Im Gespräch: Minister Untersteller und Landrat Brötel. Foto: Wd
Buchen. (Wd) Beim Besuch von Umweltminister Franz Untersteller gestern Nachmittag im Zentrum für Entsorgung und Umwelttechnologie Sansenhecken des Neckar-Odenwald-Kreises in Buchen ging es hauptsächlich um das Pilotprojekt Restmüllarme Abfallwirtschaft, das der herkömmlichen Biotonne weit überlegen sei, wie Landrat Dr. Achim Brötel und Geschäftsführer Dr. Mathias Ginter dem Gast aus Stuttgart anhand von Zahlen eindrucksvoll verdeutlichten. Minister Untersteller zeigte sich nach den Vorträgen beeindruckt und betonte, "Ihre Konzeption ist für uns akzeptabel". Bei solchen Alternativen könne auch ein Wettbewerb um das beste Konzept zwischen den Kreisen entstehen, freute er sich.
Wie der Landrat erklärte, soll das Konzert der Restmüllarmen Abfallwirtschaft bis zum Jahr 2020 stufenweise verwirklicht werden. Nach dem Start in Rosenberg 2010 kam 2013 die Kerngemeinde Hardheim hinzu. 2018 werden die Gesamtgemeinde Hardheim und das gesamte Mittelzentrum Buchen folgen. 2019 werden das Mittelzentrum Mosbach und die Gemeinde Seckach eingebunden.
"Bei alledem müssen wir beachten: Der Flaschenhals sind die verfügbaren Kapazitäten im Bereich Abfallvergärung", betonte der Landrat. Zwischenzeitlich ist nämlich die geplante Vergärungsanlage für die Region Heilbronn, die Kreise Schwäbisch Hall, Hohenlohe, Neckar-Odenwald und Main-Tauber vom Tisch, wie die Heilbronner Stimme gestern berichtet. Das Witzenhausen-Institut habe die Möglichkeiten untersucht und zu dem Ergebnis gekommen, dass eine gemeinsam betriebene Anlage für Heilbronn-Franken und den Neckar-Odenwald-Kreis aus logistischen und ökologischen Gründen ausscheidet, da die Transportwege zu lang wären.
Aber im Gegensatz zur bundesweiten Einführungspflicht einer Biotonne ist man im Neckar-Odenwald-Kreis fest davon überzeugt, dass das System Restmüllarme Abfallwirtschaft die sowohl ökologisch als auch ökonomisch bessere Lösung für den ländlich geprägten Kreis ist. Nach mehrjährigen Diskussionen mit dem Umweltministerium Baden-Württemberg und dem Regierungspräsidium Karlsruhe im Januar 2017 das Signal des Umweltministeriums, dass das System Restmüllarme Abfallwirtschaft ein gangbarer Weg sei und somit die Einführung der klassischen Biotonne überflüssig mache. Zuvor war die Ablehnung der Biotonne im Landkreis in Stuttgart äußerst kritisch beäugt worden. Es war sogar von "Müllrebellen" die Rede.
"Mit einem hoch innovativen Sammlungskonzept" werde man im Neckar-Odenwald das gesamte verfügbare Potenzial an Bioabfällen wie Garten- und Küchenabfälle hochwertig verwerten." Das wird uns in einer für das Land Baden-Württemberg beispielhaften Weise gelingen", versicherte Brötel.
Beim Konzept der Restmüllarmen Abfallwirtschaft stehen die Verwertungssammlungen im Fokus. Nur Störstoffe, die eine Verwertung erschweren, werden im Rahmen einer sog. Störstoffsammlung erfasst (beispielsweise Windeln, Hygieneartikel, Staubsaugerbeutel, Kleintierstreu, Kehricht, Medikamente). Es wird mit einer Menge von ca. 20 Kilogramm pro Einwohner und Jahr gerechnet. Mit diesem Ergebnis wäre der Neckar-Odenwald-Kreis Spitzenreiter in der Abfallbilanz in Bezug auf geringstmögliche Restmüllmenge.
Im Bereich der trockenen Wertstoffe gibt es die "Trockene Wertstofftonne TWT: Wird die TWT verglichen mit der bisherigen Verpackungsverwertung der Dualen Systeme bzw. mit der in Diskussion befindlichen zukünftigen Wertstofftonne, zeigt sich, dass die IST-Sammlungsmengen weit überlegen sind (über 70 Kilogramm pro Einwohner und Jahr). Allein bei der (anzustrebenden) stofflichen Verwertung von Kunststoffen liegt der Landkreis deutlich über den Mengen der Dualen Systeme (18,2 Kilogramm zu mageren fünf Kilogramm pro Einwohner im Jahr.
Küchenabfälle: Über die Bioenergietonne BET werden aktuell über 90 kg an verwertbarem organischen Material erfasst. Als Ziel in Baden-Württemberg in Bezug auf die Biotonne ist bis 2020 dagegen die Menge von lediglich 60 kg Bioabfall pro Einwohner und Jahr formuliert, wobei auf Grundlage aktueller Analysen davon ausgegangen werden muss, dass darin ca. 2/3 (40 kg/E, a) an energiearmen holzigen/krautigen Gartenabfällen enthalten sind und nur ein geringer Anteil an energiehaltigen Küchenabfällen (rund 1/3, also 20 kg/Einwohner im Jahr). Auch hier ist das System des Landkreises deutlich überlegen, wie Dr. Mathias Ginter dem Minister darlegte.
Die Ist-Zahlen belegen nahezu 90 kg/pro Einwohner und Jahr an verwertbaren Küchen- und Speiseabfällen, die energetisch zu Biogas und anschließend zu Kompost (Kaskadennutzung) verarbeitet werden können. Somit halte der Neckar-Odenwald-Kreis an dem Ziel fest, dass die Wertstoffsammlungen im Fokus des Abfallwirtschaftssystems stehen, unterstrichen Ginter und Landrat Dr. Achim Brötel. Der Störstoffsack soll demnach lediglich die Materialien herausgreifen, die einer hochwertigen stofflichen Verwertung entgegenstehen.
Auch Dr. Michael Kern vom Witzenhausen-Institut, der die AWN berät, sieht im Konzept des Kreises einen neuen Ansatz der Kreislaufwirtschaft, die das gesamte Potenzial im Hausmüll nutzen soll. Neue sei, dass es keine Positivauslese der Wertstoffe mehr gebe. Anschließend besichtigte der Minister die Herstellung von Pflanzenkohle auf Sansenhecken.