Aktivisten erinnerten an das Kriegsende in Europa am 8. Mai
Im Gedenken an die Befreiung von den Nationalsozialisten - 150 Menschen bei Kundgebung
Von Arnd Janssen
Heidelberg. Erst in wenigen Bundesländern ist der Tag ein staatlicher Gedenktag: Der 8. Mai ist in der Erinnerungspolitik der Deutschen umstritten. Das wollen Vertreter der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), des Friedensbündnisses Heidelberg sowie weitere Initiativen ändern. Am Samstagnachmittag veranstalteten sie die alljährliche Kundgebung am 8. Mai im Gedenken an das Kriegsende in Deutschland und die Befreiung von den Nationalsozialisten. Beim Demonstrations-Zug von der Stadtbücherei zur Neckarwiese riefen rund 150 Menschen Parolen gegen Faschismus und rechtes Gedankengut.
Ein zentrales Anliegen der Aktivisten war der Wunsch, den 8. Mai als offiziellen Feiertag anzuerkennen. "Der 8. Mai als Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg muss endlich in ganz Deutschland ein offizieller Gedenktag werden", forderte Silke Makowski von der VVN-BdA. Sie zitierte auch die Holocaust-Überlebende Esther Bejarano, die in einem offenen Brief äußerte: "Es ist für uns unerträglich, wenn Menschen wieder Nazi-Parolen in den Straßen brüllen". Auch Bejarano setzt sich für die Würdigung des 8. Mai ein: "Das ist überfällig seit sieben Jahrzehnten." Makowski mahnte weiter: "Der 8. Mai ist nicht nur ein Tag der Freude, denn wir denken an alle, die ihr Leben lassen mussten, etwa weil sie von den Nazis als ‚asozial‘ oder ‚lebensunwert‘ erachtet wurden."
Joachim Guilliard vom Friedensbündnis betonte die Rolle der sowjetischen Truppen beim Zurückdrängen der Wehrmacht und der Niederschlagung des NS-Regimes und daran, dass sie dafür mit den höchsten Opferzahlen aller Kriegsmächte bezahlen mussten. Er appellierte daher an die Friedensverantwortung Deutschlands und eine Mäßigung in Bezug auf Russland heute: "Berlin muss seine aggressive Rhetorik einstellen und auf Kooperation setzen", so Guilliard.
Mia Lindemann von der Seebrücke Heidelberg erinnerte: "1945 wurden Täter wieder in die Ämter gehoben. Niemand hatte was gewusst, niemand hatte Hitler gewählt." Daher dürfe die Aufarbeitung der eigenen Schuld nie aufhören. Lindemann schlug eine Brücke von der Verantwortung aus der Geschichte zur Offenheit gegenüber Geflüchteten und wies auf das Jahr 1993 hin, als Deutschland sein Asylrecht stark einschränkte. "Seit 1933 nahmen bis zu 80 Staaten deutsche Flüchtlinge auf, Schweden rettete Juden aus Norwegen und Dänemark", erklärte sie. Heute mache sich Europa zur Festung.
Auch interessant
Die Redner erinnerten auch an den Standort des alten Heidelberger Bahnhofs, der sich im Bereich der Kundgebung an der Stadtbücherei befand und von dem im Jahr 1940 Deportationszüge mehr als 240 Juden und weitere NS-Opfer in Konzentrationslager brachte. Michael Dandl von der VVN-BdA prangerte auch die Rolle der Deutschen Bank an, die Kredite für Baufirmen vergab, welche für die Errichtung der Konzentrationslager verantwortlich waren: "Sie hat letztendlich zum NS-Mord beigetragen."