1970 wurde aus dem alten R.P. Scherer GmbH & Co KG-Werksteil die Verwaltung. Die Produktion kam in den neuen Anbau dahinter.
Von Felix Hüll
Eberbach. Das war eigentlich alles ganz anders geplant: Catalent Eberbach, vormals R.P.Scherer, hatte sein 70-jähriges Betriebsbestehen am Standort eigentlich groß mit Mitarbeitern und Kunden feiern wollen. Aber auch hier zwang Corona zu Kreativität – von den Jubiläumsplänen blieben nur Einzelmaßnahmen.
Ein internes Rundschreiben zum Gedenken des Gründungsanlasses 17. August, Präsente mit Firmenlogo für Mitarbeiter und Kunden. Als "Veranstaltung" im Kleinstmaßstab mit wenigen Teilnehmern fand diese Woche die Übergabe der neu hergerichteten Firmenkantine des Catalent-"Vorzeige-, Entwicklungs- sowie Produktionsstandorts für die Weichgelatine -Technologie" statt. Für den Rest der Belegschaft gab’s ein Video davon. "Die bisherige Kantine war im Stil der 70er Jahre gehalten und mit hinreichender Küchentechnik zum Aufwärmen angelieferten Essens ausgestattet", erklärt Clemens Keggenhoff. Der "Supply Chain ("Lieferketten-") Director" gehört bei der Catalent Germany Eberbach GmbH als Bereichsleiter zum Standortleitungsteam unter den Geschäftsführern Raoul Bernhardt, Dr. Aristippos Gennadios und Dr. Steven Fasman. Keggenhof ist in seinem Aufgabengebiet zuständig für die Kundenbetreuung, Produktionsplanung und Logistik des Gelatinekapselherstellers im Gammelsbachtal.
1950 begann Scherer in diesem Bau von DGF Stoeß als eines der ersten deutsch-amerikanischen Joint Ventures die Kapselproduktion.Von geplanten Begegnungen übrig geblieben ist die Einweihungszeremonie der neu möblierten und mit moderner Küchentechnik ausgestatteten Kantine. Eberbachs größter Arbeitgeber Catalent hat für die rund 700 Mitarbeiter (darunter 18 Auszubildende) mit "Apetito" auch einen Betreiber verdingt, der Gerichte vor Ort frisch zubereitet.
Neu ist, dass es dort auch ein Frühstücksangebot gibt. Bei Catalent laufen die Maschinen sieben Tage die Woche ununterbrochen. Die Mitarbeiter betreuen in Schichten die Produktion und erhielten nun einen zeitgemäßen Raum für Pausen hinzu. Die Frühstücksmöglichkeit sei ein lange gehegter Wunsch der Belegschaft gewesen, und es sei gelungen, dafür ein Budget "frei zu schaufeln", so Keggenhoff.
Die wechselvolle Entwicklung der letzten Jahre seit der Komplettübernahme der RP Scherer GmbH & Co. KG durch das US-amerikanische Pharmaunternehmen Catalent 2012 habe sich stabilisiert. Keggenhoff: "Wir machen sieben Milliarden Kapseln pro Jahr. Das ist eine Dosis für jeden Menschen auf der Erde."
Catalent hatte sich nach der R.P.-Scherer-Übernahme von vielen Mitarbeitern getrennt. Im letzten Jahr sei aber viel Kapazität aufgebaut worden. Keggenhoff: "Wir ersetzen alle, die in Ruhestand gehen, und haben Leute eingestellt. 2019 sind wir stark gewachsen."
Aus diesem Grunde sollte bereits das 70-jährige Firmenbestehen 2020 noch vor dem 75er-Jubiläum 2025 in der neu aufgestellten Firma groß gefeiert werden. Nach dem weltweiten Lockdown-Maßnahmen des Frühjahrs und den aktuellen Pandemie-Rahmenbedingungen für die Wirtschaft lasse sich sagen, "wir sind gut durchgekommen". Catalent Germany Eberbach hatte Vorbeugemaßnahmen getroffen, die Verwaltung ins Homeoffice geschickt und die Schichtzeiten entzerrt. Während in der Produktion die Mitarbeiter in der Regel allein für sich sind, bestünden Hotspots durch Begegnungsmöglichkeiten etwa in den Umkleiden oder in der Kantine.
Vorkehrungen hätten sich ausgezahlt, so Keggenhof, "Wir hatten bislang keine Infektion am Standort." Gleichzeitig zog die Nachfrage von Kunden an. Sie lagerten gern die produktionstechnisch sehr anspruchsvolle Kapsel-Herstellung an Spezialisten wie Catalent aus.
Wegen Covid-19 ist bei Catalent die neue Werkskantine nur vor wenigen Teilnehmern offiziell übergeben worden. Per Foto und Video wurde dieses Jubiläumsereignis an die übrigen Mitarbeiter übermittelt.In den Standort wurde immer wieder investiert: in den 70er Jahren entstand ein neues Produktionsgebäude, in den 80er Jahren eines der ersten vollautomatischen Hochregallager. In den letzten Jahren kamen neue Verpackungslinien, Lackier- und neue Produktionsanlagen für Kapseln mit einer Hülle auf Pflanzenbasis hinzu. Keggenhoff: "In unserer Wahrnehmung der 70 Jahre Firmengeschichte ist das ein tolles Ereignis. Wir stehen jetzt geschäftlich an einem guten Punkt. und denken, das geht jetzt auch gut weiter." So sollen die Mitarbeiter daran Anteil haben.
Im Jubiläumsjahr verteilt die Firma Thermobecher und Fleecejacken mit Firmenerkennungszeichen an Mitarbeiter sowie Kunden. Die neue Kantine soll als zeitgemäß gestalteter Erholungs-(Lounge-)bereich eine weitere Anerkennung der Beschäftigtenleistung sein. Keggenhof zitiert Catalent-Geschäftsführer Raoul Bernhardt: "Wir beliefern die internationale Pharma- und Lebensmittel-industrie mit hochwertigen Produkten." Und ergänzt: "Wir stellen auch lebensrettende Arzneimittel her."