Wie es ist, alt zu sein, erfahren die Realschülerinnen von Hakan Bartnaz (2.v.r.) und Slawomir Karasek (l.) durch Anlegen eines Alterssimulationsanzugs. Foto: Barbara Nolten-Casado
Von Barbara Nolten-Casado
Eberbach. Eine Darmspiegelung steht an? Davor brauchen Patienten sich heute nicht mehr zu fürchten, erfahren 23 Realschülerinnen und ihr einzelner männlicher Kollege beim Besuch der internistischen Endoskopie in der Eberbacher GRN-Klinik. "Die werden weggebeamt, die kriegen nix mit", erklärt Gesundheits- und Krankenpflegerin Elvira Mächtlen der Gruppe. Gemeinsam mit ihrer Lehrerin Birgitta Gottstein-Winzenried sind die Neuntklässlerinnen am Freitagvormittag im Krankenhaus zu Gast, um einen Einblick in den Arbeitsalltag von Pflegeberufen zu bekommen. Der wahlweise Besuch der neunten Klassen in der Eberbacher Firma Neckardraht, beim Überbetrieblichen Ausbildungszentrum in Buchen oder eben in der hiesigen Klinik stellen den krönenden Abschluss einer intensiven Berufsorientierungs-Profilwoche dar. "Die Schüler sollen ja nicht nur theoretisch informiert werden, sondern vor Ort die Vielschichtigkeit etwa der Pflegeberufe kennenlernen", erklärt Gottstein-Winzenried. Die GRN-Klinik sei mit der Idee eines "Backstage-Tages" auf die Schule zugekommen.
In der Endoskopie will Elvira Mächtlen nun einen "Bauch-Ultraschall" demonstrieren. Freiwillige? Gibt es keine unter den Schülerinnen. Da muss Pflegedienstleiter Michael Spiegelberg den Pulli lupfen und sein Innenleben auf dem Monitor preisgeben. Der Pflegeberuf sei ein sehr verantwortungsvoller Beruf mit vielen Weiterbildungsmöglichkeiten, will Spiegelberg bei den jungen Gästen Interesse an der Arbeit im Krankenhaus wecken. Er erfordere hohe Professionalität sowie körperliche und psychische Stabilität fügt Praxisanleiter Slawomir Karasek hinzu, der in der praktischen Ausbildung der Krankenpflege-Azubis tätig ist. Nach dem Besuch der Endoskopie haben die Realschülerinnen dann Gelegenheit, aufgeteilt in Kleingruppen, Einblicke in verschiedene Ausbildungsinhalte zu gewinnen.
Auf Station 5 wartet Krankenpfleger und Ausbildungsbotschafter Hakan Bartnaz bereits auf die Gäste. Ein "Alterssimulationsanzug", mit dem Krankenpflegeschüler Empathie erlernen sollen, will den Schülerinnen das Gefühl vermitteln, "wie es ist alt zu sein". Eine Bleiweste haben die Mädels dafür anzulegen, Gewichte werden an Waden und Füßen befestigt. Ein Kopfhörer simuliert Schwerhörigkeit, die Skibrille mindert das Sehvermögen. Spezielle, elektrisch gesteuerte Handschuhe erzeugen den "Tremulus", das Zittern der Hände bei bestimmten Nervenerkrankungen. Und jetzt mal herumlaufen, aufs Bett legen, aufstehen, zur Toilette gehen… Wie das ist? "Unangenehm", findet Amina, "alles wird schwierig". Im Nachbarzimmer laden Krankenschwestern zur "Vitalzeichenkontrolle" ein.
Dass Hygiene im Krankenhaus ganz groß geschrieben wird, erfährt man von Praxisanleiter Ralf Dinkeldein. Da lässt sich unter eine UV-Lampe überprüfen, ob die zuvor mit einem Desinfektionsmittel gereinigten Hände auch wirklich sauber sind. Danach gilt es, sich so zu verpacken, wie es das Pflegepersonal vor Betreten eines "Iso-Zimmers" mit ansteckend-kranken Patienten tut: Kittel, Mundschutz, Haube und Handschuhe sind hier Pflicht.
In der Notfallambulanz lernen die Schülerinnen von Ambulanzschwester Rebecca, wie man einen Stützverband anlegt. Im Herzkatheterlabor erläutert der zuständige Bereichsleiter für Krankenpflege Dietmar Manser schließlich, wie Herzerkrankungen per EKG oder Ultraschall diagnostiziert werden. Oder mittels Herzkatheteruntersuchung, bei der eine Einschränkung der Blutzirkulation auch gleich mithilfe eines Stents behoben werden kann. Was ist zu tun, wenn man einen Bewusstlosen findet? "Herzmassage", erfahren die Schülerinnen noch. Und sie dürfen die kraftaufwändige Aktion auch gleich an einer Puppe ausprobieren.
Gottstein-Winzenried zeigt sich sehr zufrieden mit dem Krankenhaus-Projekt. "Das ist ein wertvoller Baustein, um den Horizont der Schüler zu erweitern." Und die Schülerinnen? Einige wissen jetzt, dass ein Pflegeberuf nicht das Richtige für sie ist. Andere zeigen sich begeistert: "Das ist total super hier", findet eine. Und "wir haben viel gelernt, was wir noch nicht wussten", sagt eine andere.