Bislang haben sich alle angeblichen Wolfssichtungen und -risse im Neckar-Odenwald-Kreis nicht bestätigt. Erst vor kurzem wurden zwei Wildschwein-Kadaver untersucht, die fälschlicherweise dem Wolf zugerechnet worden waren. Foto: Rüdiger Busch
Neckar-Odenwald-Kreis. (rüb) Spätestens seit ein Wolf Ende Oktober bei Unterkessach (Kreis Heilbronn) drei Lämmer gerissen hat, steht fest, dass er 150 Jahre nach seiner Ausrottung in die Region zurückgekehrt ist. Dass er seine Pfoten auch schon in den Neckar-Odenwald-Kreis gesetzt hat, ist da naheliegend. In den letzten Tagen häuften sich Berichte über angebliche Sichtungen und Risse von Wildschweinen. Doch fest steht: Bislang konnte keine der eingegangenen Meldungen im Neckar-Odenwald-Kreis dem Wolf zugeordnet werden.
Wir haben beim Landratsamt nachgefragt, was hinter den Gerüchten und Meldungen steckt. Die erste Geschichte, von der die RNZ erfuhr, hat sich als belastbar herausgestellt, wie Pressesprecher Jan Egenberger bestätigte. So wurden vor einigen Tagen im Raum Hardheim-Höpfingen gleich zweimal Wildschwein-Kadaver gefunden, die stark abgenagt waren. In beiden Fällen habe es den Verdacht gegeben, dass der Wolf der Verursacher sein könnte. Daraufhin habe die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg in Freiburg (FVA) Proben untersuchen lassen. Beide Fälle konnten dem Wolf jedoch nicht zugeordnet werden.
Nicht verifizieren ließen sich Gerüchte, laut denen ein Wolf bei einer Drückjagd im Bereich Bofsheim gesehen worden sei. Gleiches gilt für einen weiteren Vorfall, der sich angeblich in Höpfingen abgespielt hat: Dort sollen illegal entsorgte Schlachtabfälle von den Findern fälschlicherweise als Werk eines Wolfes eingestuft worden sein.
Die Vielzahl an vermeintlichen Sichtungen und anderen Spuren zeigt, dass die Rückkehr der Wölfe bei den Menschen starke Emotionen auslöst. Dies können auch die Wildtierbeauftragten des Kreises - Forstrevierleiter Thilo Sigmund und Tobias Kuhlmann, Sachbearbeiter bei der Jagdbehörde - bestätigen: Bei ihnen gehen derzeit speziell zum Thema Wolf durchschnittlich zwei Anfragen von Bürgern pro Woche ein. Zudem gibt es auf Grund von vermeintlichen Wolfsrissen zusätzlich gehäuft Anfragen von Verwaltungen, der Polizei und Jagdpächtern.
Handelt es sich um eine Art Hysterie, oder haben die gemeldeten Fälle durchaus einen Hintergrund? "Bedingt durch die höhere Medienpräsenz des Wolfes ist das Thema auch in der Bevölkerung angekommen", erklärt Jan Egenberger. "Alltägliche Situationen wie streunende Hunde, Funde von totem Wild und verletzte Tiere nach Wildunfällen werden daher immer öfter dem Wolf zugeordnet." Obwohl bislang keine der eingegangenen Meldungen im Neckar-Odenwald-Kreis dem Wolf zugeordnet werden konnte, bedeute dies nicht, dass der Wolf das Gebiet meidet. Außerdem sei nicht sicher, ob den Wildtierbeauftragten auch tatsächlich alle Vorkommnisse gemeldet worden sind.
Während Ängste und Sorgen bei Schafhaltern durchaus berechtigt sind, muss der Mensch den Wolf nicht fürchten, wie das Umweltministerium betont: Grundsätzlich stellen Wölfe keine Gefahr für den Menschen dar. Wölfe kommen nur in sehr geringen Dichten vor und vermeiden als vorsichtige Tiere gewöhnlich eine direkte Begegnung mit Menschen. Da sie Menschen bereits über große Distanzen wahrnehmen, ist eine Begegnung zwischen Mensch und Wolf daher auch in Wolfsgebieten eine Seltenheit.
Was ist zu beachten, falls dennoch Mensch und Wolf zusammentreffen? Auch hier weiß das Ministerium Rat:
> Wie bei anderen Wildtieren gilt: Begegnen Sie ihnen mit Respekt, halten Sie Abstand, gehen Sie nie auf die Tiere zu und bedrängen Sie diese nicht.
> Wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad Wölfen begegnet, die sich nicht zurückziehen, sollte auf sich aufmerksam machen und sich langsam entfernen.
> Folgen der Wolf oder die Wölfe in gewissem Abstand, entfernen Sie sich nicht hastig oder laufen weg, sondern gehen bzw. fahren Sie langsam weiter und sprechen dabei laut.
> Fühlt man sich unwohl, stehenbleiben, laut rufen und in die Hände klatschen, sich groß machen und - bei weiterer Annäherung des Tieres - mit Gegenständen werfen.
> Wer einen toten, kranken oder verletzten Wolf findet: Nicht anfassen, nicht verfolgen und sofort Naturschutzbehörde, Forstbehörde oder Polizei informieren.
Info: Alle Fälle von möglichen Wolfssichtungen oder Wolfsrissen sollen den Wildtierbeauftragten Tobias Kuhlmann, Tel. 06261/841735, E-Mail tobias.kuhlmann@neckar-odenwald-kreis.de, oder Thilo Sigmund, Tel. 06284/929237, E-Mail thilo.sigmund@neckar-odenwald-kreis.de, gemeldet werden.