Literarischer Abend in besonderer Atmosphäre
Frank Heibert berichtet auf der "Neckarsonne" von seinem persönlichen Traumberuf

Erst kürzlich wurde Frank Heibert für seine Neuübersetzung von Raymond Queneaus "Stilübungen" ausgezeichnet. Auch daraus las er auf dem Solarschiff "Neckarsonne" vor. Foto: Philipp Rothe
Von Marie Lena Muschik
Heidelberg. An einem lauen Sommerabend hört man an Deck der Neckarsonne ein Sprachwirrwarr aus Französisch, Englisch und Italienisch. Bei strahlend blauem Himmel sind viele Leute "vom Fach", aber vor allem Literaturfreunde jeglicher Couleur gekommen, um den preisgekrönten Übersetzer Frank Heibert zu erleben. Bei einer Schifffahrt durch das Neckartal stellt er literarische Kostproben aus seinen liebsten Werken vor. Dabei gibt es nicht nur die eine oder andere Anekdote zu hören, am Ende werden seine Zuhörer noch auf ganz besondere Art überrascht.
Als das gläserne Solarschiff gerade unter der Alten Brücke hindurchfährt, stellt sich Frank Heibert braun gebrannt und mit Hut vor sein Publikum. Seine gewählten Worte und das strahlende Lächeln ziehen die Anwesenden sofort in ihren Bann: Eine Zuhörerin lehnt sich entspannt zurück, schließt die Augen, lässt sich die Abendsonne ins Gesicht scheinen und lauscht, wie der Übersetzer von seinem persönlichen Traumberuf berichtet. Frank Heibert bezeichnet sich selbst als "Chamäleon der Literatur, das sich aber nicht zur Tarnung anpasst, sondern um verschiedene Stimmungen auszudrücken".
Der mittlerweile in Berlin lebende Tausendsassa erinnert sich gut an die vielen Wochenenden in seiner Jugend, an denen er mit seinen Eltern die schöne Heidelberger Altstadt besuchte. Schon damals war er fasziniert von dem hübschen Städtchen - und auch heute begeistert ihn die tolle Kulisse, die ihm das ergrünte Neckartal für seine Erzählungen bietet.
Während seine Gäste bei einem kühlen Glas Wein zusammen sitzen, berichtet Heibert von den ersten, holprigen Gehversuchen als Literaturübersetzer, auf die er heute mit viel Vergnügen zurückblickt. Von Anfang an liebte er die Literatur und genießt es immer noch, in verschiedene Rollen zu schlüpfen und dabei jeder Figur ihre ganz eigene, besondere Stimme zu verleihen. "Ich schaue viel zu selten darauf, wer meine Bücher übersetzt hat", stellt eine Zuhörerin flüsternd für sich fest.
Als das Schiff den Motor ausstellt und langsam zur Wende ansetzt, hat Frank Heibert durch einige literarische Leckerbissen und seine Erlebnisse geführt: "Das Übersetzen muss keinesfalls der einsame Beruf sein, für den man ihn hält", sagt er. Vor allem gemeinsames Übersetzen mit seinem Lebenspartner und daher "Lieblingskollegen", wie er schmunzelnd hinzufügt, sei auch oft eine Herausforderung. Die habe er in seinem Leben aber nie gescheut. "Ihr sacht das is’ unübersetzbar? Das will ich doch mal sehen!", beschreibt er seine Einstellung, wobei ihm aber mehrmals das kabellose Mikrofon wortwörtlich "dazwischenfunkt". Trotz Batteriewechsel wird der Ton oft unterbrochen, was den Hörgenuss ein wenig schmälert.
Neckarabwärts steuert das Solarschiff nun wieder auf die Anlegestelle zu, es wird zunehmend kühler. Als sich Heiberts Erzählungen dem Ende neigen, rücken die Gäste etwas näher zusammen und der Übersetzer stellt die obligatorische Frage, ob sein Publikum noch etwas von ihm wissen wolle. Nach einem Moment der Stille greift eine junge Studentin mit geflochtenen Haaren aus der letzten Reihe nach dem Mikrofon: "Herr Heibert, ich habe gehört, sie sind auch Jazzsänger. Möchten Sie uns nicht noch etwas vorsingen?" Heibert lacht, seine Zuhörer klatschen begeistert. Er sammelt sich kurz, beginnt mit der linken Hand zu schnipsen - und stimmt schließlich Frank Sinatras "I've Got the World on a String" an. Plötzlich wird den Zuhörern wieder warm ums Herz - und die Probleme mit dem Ton sind spätestens jetzt vergessen.