EMBL-Direktorin Edith Heard (links) überließ Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (2.v.l.) die ehrenvolle Aufgabe, den Deckel über dem Grundstein zu verschrauben. Foto: Rothe
Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg baut seine internationale Spitzenstellung in der molekularbiologischen Forschung aus. Forscher, Politiker und Industriepartner feierten am Montag die Grundsteinlegung für das neue Imaging Centre (IC) auf dem EMBL-Campus an der Südwestflanke des Königstuhls. Wenn das "Bildgebungs-Zentrum" 2021 fertig ist, können dort Forscher aus aller Welt mit den modernsten Mikroskopie-Technologien arbeiten.
"Das wird weltweit einzigartig", sagt Projektleiter Jan Ellenberg. "Bisher gibt es keinen Standort, der alle modernen bildgebenden Technologien vereint." Der Molekularbiologe fiebert dem Neubau entgegen. "Aktuell revolutionieren die bildgebenden Verfahren die Lebenswissenschaften", erklärt er den Hintergrund des Projekts. Denn durch den rapiden technischen Fortschritt können Forscher nun erstmals im lebenden Organismus beobachten, was auf molekularer Ebene vor sich geht. "Noch vor fünf Jahren war das nicht möglich", sagt Ellenberg.
Mit Entwicklungen wie der superauflösenden Fluoreszenzmikroskopie (Chemie-Nobelpreis 2014 für Ex-EMBL-Forscher Stefan Hell) und der Kryo-Elektronenmikroskopie (Chemie-Nobelpreis 2017 für Jacques Dubochet, der das Verfahren einst am EMBL entwickelte) können die Forscher nun Dinge sehen, die ihnen Jahrzehnte lang verborgen blieben.
Das Imaging Centre wird ein offener, lichtdurchfluteter Bau. Foto: pr
Das Herzstück des Zentrums, das als offener, lichtdurchfluteter Bau auch architektonisch etwas hermacht, wird aus hochwertigen Elektronen- und Lichtmikroskopen bestehen. "Sehen heißt Verstehen", sagt Ellenberg. Erst mit den neuen Technologien könne man nun sehen, was genau in Molekülen ablaufe - und damit auch besser verstehen, warum Organismen krank werden. Diese Grundlagenforschung, so Ellenbergs Botschaft, kommt in Zukunft also allen Menschen zugute. Erst einmal ist das Imaging Centre aber eine gute Nachricht für Forscher weltweit. Denn gebaut wird es nicht in erster Linie für die EMBL-Mitarbeiter, sondern für Gastwissenschaftler. Bis zu 300 von ihnen aus allen Ländern der Erde werden dort mit der neuesten Technologie arbeiten können - unter Anleitung der hochqualifizierten Experten vom EMBL. "Viele Forscher haben noch keinen Zugang zu diesen Technologien - deshalb wollen wir unser Wissen und den technischen Fortschritt teilen", so Ellenberg.
Dabei setzt das EMBL auf eine einzigartige Zusammenarbeit mit der Industrie. Rund 13 Millionen Euro gaben die drei Unternehmen Thermo Fisher Scientific, Leica Microsystems und Zeiss. Diese Zusammenarbeit macht möglich, dass den Forschern im IC auch vollkommen neue, noch nicht kommerziell erhältliche Entwicklungen zur Verfügung stehen. Umgekehrt spielen die Forscher ihre neuesten Erkenntnisse direkt zurück an die Industrie. Auch die Boehringer Ingelheim Stiftung legt fünf Millionen Euro dazu.
Den Löwenanteil der Gesamtkosten von 48 Millionen Euro trägt aber die öffentliche Hand: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung gibt knapp 30 Millionen Euro, das Land Baden-Württemberg 3,3 Millionen Euro. Das EMBL selbst, das von 26 europäischen Staaten gemeinsam finanziert wird, trägt 2,3 Millionen Euro bei.
Und auch ein lokales Unternehmen hilft: Heidelberg Cement sponsert die Baumaterialien. Vorstandschef Bernd Scheifele zeigte sich am Montag beeindruckt von der öffentlich-privaten Kooperation: "Als wir gefragt wurden zu helfen, habe ich meinen Leuten gesagt: Das wird so lange dauern, bis dahin werde ich sowieso in Rente sein." Dass von der ersten Idee für das Zentrum im Jahr 2014 bis zur Grundsteinlegung nur fünf Jahre vergehen würden - damit hatte Scheifele nicht gerechnet. Diese Leistung hob auch Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hervor: "Das Imaging Centre ist das Ergebnis einer einzigartigen Kooperation, bei der alle an einem Strang gezogen haben."
Bauer war es auch, die höchstpersönlich mit dem Akkuschrauber den Deckel über dem durchsichtigen, prisma-förmigen Grundstein schloss. Wenn das IC steht, wird er noch zu bewundern sein: Denn er wird Teil der Mauer hinter einem der Kryo-Elektronenmikroskope - und eine transparente Scheibe gewährt dann einen Blick auf den Grundstein. Ohnehin wird sich auch für Laien ein Besuch lohnen. Denn im großen Atrium des Gebäudes ist eine Ausstellung über Molekularbiologie und die moderne Mikroskopie geplant - lediglich dafür fehlen noch die Sponsoren.