Von Reinhard Lask
Mittags hatten noch Prüfungen in den neuen Räumen der Schiller International University stattgefunden. Abends feierten rund 50 Studenten den 47. Winterball in der Halle 02, direkt gegenüber von ihrem Campus in der Bahnstadt. Die private Hochschule, die 27 Jahre lang in der idyllischen Villa Krehl in Handschuhsheim residierte, war im Juni als erster Mieter in die "Skylabs" gezogen.
Walter Leibrecht hatte die private amerikanische Universität 1964 in Marbach gegründet, nach ihm führte sein Sohn Thomas die Hochschule. Kürzlich wechselte er als Chairman in den "Aufsichtsrat". Oft schon habe er das Vorurteil gehört, dass man sich an privaten Unis das Diplom kaufen könne, meinte Leibrecht in seiner Ansprache. Er nimmt das mit Humor. "Das Einzige, was man sich hier kaufen kann, ist der Tritt in den Hintern, wenn man sich gehen lässt", sagt er und grinst dabei selbst wie ein Lausbub.
Nach so langer Zeit die alten Gefilde zu verlassen, erfüllt ihn mit etwas Wehmut: "Natürlich sah die Villa mehr nach amerikanischer Eliteuniversität aus", sagt er. Dann schlägt aber das typisch amerikanische positive Denken durch: "Allerdings waren die Räume dort für manche Sachen zu klein, und wir haben nun eine bessere technische Infrastruktur."
Die Studenten sehen das ähnlich. "Knapp die Hälfte vermisst das historische Ambiente", sagt Michael Reynon, Leibrechts Nachfolger als Direktor. Die US-Studenten mögen das Iyory-League-Ambiente des alten Gebäudes, viele Studenten aus dem Nahen und Mittleren Osten sähen darin eher ein Ausdruck von Rückständigkeit. "Denen sagt die moderne Architektur der Skylabs zu", sagt Reynon. Mit solchen kulturellen Unterschieden haben Studenten wie Dozenten täglich zu tun. "Genau das macht den Reiz der Schiller University aus", sagt Leibrecht. 120 Studenten aus 42 Nationen studieren derzeit in Heidelberg. "Das geht nicht ohne Respekt. Das ist der wichtigste Punkt gegenüber jedem eurer Mitmenschen", sagt Reynon in seiner Ball-Ansprache. Anders sein, die eigene Stimme finden, sich engagieren und seine Vision finden - so lauten Reyons Ziele für die Zukunft der Studenten und die neue Schiller-Ära in der Bahnstadt.
"Die neue große Uni fühlt sich gut an", sagt Pedro Coghi, Vorsitzender des "Student Gouvernement", wie sich die Studentenvertretung nennt. Ganz Diplomat, fügt er hinzu, dass auch die Villa Krehl ihre Reize hatte. Doch Räume spielen für ihn keine so große Rolle. Er schätzt vor allem die Internationalität der Schule, dass man viele andere Kulturen kennenlerne und auch von diesen lerne.
1964 war die Schiller Universität ein "Liberal Arts College" mit breiter geisteswissenschaftlicher Ausrichtung. Heute dominieren die angewandten Wirtschaftswissenschaften. Man studiert International Business, International Economics oder macht seinen Master of Business Administration. Geblieben ist die interkulturelle Ausrichtung. Doch die Stärke der Nationen schwankt. In den 1970er Jahren kamen viele Nigerianer. Nach dem EU-Beitritt waren die skandinavischen Länder stark vertreten, da es Bafög für private Universitäten gab. Mit dem Abzug der US-Truppen wird es weniger US-Amerikaner geben, die lange Zeit die stärkste Gruppe stellten. Allein zehn Prozent der Studenten gehören den US-Streitkräften an. Doch bereits dieses Jahr stellt ein anderes Land die meisten Schiller-Studenten: Kasachstan.