Von Sebastian Riemer
Die RNZ hat im Gastronomie-Streit um den ehemaligen "Alten Kohlhof" immer wieder beide Seiten, Besitzer und Stadt, zu Wort kommen lassen. Die Eigentümerfamilie Hofbauer steht seit Monaten im Kreuzfeuer der Kritik. Sie wird angefeindet, verspottet und beschimpft - von Menschen, die sie gar nicht kennen, persönlich und im Internet. Nicht zuletzt deshalb hat die RNZ entschieden, die Entwicklung einmal ausführlich aus Sicht der Familie Hofbauer darzustellen. Die Stadt will sich aktuell nicht über das "privatrechtliche Verfahren" äußern. In einem langen Gespräch hat Michael Hofbauer der RNZ eine chronologische Rückschau gegeben - unterfüttert mit Dokumenten und Schriftwechseln.
> Sommer 2014: Die damaligen Besitzer des Anwesens, Sabine und Ulrich Stier, nehmen Kontakt mit den Hofbauers auf. "Zunächst wurden uns von Frau Stier Tassen und Teller aus der aufgelösten Gastronomie angeboten", sagt Michael Hofbauer. Doch dann kommt die Idee auf, den "Alten Kohlhof" als Dependance des Landguts Lingental in Leimen zu nutzen, das die Hofbauers seit 2012 betrieben haben. "Wir suchten Übernachtungsmöglichkeiten für unsere Hochzeitspaare und die engsten Familienmitglieder." Den Hofbauers schwebt ein Cafébetrieb in einem Teil des Gebäudes vor. In den anderen Teil soll das Gourmetrestaurant "oben" aus dem Landgut Lingental ziehen.
> Juni 2015: Der Kaufvertrag wird unterzeichnet. "Wir bekamen mit dem Kauf die Schlüssel", so Hofbauer. Erst danach habe sich gezeigt, dass die vorhandenen gastronomischen Einrichtungen nicht genutzt werden könnten. "Die komplette Küche musste raus." Weil der finanzielle Aufwand, alles neu zu machen, zu groß ist, ändern sich die Pläne: "Wir beschlossen, in einen Teil des Gebäudes zu ziehen, den Cafébetrieb nicht weiterzuverfolgen - und nur das Gourmetrestaurant mit Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste zu machen." Die Hofbauers beantragen bei der Stadt eine entsprechende Nutzungsänderung: Privatnutzung plus Gourmetrestaurant. Darin steht auch: "Ein Biergartenbetrieb soll nicht mehr stattfinden." Die Stadt genehmigt den Antrag. "Da gab es keinerlei Widerspruch", so Hofbauer, "ich hätte nie gedacht, dass es mit den Plänen irgendein Problem geben könnte."
> Februar 2016: Die Hofbauers ziehen in die sanierten Räume ein. "Als Nächstes wollten wir den Gastronomie-Trakt für das Restaurant sanieren", so Hofbauer.
> Mai/Juni 2016: Das Landgut Lingental wird bei mehrmaligen Überflutungen stark beschädigt. Da die Versicherung aufgrund der Wasserabflusssituation rund um das Landgut von einem "wiederkehrenden Schadensereignis" ausgeht und die Stadt Leimen erst 2018 einen neuen Kanal bauen will, bleibt nur noch die Schließung. "Wir waren aber ausgebucht und hätten nicht kurzfristig 50 Hochzeiten absagen können." Also werden die gebuchten Veranstaltungen noch durchgeführt. "Wir mussten nach jeder Hochzeit neu streichen, weil Wasser von der Decke tropfte." Im Oktober ist dann Schluss. "Damit hatten sich unsere Pläne für eine Gastronomie am Kohlhof zerschlagen."
> 20. Juni 2016: Hofbauer teilt dem Liegenschaftsamt der Stadt in einem Schreiben mit, dass eine Gastronomie am Kohlhof aus seiner Sicht nicht wirtschaftlich zu betreiben ist, nicht zuletzt, weil ein Investitionsstau von mindestens zwei Millionen Euro bestehe. Ein Gesprächstermin wird vereinbart.
> Juli/August 2016: Bei dem Termin am 19. Juli einigt sich die Stadt mit Hofbauer, dass er ein Gutachten über die Wirtschaftlichkeit einer Gaststätte vorlegen soll. "Ein ausführliches Gutachten hätte 6000 bis 10.000 Euro gekostet - und lange gedauert", so Hofbauer. Daher schreibt er der Stadt am 11. August, dass er lediglich eine gutachterliche Stellungnahme vorlegen werde. Falls dies der Stadt nicht ausreiche, könne sie ein eigenes Gutachten beauftragen, dass die wirtschaftliche Tragfähigkeit belegen müsste.
> September 2016: Michael Hofbauer erhält ein Schreiben der Stadt, das auf den 1. September datiert ist, der Poststempel trägt das Datum 5. September. Darin wird er aufgefordert, bis zum 5. September - also am selben Tag - ein sachlich fundiertes Gutachten vorzulegen. Hofbauer antwortet am Tag darauf und macht auf die nicht erfüllbare Frist aufmerksam. Am 9. September sagt er zu, das Gutachten bis 15. September vorzulegen. "Leider konnten wir auch diese Frist nicht einhalten", so Hofbauer. Schließlich schickt die Stadt am 21. September ein Schreiben, das am 23. September ankommt - mit einer letzten Frist bis 23. September. Hofbauer antwortet, dass das Gutachten beauftragt, aber noch nicht da sei.
> Am 27. September schickt er die kurze gutachterliche Stellungnahme eines Gastronomen aus Nußloch an die Stadt. "Das Gutachten wurde vom städtischen Anwalt später als Gefälligkeitsschreiben abgetan - aber es stimmt halt, was da drin steht", so Hofbauer.
> Am 30. September bittet Hofbauer noch einmal um einen Gesprächstermin - und bekommt diesen am 20. Oktober für 7. oder 9. November zugesagt.
> 27. Oktober 2016: Noch vor dem Gesprächstermin beschließt der Gemeinderat in nicht-öffentlicher Sitzung, dass die Stadt ihr Rückkaufsrecht ausüben soll, sofern Hofbauers nicht der Verpflichtung nachkommen, dort eine Gaststätte zu eröffnen. Hofbauer erfährt von dieser Sitzung erst am nächsten Tag aus der Zeitung: "Ich war davon ausgegangen, dass die gutachterliche Stellungnahme als Beweis ausreicht, sie war von der Stadt nie gerügt worden. Aber sie lag dem Gemeinderat offenbar gar nicht vor." Das Gremium habe entschieden, ohne dass er jemals angehört worden sei.
> November/Dezember 2016: Am 8. November setzt die Stadt eine Frist zur Eröffnung einer Gaststätte bis zum 15. Januar 2017. "Das war die allererste Frist, eine Gaststätte zu eröffnen", so Hofbauer, "vorher ging es immer nur um das Gutachten." Bei einem Gespräch am 29. November bietet er an, ein "Bed & Breakfast"-Hotel zu eröffnen - was die Stadt laut Hofbauer ablehnt. Bereits zuvor habe er auch den Abriss der Bestandsgebäude und Neubau eines Hotels mit 60 Zimmern vorgeschlagen - das habe die Stadt ebenfalls abgelehnt.
Die Stadt geht erstmals in einem Schreiben vom 19. Dezember auf die gutachterliche Stellungnahme von September ein: Demnach sei Hofbauer "bis heute den Beweis schuldig geblieben, dass sich eine Gaststätte dort nicht wirtschaftlich betreiben lässt". Als Reaktion darauf bietet Hofbauer zwei Tage später an, auf eigene Kosten einen vereidigten Sachverständigen ein Schiedsgutachten erstellen zu lassen. Die Stadt reagiert zurückhaltend: Von der gesetzten Frist für die Restauranteröffnung rücke man nicht ab. Es bleibe Hofbauer aber unbenommen, selbst "fundierte Gutachten" einzuholen. Daraufhin beauftragt Hofbauer einen Sachverständigen, ein Gutachten zu erstellen.
> Januar 2017: Am 15. Januar wird das Restaurant "Oben 2" im Kohlhof eröffnet, in dem zunächst nur Gruppen ab acht Personen einen Tisch reservieren können. Am Morgen danach kündigt Oberbürgermeister Würzner öffentlich an, dass die Stadt nun das Rückkauf-Verfahren einleite, da sie die Verpflichtungen aus dem Grundbucheintrag als nicht erfüllt ansieht. Hofbauer sieht das anders: "Eine Gaststätte im Sinne des Gesetzes wurde eröffnet."
> Februar 2017: Michael Hofbauer darf am 8. Februar im Haupt- und Finanzausschuss seine Sicht der Dinge darlegen. "Da ich nur zehn Minuten Zeit bekam, habe ich allen Stadträten vorab eine ausführliche Dokumentation geschickt", so Hofbauer. Diese habe aber niemand zur Kenntnis genommen. Hofbauer hat das Gefühl, die Stadträte hätten überhaupt kein Interesse an seinen Ausführungen - und ihre Meinung stehe längst fest.
> Ende Februar ist das von Hofbauer beauftragte 35-seitige Gutachten des Büros "Hogarat" aus Wiesbaden fertig, das er der Stadt schickt. Fazit: "Sowohl bei realistischer als auch bei optimistischer Betrachtung der Zukunftsaussichten und Erlösentwicklung wäre die Fortsetzung des Betriebes unwirtschaftlich gewesen." Die Stadt verweist darauf, dass die Frist zur Vorlage eines Gutachtens verstrichen sei - und dieses an den vertraglich übernommenen Verpflichtungen nichts ändere.
> März/April 2017: In einem Schreiben am 21. März schlägt Michael Hofbauer der Stadt ein Gespräch ohne Anwälte vor. Der städtische Anwalt schreibt zurück, dass die Stadt sich einem Gespräch nicht verschließe. Allerdings werde das Wiederkaufsrecht gerichtlich geltend gemacht, wenn Hofbauer nicht im Laufe des Monats April ein oder mehrere Vorschläge zum Betrieb einer Gastronomie vorlege, die dann Grundlage für ein Gespräch sein könnten. Ende April kündigt Hofbauer an, man werde das Restaurant "Oben" aus Mannheim auf den Kohlhof verlegen, Eröffnung soll im Juni sein. "Wir wollen das Restaurant, das wir ja jetzt schon hier betreiben, dann mit einer Konzession unterlegen und auch die Öffnungszeiten erweitern." Hofbauer ist sich sicher, dass er damit massive finanzielle Verluste machen werde.
> Hofbauers Fazit: "Ein Restaurant wirtschaftlich zu betreiben, ist hier schlicht und einfach völlig unmöglich."Auch die Insolvenz des Vorbetreibers beweise das. "Der ,Alte Kohlhof’ war vor seiner Schließung schon viele Jahre in finanzieller Schieflage." Dass die Stadt ihn dennoch zwingen wolle, ein Restaurant zu betreiben, kann er nicht verstehen. "Man will ein Konzept von uns - aber es existiert schlicht und einfach keines, das wirtschaftlich trägt." Zudem versteht er den Grundbucheintrag anders als die Stadt: "Wir sehen das nicht als Verpflichtung." Notare und Anwälte, denen er den Eintrag vorgelegt habe, seien zu unterschiedlichen Analysen gekommen. "Viele zweifelten an, ob dieser Eintrag rechtlich erlaubt ist." Michael Hofbauer ist überzeugt: "Wir haben alles getan, was man von einem Bürger verlangen kann."