Von Martina Birkelbach
Eberbach. Zielstrebig eilt Steven Kaufmann am frühen Abend zur Anmeldung in der Mehrzweckhalle des Schulzentrums in der Adolf-Knecht-Straße 27. Der 24-Jährige kommt direkt von seiner Arbeit in einer Eberbacher Fensterbau-Firma und ist bestens gelaunt.
Es ist bereits seine neunte Blutspende. "Ich fühle mich danach einfach besser, weil sich neues Blut im Kreislauf bildet", sagt er. Natürlich geht er auch regelmäßig, weil er damit anderen Menschen helfen kann. "Und ich habe seither keine Angst mehr vor Nadeln", sagt er lachend.
Bernhard Staudenmaier (72) hat bereits alles hinter sich, 535 Milliliter des lebenswichtigen Saftes wurden ihm abgezapft. Jetzt sitzt er gemütlich mit Frau und Freund am Tisch und genießt den heißen Eintopf. "Es war die 100. Blutentnahme", sagt er. Er spendet, "weil es gesund ist, und weil ich anderen Menschen im Notfall helfen kann".
"Vor über 60 Jahren ist meine Schwester verunglückt. Meine Eltern mussten an Haustüren klingeln, um Blutspender zu finden. Da gab es noch keine Blutbanken", erzählt der 71-jährige Josef Görlich. Seit vielen Jahren nun geht er selbst zum Blutspenden; am Donnerstag ist es das 67. Mal. Der 66-jährige Wolfgang Holm hat es auf die 86. Spende gebracht. Auch er geht regelmäßig, "weil ich anderen Leuten helfen kann und weil das Essen schmeckt".
Insgesamt 190 Blutspender sind am Donnerstag zwischen 14.30 und 19.30 Uhr in die Mehrzweckhalle gekommen. Laut DRK-Bereitschaftsleiter Nikola Ivacevic waren "davon 20 Erstspender und 17 Rückstellungen wegen gesundheitlicher Bedenken durch die Ärzte bzw. das Labor".
Die Eberbacher DRK-Bereitschaft organisiert die Termine, ist meist mit rund 15 Ehrenamtlichen für Auf- und Abbau, Betreuung und Verpflegung zuständig.
Spenden gemeinsam: Die beiden Freundinnen Evelyn Paarmann (r.) und Katharina Dir. Foto: Martina Birkelbach
Diesmal gibt’s Gemüseeintopf mit Rindfleisch. Außerdem können sich die Spender am Salatbüfett bedienen, und es gibt Kaffee und Kuchen sowie diverse Getränke. Salate und Kuchen sind teilweise gekauft und teilweise selbst hergestellt. "Den Eintopf haben wir bei einem Metzger bestellt, da wir in der Halle kaum Möglichkeiten zum Kochen haben", erklärt Ivacevic.
Die DRK-Bereitschaft bekommt pro Spender einen kleineren Geldbetrag, davon muss alles finanziert werden. Mit rund zehn Mitarbeitern ist der Blutspendedienst Baden-Württemberg/Hessen aus Mannheim angereist; dazu sind drei Ärzte im Einsatz.
Im Durchschnitt kommen pro Termin 180 Spender, mit den 190 diesmal lag das Ergebnis also etwas darüber. "Früher gab es zwei Spendetermine im Jahr, aber das war zu wenig. Wir haben dann auf drei und vor drei Jahren auf vier Termine erhöht", so Ivacevic. Männer können bis zu sechs Mal im Jahr Blut spenden, Frauen bis zu vier Mal. "Blutspenden kann jeder zwischen 18 und 72 Jahren; Erstspender sollten nicht über 65 Jahre alt sein." Entnommen werden immer 535 Milliliter Blut. 500 Milliliter kommen in einen Beutel, 35 Milliliter sind für die Blutuntersuchung.
Ivacevic: "Das Blut geht abends direkt nach Mannheim und wird dort aufgearbeitet. Die 35 Milliliter werden in zwei Laboren getrennt voneinander parallel untersucht - auf AIDS (HIV) und Hepatitis (HBV, HCV)." Somit ist eine Blutentnahme auch ein "aktueller Gesundheitscheck". Allerdings können laut Ivacevic vom Zeitpunkt der Ansteckung bis zum möglichen Nachweis einer Virus-Infektion mehrere Wochen vergehen. Schon während dieser Zeitspanne können diese Viren aber durch eine Blutspende auf Patienten übertragen werden.
Der Eberbacher Steven Kaufmann (24) spendet bereits zum neunten Mal Blut beim DRK. Foto: Martina Birkelbach
Blut von Personen mit Ansteckungsrisiko darf keinesfalls übertragen werden. Deshalb gibt es an der Anmeldung den "vertraulichen Selbstausschluss". Der Spender entscheidet durch Strichcode-Aufkleber, ob sein Blut verwendet werden kann oder nicht. Ivacevic nennt ein Beispiel, für das der Aufleber dienlich ist: "Ein Ehepaar geht seit Jahren gemeinsam zum Blutspenden. Einer der beiden will nun nicht mit, weil er kürzlich fremd gegangen ist. Sagt er das, schöpft der andere Verdacht. Also sagt er nichts, geht mit und klebt den Aufkleber ’Mein Blut nicht verwenden’ auf den Fragebogen."
Sechs gut organisierte Stationen gilt es im Slalom in der Mehrzweckhalle zu durchlaufen. Wer an der Anmeldung seinen Personalausweis abgegeben und den Fragebogen mit persönlichen Angaben in einer Kabine ausgefüllt hat, geht weiter zur gesundheitlichen Untersuchung. Rettungsassistenten messen dort den Eisenwert im Blut, Körpertemperatur und Blutdruck. "Und sie überprüfen den Fragebogen", erklärt Ivacevic. Wer es bis dahin geschafft hat, wird von Harald Bechtold zu einem der drei Ärzte begleitet. Der rüstige 87-Jährige ist seit 1953 ehrenamtliches Mitglied bei der DRK-Bereitschaft und derzeit dort auch der älteste Mann; auch seine Frau Klara (82) hilft am Donnerstag ehrenamtlich in der Anmeldung.
Um zu einem Arzt zu gelangen, machen die Blutspender einen Schlenker in die Umkleidekabinen. Dort haben Arzt und Blutspender den nötigen abgeschirmten Raum für die Untersuchungen. Von dort wieder in der Halle gelandet, steht eine "Trinkstation" bereit. Ivacevic: "Man sollte vor der Blutentnahme etwas gegessen und vor allem etwas getrunken haben. Etwa eineinhalb Liter vorher sind schon sinnvoll. Manchmal sagen auch die Ärzte, dass man noch etwas trinken soll." Dann wird an wieder bereitgestellten Stühlen auf ein freies "Entnahmebett" gewartet.
Zehn Stück gibt’s, warten müssen die Spender am Donnerstag an keiner der Stationen lange. Der "Slalomverkehr" läuft ebenso, wie dann endlich das Blut. "Es gibt elektronische Waagen, die messen ständig Gewicht und Zeit", erklärt Ivacevic.
"Die Waage macht nach einem halben Liter zu und das Ganze sollte nicht länger als 15 Minuten dauern." Bei Daniela Heß wird gerade die Nadel gestochen. "Das tut nicht weh", sagt sie lachend. Sie spendet zum zweiten Mal: "Wenn man gesund ist und etwas abgeben kann, ist das gut. Ich will Menschen helfen, die Blut brauchen".
Nach der Blutentnahme geht’s in den "Ruheraum". Erstspender müssen danach zehn Minuten liegen, Mehrfachspender lassen sich an einem Tisch in der Mitte der Halle nieder und kommen dort zehn bis 15 Minuten "zur Ruhe".
Oder sie unterhalten sich, wie die beiden Freundinnen Evelyn Paarmann (25) und Katharina Dir (ebenfalls 25). Für Paarmann ist es die neunte Spende. "Man tut etwas Gutes und es gibt gutes Essen", sagt sie. Dir hat ihr eine Spende voraus: "Es ist ein gutes Gefühl, anderen zu helfen". Und dann können sie weiter ziehen, an die letzte Station, wo der Eintopf bereits duftet.
"Üblich sind für den ganzen Ablauf 20 bis 30 Minuten". Wobei die Blutspender aber häufig noch eine Stunde am Tisch beim Essen verbringen. "Es gibt jedes Mal ein anderes Hauptgericht und es schmeckt den Leuten eigentlich immer."
"Der Bedarf an Blut ist immer groß", sagt der DRK-Bereitschaftsleiter, der hauptberuflich in einer Heidelberger Klinik arbeitet. "Im vergangenen Jahr mussten 180 Operationen verschoben werden, weil nicht genug Blut vorhanden war. Es gab Zeiten, da mussten sogar lebenswichtige Operationen abgesagt werden. Blut kann nicht künstlich hergestellt werden; und Krebspatienten beispielsweise benötigen teilweise 15 bis 20 Konserven je 250 Milliliter."