Manuel Seifried (links) und Florian Horsch sind zwei der sechs Aktivisten, die sich nach Weihnachten auf den Weg auf den Balkan machen. Den Transporter und die Kochausrüstung liehen sie sich beim Partyservice von Horschs Vater. Foto: Lerato Gantner
Von Denis Schnur
Während in Deutschland geschaut wird, wie Flüchtlinge möglichst winterfest untergebracht werden können, herrscht in Osteuropa vielerorts ein deutlich größeres Chaos: Mit Grenzschließungen, Zäunen und dem Einsatz von Militär gegen Flüchtende zeigt sich Europa dort von seiner hässlichen Seite. Regelmäßig wird über die miserable Versorgung der Menschen auf der Flucht berichtet. Dem konnten auch die drei Heidelberger, die Anfang des Monats den Verein "Soup & Socks" gründeten, nicht entgehen - aber irgendwann wollten sie mehr tun, als die Köpfe zu schütteln.
"Es wird viel diskutiert, ob wir das schaffen oder überhaupt schaffen wollen", erklärt der Wirtschaftsingenieur Florian Horsch (29), einer der Gründer. "Wir wollen gerne ein Teil der Lösung sein, nicht nur diskutieren". Gemeinsam mit dem angehenden Ingenieur Manuel Seifried (28), mit dem er in Heidelberg zur Schule gegangen ist, kam er zum Schluss, aktiv bei der Bewältigung der Misere helfen zu wollen. Nur wie? Es sollte etwas sein, das die drei Männer besser können als andere. Also begann man, ein wenig "rumzuspinnen". Und dann kam, was Horsch "die Erleuchtung" nennt: "Mein Bruder und ich sind in einer Gastro-Familie groß geworden. Der beste Beitrag, den wir also gerade leisten können, ist Kochen." Jener Bruder, Tobias Horsch, hat eine Ausbildung zum Koch absolviert, arbeitet zurzeit in Bern und war sofort Feuer und Flamme für die Idee. Und was eignet sich zum Wintereinbruch besser als warme Suppen?
Vom Partyservice des Vaters Werner Horsch können sich die Helfer zwei Transporter und das Koch-Equipment für große Portionen leihen. Tobias sollte damit mindestens 600 Rationen täglich zaubern können. Ausgerüstet mit Gaskochern und Riesentöpfen wollen die Drei unmittelbar nach Weihnachten für zwei Wochen in Richtung Osten aufbrechen. Wohin genau, wissen sie nicht: "Wir gucken spontan, wo Not am Mensch ist", betont Florian Horsch. Von Osteuropa bis zur Türkei könnten sie überall ihre Verteilstation aufbauen. Schließlich ändern sich die Brennpunkte schnell, da die Flüchtlinge ihre Routen ständig anpassen müssen.
Bei der Suppe wollen es die drei Aktivisten aber nicht belassen, wenn sie schon mit zwei Transportern losfahren: "Fast niemand spendet Socken, weil man gebrauchte Socken nun mal in der Regel wegwirft", erklärt Seifried. Also fing man nebenher an, Socken zu sammeln und von Freunden stricken zu lassen.
Es war Anfang Dezember, als ein erstes Konzept stand. Florian Horsch kalkulierte das Vorhaben durch: "Für unser Mindestziel kam ich auf 7000 Euro. Das hat uns erst mal schockiert." Also musste man Geld beschaffen. Für den Anfang verzichtete das Trio auf Weihnachtsgeschenke zugunsten von Spenden. Gleichzeitig begannen sie, das Projekt zu professionalisieren, legten sich eine Homepage und eine Facebook-Seite zu. Mit Erfolg: Die 7000 Euro kamen in weniger als zwei Wochen zusammen.
Parallel zum Budget wuchs auch das "Soup & Socks"-Team auf sechs Mitfahrer an: Mit Sonja Noll fand sich eine Studienkollegin von Florian Horsch, die er als "absolute Anpackerin" bezeichnet. Mimi, die als Letzte dazugestoßen ist, war bereits an der ungarischen Grenze im Einsatz. Und mit Anton Knoblach ist ein Filmproduzent an Bord, der das Vorhaben dokumentiert. Das ist nämlich das zweite Ziel: Das Team will sich vor Ort auch ein Bild machen - und die Informationen, die es sammelt, möglichst ungefiltert in einem Newsletter und via Facebook an Spender und Bekannte weitergeben.
Und auch wenn das ursprüngliche Spendenziel schnell erreicht wurde, geht es weiter: "Nun einen Deckel auf den Suppentopf zu machen, ist für uns keine Option. Zu groß ist die Not vor Ort, zu groß der Wille, alles aus diesen zwei Wochen herauszuholen", schreiben die Sechs auf ihrer Seite. Stattdessen soll jeder zusätzliche Euro in Ergänzungen investiert werden. Darunter fällt etwa ein Wickelzelt mit frischen Windeln. Außerdem träumen Manuel und Florian davon, einen mobilen Hotspot mit W-Lan einzurichten. Schließlich sind die Flüchtlinge auf Informationen zu Grenzsperrungen, Wetter, Karten oder Warnungen vor Betrügern angewiesen.