Michael Fröhlich vom Fahrradclub (rechts) und Micha Hörnle (RNZ) messen in der Wolfsbrunnensteige den Abstand zwischen dem Kölner Teller und dem Bordstein. Fotos: Rothe
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Die Schlierbacher Wolfsbrunnensteige ist seit den Vorfällen um die "Kölner Teller" zum Stadtgespräch geworden. Am 30. Oktober stürzte dort ein Radfahrer so unglücklich und schwer, dass er mit den Kopf gegen eine Hauswand prallte und kurz darauf starb. Erst am Montag verlor erneut ein 74-jähriger Schlierbacher die Kontrolle über sein Rad, als er über die Teller gefahren war. Er kam mit Prellungen und einer Platzwunde am Kopf ins Krankenhaus.
Daher lud die RNZ-Stadtredaktion jetzt zum Vor-Ort-Termin nach Schlierbach ein - geladen waren Michael Fröhlich vom Allgemeinden Deutschen Fahrradclub (ADFC) und ein Vertreter des Amtes für Verkehrsmanagement. Doch die Stadt sagte den Termin ab - wegen der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die routinemäßig nach dem tödlichen Unfall eingeleitet worden sind. Und doch blieb der Vor-Ort-Termin nicht unbemerkt von Anwohnern und Passanten.
An der Stelle, wo vor über drei Wochen ein Radfahrer verunglückte, haben Passanten Kerzen und Blumen niedergelegt.Der Radexperte: Michael Fröhlich vom ADFC sieht sofort die Schwachstellen: Bergab sind die Kölner Teller zu schwer zu sehen - oft auch bei dem Tempo, dass Radfahrer bergab so drauf haben. Es gibt zwischen Rand und Teller zu wenig Platz - zumindest in der mittleren Doppelreihe. Fröhlich empfiehlt, klar markierte Radfurten einzurichten, damit jedem klar ist, wie man zu fahren hat.
Außerdem empfiehlt er, die Metallnoppen deutlicher zu markieren: "Das Warnschild gehört auf die Straße gemalt." Damit die schraffierten Flächen nicht ständig "überfahren" werden, sollten hier Bordsteine gesetzt werden. "Dass die Anwohner hier eine Verkehrsberuhigung brauchen, ist unbestritten.
Aber jeder Aufwand, der hier einen weiteren Unfall, am Ende gar einen tödlichen verhindert, ist sein Geld wert." Und daher fordert er: "Die Kölner Teller sollten durch Berliner Kissen ersetzt werden. Die bremsen den Verkehr genauso gut, sind aber für Radfahrer viel weniger gefährlich."
Die Situation: Tatsächlich fahren die Autos langsam über die Noppen, die oberste Doppelreihe versuchen viele zu umkurven, indem sie über die schraffierte Fläche fahren. Um das zu verhindern, hatten dort Anwohner einige Räder abgestellt. "Die mussten wir aber auf Anordnung der Stadt entfernen", sagt einer von ihnen. Und seitdem brettern die Autos über die Fläche.
Für Radfahrer ist es vor allem bergab gefährlich. Das beginnt schon damit, dass man nur schwer die Kurve für die erste Noppenlücke kriegt. Ein abmarkierter Parkplatz sorgt dafür, dass sich der Radfahrer extrem konzentrieren muss, um den richtigen Winkel für die Furt zwischen Teller und Bordstein zu finden.
Dennoch haben die Radler hier relativ viel Platz, an den Noppen vorbeizukommen: gut 1,28 Meter. In der mittleren Reihe sind es nur 64 Zentimeter, in der unteren 86 Zentimeter. Der Hersteller empfiehlt einen Meter Abstand zwischen Teller und Fahrbahnrand.
Der Verletzte: Die größte Überraschung war, dass am Mittwoch tatsächlich der Mann vorbeikam, der sich am Montag verletzt hatte. Der 74-Jährige geht zwei Tage nach dem Unfall an Krücken, er wirkt ganz munter - und sagt über den Unfall: "Eigentlich habe ich Schwein gehabt."
Er trug einen Helm, was ihn wohl vor Schlimmerem bewahrte. Er ist absolut kein Neuling in der Wolfsbrunnensteige: "Ich fahre seit 1990 hier den Berg runter. Aber ich habe an diesem Tag einfach die Kölner Teller nicht wahrgenommen, weil sie sich nicht von der Zahl 20, die auf die Straße aufgemalt ist, abheben."
Tatsächlich kommen die Noppen bergab recht plötzlich, erst hinter ihnen gibt die 20 die Höchstgeschwindigkeit an. Das Warnschild "Unebene Fahrbahn" ist zu hoch angebracht, also nicht unbedingt in der Blickhöhe der Fahrradfahrer. Aber der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, schiebt die Schuld nicht auf andere: "Es war ja mein Versagen in diesem Moment, ich war in Gedanken woanders."
Die Anwohner: Doris und Erich Kilian wohnen seit drei Jahren am untersten Haus der Wolfsbrunnensteige - und sie regen sich seit Langem über die rasenden Autofahrer auf. "Uns als Anwohnern ging es ja gar nicht um die Kölner Teller. Wir wollten eigentlich nur sichere Fußwege, gerade für die Schulkinder", sagt Doris Kilian.
Das Ehepaar kann lange berichten von rüpelhaften Autofahrern, von den vielen Schmähungen seit dem tödlichen Unfall, aber beide sagen auch: "Seitdem es hier die Kölner Teller gibt, fahren die Autos langsamer." Und dafür sind sie ja auch da.