Trotz Schutzkleidung erhalten Imker Bienenstiche – sind sie deswegen weniger anfällig bei Krankheiten und könnte sich im Bienengift ein Wirkstoff gegen Corona finden? Dazu läuft derzeit eine Imkerumfrage, auf die Eberbachs Imkervorsitzender Rainer Olbert hinweist. Foto: pa
Eberbach. (RNZ) In Deutschland läuft noch bis August eine wissenschaftliche Befragung, die klären will, ob Bienengift eine erfolgversprechende Option beim Bekämpfen des Coronavirus werden könnte. Darauf macht der Vorsitzende des Bezirksimkervereins Eberbach und gleichzeitig Vorsitzender der Imker im Rhein-Neckar-Kreis, Rainer Olbert, aufmerksam.
Olbert hat in der jüngsten Ausgabe des Deutschen Bienenjournals von der Befragung gelesen, die von den Medizinern Prof. Dr. Karsten Münstedt, Dr. Heidrun Männler und Prof. Dr. Jutta Hübner angestrebt wird.
Ausgangspunkt der Ärzte sind Veröffentlichungen einer solchen Befragung von 5.115 chinesischen Imkern Ende April. Darunter sollen auch 723 aus der am stärksten von Corona betroffenen Provinz Wuhan gewesen sein.
Dieser chinesischen Umfrage zufolge sei kein Imker bislang an Covid-19 erkrankt, ebenso wenig 121 Patienten aus Einrichtungen, in denen Bienengift als Therapiemittel eingesetzt wird (Apitherapiezentren) und die einen engen Kontakt zu infizierten Personen gehabt haben sollen. Auch hier sei es zu keiner Ansteckung gekommen.
"Wir haben jetzt noch nichts Vernünftiges an Optionen, und es gibt Publikationen, dass Bienengift antivirale Reaktionen befördert", erklärt auf Nachfrage Prof. Dr. Karsten Münstedt. Er ist eigentlich einer der beiden ärztlichen Leiter an der Frauenklinik Offenburg und selbst auch Imker. In Verbindung mit der Universität Jena hat er jetzt aufgrund der chinesischen Aussagen eine ähnliche allerdings in Detailfragen umfassendere Imkerbefragung in Deutschland gestartet, die noch bis Mitte August laufen soll.
"Ich habe jetzt schon etwa 250 Rückmeldungen." Auf zwei DIN A 4-Blättern stellt Münstedts Team elf Fragen und versucht durch Sammeln von Vergleichsdaten wie Stichanzahl, Reaktion des Gestochenen, abgefragte Eigen-Erklärungsversuche zum angegebenen Gesundheitszustand eine größere Aussagekraft zu erzielen als dies bei der einfacheren chinesischen Studie möglich war. Münstedt plant, nach der Auswertung der Umfrage-Rückmeldungen eine Veröffentlichung der Ergebnisse in einer Fachpublikation, um sich dem Urteil unabhängiger Fachleute zu stellen, bevor er öffentlich einzelne Aussagen dazu trifft. Münstedt: "Ich glaube aber, es lohnt sich, der Sache nachzugehen."
Es sei ein kluger Schachzug, für eine Teilnahme an der Befragung über die Imkervereine zu werben: "Nirgendwo sind Imker so strukturiert organisiert wie in Deutschland. In Frankreich oder Italien ist das nicht so der Fall."
Dies erklärt Dr. Klaus Wallner, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim. Auch er mutmaßt wie der kurpfälzische Imker-Kreisvereinsvorsitzende Olbert, dass Bienenzüchter auffallend gesünder als ihre Umgebung sind. Wallner ist selbst seit 50 Jahren Mitglied im Imkerverein, derzeit in Nürtingen. und nimmt für sich in Anspruch, langjährige Vergleiche gezogen zu haben. Von wissenschaftlichen Studien dazu weiß er allerdings nichts.
Der Mediziner Prof. Münstedt verweist hingegen auf ältere Studien, nach denen für 1.600 Untersuchte festgestellt worden sei, dass einen vergleichsweise gesünderen Lebenswandel hätten als Nicht-Imker mit ähnlichen Lebensumständen. Für die aktuelle Umfrage möchten jetzt Imker-Kreisvorsitzende wie eben Rainer Olbert sicherstellen, dass möglichst alle Bienenzüchter wie auch ihre Angehörigen davon erfahren, den Fragebogen herunterladen (www.bienenjournal.de/news/corona/bienengift-gegen-covid-19) und ihn anonym ausgefüllt zurückschicken.
Das Engagement des Eberbacher Imkervereinsvorsitzenden mag auch geprägt sein von einem besonderen Verständnis der Bienenzucht in einer Stadt, die 1891 bis 1897 die erste Badische Imkerschule als erste deutsche Schulungseinrichtung dieser Art beherbergte – sozusagen "Tradition verpflichtet" zur Unterstützung in grundlegenden Fragen rund ums Thema Bienenkunde.