Erste Eberbacher Disco getreu der Definition war das Butterfly, das seine Spuren im Anzeigenteil der Zeitung (wie hier drei Beispiele von 1972/73) hinterließ. Eine andere Disco war das Caballero. Repro: Stefan Gschwind/Fotos: Felix Hüll
Von Rainer Hofmeyer
Eberbach. Da kann man trefflich darüber diskutieren, ab wann es in Eberbach eine richtige Diskothek gab und wie lange eine solche denn betrieben wurde. Tanzgelegenheiten hatten die jüngeren Eberbacher ab Ende der 1960er-Jahre allenfalls sporadisch.
Im Kurhaus gab es an einigen Sonntagen die "Jugendbälle", veranstaltet und streng kontrolliert vom Jugendausschuss des Eberbacher Gemeinderats. Da postierten sich echte Stadträte an der Eintrittskasse. Ab vier Uhr durfte man bis acht Uhr in Großen Saal tanzen.
Auf der Bühne standen die Malvados, die Twiligths, die G-Man, hin und wieder auch die Tornados. Das waren Cover-Bands, die vor allem die Beatles und Rolling Stones rauf und runter spielten. In der Itterburg tanzte die Jugend genauso.
Das "Mexicana" in der Kellereistraße bot eine kleine Tanzfläche und spielte Musik aus einem Automaten. Die Gäste mussten das selbst zahlen. Schon nachmittags konnte man dort schwofen, auch unter der Woche. Rechtzeitig vor dem abendlichen Schließen des Mädchen-Kurheimes Waldeslust machten sich die bei den jungen männlichen Eberbachern begehrten Tänzerinnen wieder auf den Weg in den Höllgrund der Gaimühle, meist per Zug.
"Eine Box namens Eberbach" schrieb in den 1970ern ein Unbekannter an eine Hauswand in der Bahnhofstraße. Das war nicht gerade lobend gemeint. Denn in der Stadt war allgemein nicht viel los. Wer aus der Eberbacher Schachtel ausbrechen wollte, machte sich auf den Weg in die Studentenlokale nach Heidelberg. Falle, Lupe und Tangente waren die einschlägigen Tanz-Treffs.
Es wurden stets die aktuellen Platten aufgelegt, vor allem die langsamen Stücke. Ein Geheimtipp führte in die entgegengesetzte Richtung. Das Tanzlokal "Old Smuggler" in einem Mosbacher Außenbezirk zog die Eberbacher magisch an; es wurden Schallplatten aufgelegt. Auch beim "Buckelwirt" in Sensbach konnte man samstags die heimische Jugend beim Tanz entdecken, hier stets mit regionalen Bands.
Nimmt man die Definition einer Diskothek zu Rate, dann hatten die Eberbacher bis mindestens 1972 keine. Tanzen nach der Musik von Schallplatten, aufgelegt von einem Disc-Jockey - das sind die Kriterien. Dann kam das "Butterfly". Untergebracht bei der Güterbahnhofstraße, über dem V-Markt, dort, wo es das Benzin für 45 Pfennige gab. Alfi Dafeldecker war der Pionier mit seinem Lokal. Angemeldet als Gaststätte, war die Disco anfangs ab donnerstags stets rappelvoll.
Nicht nur die wahre Jugend traf sich dort. Auch Ältere fanden den Weg in die große Vergnügungsstätte. Der Zulauf bröckelte erst, als Dafeldecker manche Abende mit Kurzfilmen krönen wollte. "Schneeflittchen und die sieben Zwerge" im Zeichentrick schien nicht jedem zu gefallen, schon gar nicht in Begleitung von Damen. 1976 zog sich Dafeldecker zurück. Das "Butterfly" war am Ende. Jetzt gab es das "Tiffany" an gleicher Stelle, später das "Factory" und das "La Gare"
Das früher gehobene Publikum blieb allerdings mit der Zeit aus. Die Musik wurde härter. Von 1986 bis 1997 verzeichnet man dann ein wahres Bündel an Namen für eigentlich immer das Gleiche.
Das "Fantasy" zog ein und hielt sich bis 1992. Neuen Schwung erwartete die Betreiberfamilie Gaa mit dem neuen Namen "Thunder". Zwei Jahre später wurde das "Oxxmoxx" draus. Wieder zwei Jahre lang hing ab 1995 das Schild "Skyline" in der Güterbahnhofstraße.
Von 1997 bis 1999 wurden dort keine Platten aufgelegt, ehe es für kurze Zeit das "Shooters House" gab, eine American Sports Bar. Das dauerte kein halbes Jahr. Das dann nachkommende "Bollwerk" meldete sich Mitte April 1999 ab. Es folgte der Abriss des Gebäudekomplexes. Zu den Hochzeiten der Diskotheken gab es noch die "Scheune" in Rebschers inzwischen abgerissenem Gasthaus Odenwald in der Odenwaldstraße und das "Caballero" im Café Neckarblick.
Bleibt in der Erinnerung auch noch Siegfried Zwergers Tamorée in der Bahnhofstraße, eine Treppe unter dem Café Reichspost. Es erfüllte von September 1980 bis September 1989 die Kriterien einer Kellerbar und einer Diskothek. Technische Probleme mit der Entsorgung ließen dieses Projekt enden.
Für kurze Zeit kam dann noch einmal die Idee auf, dort drunten an den Wochenenden vielleicht an Freitag und Samstag in gemütlicher Runde die beliebte Musik der 1960er- und 70er-Jahre zu spielen. Besitzer Gerhard Koch und Helmut "Struppi" Rupp als Solist waren sich schon einig. "Zum Kuckuck" sollte der Keller jetzt heißen. Es wäre keine Diskothek geworden, sondern ein eher ruhiger Treff.
Durch Rupps Tod vor zwei Jahren gerieten die Pläne in Vergessenheit.