Von Jutta Biener-Drews
Eberbach. Junge Menschen auf der Bühne, im Saal die ältere Generation. Keine Frage: Die Alterskluft bei den Konzerten der "Kunstfreunde Eberbach" ist inzwischen beträchtlich – und vertieft sich von Saison zu Saison weiter. Das Publikum der vier jährlichen, mit preisgekrönten jungen Ensembles erstklassig besetzten Kammerkonzerte altert mit den Veranstaltern, Junge kommen nicht nach. Sehr zum Leidwesen dieses seit 1948 bestehenden Vereins. Denn das, was er in der Neckarstadt auf die Beine stellt, lässt aufhorchen. Beitrag der Kunstfreunde zum Beethoven-Jahr 2020: ein Gastspiel des Noah Quartetts Hamburg mit drei Werken aus der Königsdisziplin der Kammermusik – Streichquartette aus der frühen, der mittleren und der späten Schaffenszeit des "Klassik-Titans". Fragt sich nur: Wie bringt man das den jungen Leuten nahe?
Karlheinz Mai, Jahrgang 1935 und als Vereinsvorsitzender seit über 30 Jahren für Programmgestaltung und Konzertprogramme der Kunstfreunde tätig, hat keine Idee mehr, wie das gehen soll. Mai geht jetzt auf die 85 zu, hat sich um junges Publikum aber schon in seiner aktiven Zeit als Lateinlehrer am Hohenstaufen-Gymnasium bemüht. "Ich habe versucht, die Jugend zu gewinnen, aber erfolglos", sagte der Mann, der wie kein zweiter für die Eberbacher Kunstfreunde steht, in einem früheren Gespräch mit unserer Zeitung.
Für das Beethoven-Konzert hat Mai einen leidenschaftlich Verbündeten in Hartmut Quiring gefunden, Musiklehrer am HSG, dem es eine "Herzensangelegenheit" ist, für die Kunstfreunde die Trommel zu rühren bei seinen Schülern. Quiring ist auch im "Förderverein Klosterkirche" in Hirschhorn aktiv, der Beethoven ebenfalls ein Konzert gewidmet hat. Er beherrscht über zehn Instrumente – Tasten-, Saiten-, Blasinstrumente und Schlagzeug –, ist in allen Musikrichtungen zu Hause und weiß aus eigener Unterrichtserfahrung, dass es immer schwieriger wird, Interesse zu wecken für die Klassik. Seine gut gelaunte Erklärung: "Die mediale Omnipräsenz der Popmusik führt dazu, dass Jugendliche denken, Musik steht im Viervierteltakt und ist mit einem Beat unterlegt". Dem Nachwuchs zu vermitteln, dass es noch was anderes gibt als "bum tschak bumbum tschak" stellt auch ihn und seine Kollegen vor eine echte Herausforderung: "Wir versuchen’s". Mit dem Erfolg, dass sich alle heiligen Zeiten ein paar Schülerinnen und Schüler aus dem HSG in die Kunstfreunde-Konzert verirren – und da dann erwartungsgemäß aller Augen auf sich ziehen. Abiturienten etwa, die sich live ein Brahms-Werk aus ihrem Abikurs anhörten. Oder sechs Fünftklässler, die sich bei Quiring mit Hymnen befassten.
Das Interview
Hartmut Quiring (M.), Musiklehrer am Hohenstaufen-Gymnasium, mit den Schülern Max Bode (l.) und Kutlucan Sait-Mert, die sich unseren Fragen stellten. Foto: Biener-DrewsAusgestattet mit zwei von Karlheinz Mai überreichten Freikarten für das Beethoven-Konzert, machte der Studienrat für uns zwei Schüler ausfindig, die selber Auskunft über ihr Konzert-Interesse gaben. Max Bode (16), hat die Musikprofilklassen am Hohenstaufen-Gymnasium besucht und ist jetzt in der 11. Klasse. Max hat selber Klavier gespielt, sich aber jetzt mehr auf Percussion verlegt. Musiklehrer Quiring bescheinigt ihm, schon in der achten Klasse die Sonatenhauptsatzform beherrscht und im Unterricht "eine der besten Sonatinen" komponiert zu haben. Kutlucan Sait-Mert (13) besucht die 8. Klasse am HSG und spielt Klavier.
2020 ist Beethoven-Jahr. Ist das für Dich persönlich mehr oder weniger interessant?
Max: Sehr interessant! Wir hatten im Unterricht viel über Klassik, viel über Beethoven und ich höre generell sehr gerne Klassik. Ich habe (im Musikprofil) auch selber Klassik komponiert, eine Sonatine. Mit meinem Vater gehe ich regelmäßig in Konzerte.
Kutlucan: Nicht so.
Was fällt Dir spontan zu Beethoven ein?
Max: Er war ein sehr genauer Komponist, der erste freie, nicht von Fürsten abhängige Komponist (nennt biografische Daten). Er hatte schon mit 25 Jahren Hörprobleme, hat für seine Werke erst etwas länger gebraucht. Er hat Sonderformen ausgeprägt und weiterkomponiert, als er schon taub war.
Kutlucan: Er war ein sehr großer Komponist, hat sehr gute Lieder geschrieben und sehr gut komponiert, obwohl er taub war.
Wo kommst Du mit Musik von Beethoven in Berührung?
Kutlucan: Beim Klavierspielen, ich spiele gerne Beethoven-Lieder.
Max: Mein Vater hört zu Hause viel Klassikradio und da höre ich viel Beethoven. Und im Unterricht.
Ein paar Werke des Komponisten, die dir bekannt sind?
Kutlucan: "An die Freude", Mondschein-Sonate, Für Elise und ein paar ohne Namen – Sinfonien.
Max: Die neun Sinfonien, die bekannteste ist wohl die Fünfte, die Große Fuge, eine Oper... mit F...
Eberbacher Kunstfreunde. Sagt dir das was?
Kutlucan: Nein.
Max: Nie gehört.
Dieser Verein veranstaltet zum Beethoven-Jahr ein Konzert mit Streichquartetten aus allen drei Schaffensphasen des Komponisten. Macht Dich das neugierig?
Kutlucan: Ich spiele Beethoven gerne selber, aber ich höre ihn nicht so gerne.
Max: Ja, auf jeden Fall. Da wird der ganze Lebenslauf dargestellt – man hört eine Entwicklung heraus!
Geht jemand von euch ins Konzert?
Kutlucan: Am 7. Februar kann ich nicht.
Max: Ja!