15 Minuten hatten Bewerber und Unternehmen jeweils, um sich kennenzulernen - oft mit Erfolg: Daraus resultierten einige Praktika. Foto: Alex
Von Marion Gottlob
Heidelberg. Großer Erfolg für die Bürgerinitiative "Kirchheim sagt Ja": Frederik Breuer, Hannelore Beust und Lida Nada hatten die Idee, ein Job-Speed-Dating für Flüchtlinge zu organisieren. Vorbild war die Industrie- und Handelskammer, die regelmäßig ein solches Format für junge Menschen ohne Lehrstelle und Unternehmen ohne Azubis anbietet. Allerdings: Mit dieser Resonanz hatten die Kirchheimer nicht gerechnet. An der Aktion beteiligten sich rund 90 Flüchtlinge aus Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis und mehr als 20 Unternehmen - sehr zur Freude von Peter Moskob vom Caritas-Verband: "Ein Stadtteil-Projekt strahlt in die ganze Region aus." Und nicht nur das, es gab auch gleich handfeste Erfolge zu vermelden: Einige Firmen haben mit ihren Bewerbern sofort Praktika vereinbart.
Im Bürgerzentrum hatte jedes Unternehmen einen eigenen Tisch. Im 15-Minuten-Takt stellten sich Flüchtlinge als Bewerber für ein Praktikum oder einen Ausbildungsplatz vor. Freude und Frust lagen da nahe beieinander. Bewerber mit guten Deutsch-Kenntnissen waren klar im Vorteil. Mitarbeiter von Firmen mit internationalem Team konnten mit den Kandidaten gut umgehen - sie sprachen in kurzen Sätzen und ließen sich nicht täuschen, wenn ein Kandidat nach Worten suchte. Andere Unternehmensvertreter hingegen wählten ein Deutsch, das auch für manchen Muttersprachler schwierig gewesen wäre.
Lida Nada von der Caritas Heidelberg hatte vielen Flüchtlingen geholfen, eine Bewerbungsmappe mit Lebenslauf zu erstellen, vom EMBL kam zudem ein Fotograf für Bewerbungsfotos. Mehr als 50 Flüchtlinge waren so optimal für das Dating vorbereitet. Andere hatten sich kurzfristig gemeldet. "Die Flüchtlinge sind motiviert. Viele wünschen sich eine Ausbildung, um hier eine Heimat zu finden," so Nada. Andere Flüchtlinge erhoffen sich mit der Ausbildung bessere Chancen für das Aufenthaltsrecht.
Die meisten Flüchtlinge oder Migranten interessierten sich für den Beruf des Kfz-Mechatronikers. Doch es gibt auch andere interessante Berufe im Bereich des Metallbaus: Beispielsweise sucht Gernot Kadner von der Schlosserei der Stadt Heidelberg Azubis. Bewerber Baba aus Afghanistan zeigte ein Zeugnis mit Bestnoten, beherrscht die Fremdsprachen Türkisch und Persisch, seine Hobbys sind Fuß- und Volleyball. "Ich habe die körperliche Kraft für den Beruf", betonte der junge Flüchtling. Kadner erklärte ihm, warum Deutsch so wichtig ist: "Es geht unter anderem um den Arbeitsschutz und die Sicherheit."
Zeitgleich sprach Giuseppina Rindone vom Ausbildungsverbund Ikubiz aus Mannheim mit Ali aus Afghanistan. "Ich möchte meinen Lebensunterhalt verdienen", meinte dieser. Rindone wird den Kandidaten bei zwei Unternehmen der Region für eine Ausbildung zum Verkäufer vorschlagen. Einer anderen Kandidatin mit dem Wunsch nach einer Ausbildung zur Friseurin oder Schneiderin dagegen empfahl sie: "Besuchen Sie weitere Deutsch-Kurse, dann wird das gelingen."
Große Zufriedenheit herrschte auch bei Sascha Trotto vom Stuckateurbetrieb Rolf Becker. Er hat mit Bewerbern aus Gambia, Kamerun und von der Elfenbeinküste gesprochen - eventuell werden alle drei Kandidaten ein Praktikum bei ihm absolvieren. Christian Pfisterer vom Obstbau Pfisterer hat ebenso Kandidaten für Praktika gefunden: "Wir reden zur Not mit Händen und Füßen."
Nadine Kraus, die Leiterin der Altenpflegehelfer-Schule für Migranten des MaxQ-Bildungszentrums, konnte ebenfalls zwei Männer aus Gambia und Afghanistan gewinnen und wird bei der Suche nach einem Ausbildungs-Altenheim helfen.
Die Vorbereitung zum Speed-Dating dauerte mehrere Monate. Hans-Hermann Büchsel und Bezirksbeirätin Hannelore Beust von "Kirchheim sagt Ja" sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden: "Wir wollen vom friedlichen Nebeneinander zum friedlichen Miteinander finden." Das Projekt soll ein Beitrag dazu sein - genauso wie zum Internationalen Fest zum 1250-jährigen Jubiläum des Stadtteils Kirchheim.