anderen aus Gründen des Infektionsschutzes entzerren wollten. Es war eine andächtige Stimmung, als eine Rednerin zu Beginn für jedes Opfer eine Schweigeminute ausrief. Trotz des im Rahmen der Abstandsregeln vollen Platzes waren nur die Motoren der vorbeifahrenden Autos zu hören, während nach und nach die Namen aller neun Ermordeten aufgezählt wurden:
Ferhat Unvar.
Gökhan Gültekin.
Hamza Kurtovic.
Kaloyan Velkov.
Mercedes Kierpacz.
Said Nesar Hashemi.
Sedat Gürbüz.
Vili Viorel Paun.
Fatih Saraçoglu.
Update: Freitag, 19. Februar 2021, 19.15 Uhr