Verschobene Großbaustelle macht Vollsperrung am Czernyring möglich
Die Arbeiten im Hauptbahnhof sollen erst zum 1. Juli 2018 beginnen - Einziges Angebot war sieben Millionen Euro teurer als geplant

Die Haltestelle am Hauptbahnhof soll von der Fahrbahnmitte der Kurfürstenanlage direkt an den Willy-Brandt-Platz verlegt werden. Zudem wird auch die Kreuzung von der Kurfürstenanlage und Lessingstraße neu gestaltet. Foto: Rothe
Von Micha Hörnle
Die für diesen Sommer geplante Großbaustelle am Hauptbahnhof wird um ein Jahr verschoben. Der Grund: Die Stadt musste sehr kurzfristig ausschreiben, und am Ende ging nur ein Gebot einer Bietergemeinschaft ein. Der Haken daran: Anstelle der kalkulierten 13,2 Millionen Euro forderten die Bauunternehmer 20,2 Millionen Euro, um die Haltestelle direkt an den Bahnhof zu verlegen und zugleich die Kreuzung Lessingstraße/Kurfürstenanlage umzugestalten - also rund 50 Prozent mehr. Das war für die Stadtverwaltung - sie ist neben den Stadtwerken und dem Nahverkehrsunternehmen RNV einer der Bauherren - dann doch zu viel: "Wir sind zu einem sorgsamen Umgang mit Steuergeld verpflichtet", sagte Baubürgermeister Jürgen Odszuck gestern der RNZ.
Dass es am Ende doch zu einer Neuausschreibung kommen wird, hat mehrere Gründe - und keinen richtigen Schuldigen. Zunächst saß den Planern die Zeit im Nacken: Der Bund hatte es bis vor Kurzem offengelassen, ob es eine Fortsetzung des bis 2019 befristeten Nahverkehrsförderprogramms geben wird. Das bedeutete, dass eigentlich alle Bauvorhaben im Rahmen des Heidelberger Mobilitätsnetzes bis Ende 2019 fertig gebaut und abgerechnet sein müssten. Und so schrieben die Heidelberger im Frühjahr in Windeseile die Bauleistungen für den Hauptbahnhof aus - und hatten dabei kein gutes Gefühl: "Das wäre schon knackig gewesen, wenn eine Bietergemeinschaft sich auf ein Gebot vom 1. April bewirbt, am 1. Juni den Zuschlag erhält und dann am 1. Juli anfangen soll zu bauen", meint Jürgen Weber vom Tiefbauamt. Normalerweise werden Großbaustellen im Herbst ausgeschrieben: Die Firmen versuchen dann, ihre Auftragsbücher zu füllen und haben genug Zeit, die Subunternehmer "einzukaufen".
Insofern war der Zeitpunkt wirklich ungünstig. Das einzige eingegangene Gebot sei "nicht unlauter" gewesen, betont Weber. Die Firmen hätten nur eventuelle Risiken und den enormen Aufwand, eine derart komplexe Baustelle zu koordinieren, eingepreist. Diese Extrakosten will Weber vermeiden: "Wir wollen uns jetzt noch einmal genau den Baustellenablauf betrachten, ihn optimieren und vor allem Stillstandszeiten vermeiden."
Denkbar wäre beispielsweise, das Vorhaben nicht als Gesamtpaket auszuschreiben, sondern in kleinere Abschnitte zu zerlegen, damit sich möglicherweise nicht nur mehr, sondern auch kleinere Unternehmen bewerben. Noch in diesem Herbst wird also neu ausgeschrieben - und da erhofft man sich "ganz andere Preise" (Odszuck).
Und da die Arbeiten in der hinteren Kurfürstenanlage nun erst einmal verschoben sind, will Weber "unbedingt alle Chancen nutzen, die laufenden Baumaßnahmen zu beschleunigen". So könnte der Umbau des Czernyrings - hier wird gerade die Bahnstadt-Straßenbahn gebaut - bei einer Voll- statt einer Teilsperrung viel schneller (und auch billiger) vonstattengehen.
Insofern ist niemand im Rathaus so richtig traurig, dass die Großbaustelle nun um ein Jahr verschoben wird - und zwar "um genau ein Jahr", wie Weber betont: Am 1. Juli 2018 wird definitiv Baubeginn sein - allein schon, weil die Straßenbahnlinie 5, die ehemalige OEG, nur zum Sommerfahrplan ihren Betrieb einstellen kann. Vor allem will die Stadt den sowieso schon von den Großbaustellen der B 37 in Kleingemünd und in der Eppelheimer Straße gebeutelten Autofahrern nicht noch mehr zumuten. Denn die Neugestaltung der gesamten Kreuzung Lessingstraße/Kurfürstenanlage ist eine Operation am offenen Herzen des Heidelberger Verkehrs.
Und vor allem fielen den Planern Wackersteine vom Herzen, als Anfang des Monats die Bund-Länder-Finanzbeziehungen neu geordnet wurden - und es aus Berlin ganz eindeutig hieß, dass es die bisherige Förderung des Nahverkehrsausbaus auch über 2019 hinaus - und vor allem zu den alten Konditionen - geben würde. Damit entfällt vor allem der enorme Zeitdruck - auch wenn die Baustelle am Hauptbahnhof "nur" ein Jahr dauern würde und dann spätestens im Herbst 2019 fertig wäre.