"Hip-Hop meets Flamenco": eine gelungene Symbiose. Fotos: Martin Bernhard
Buchen. (mb) Die Stadthalle dröhnte am Samstagabend. Das "Integrationsprojekt Hip-Hop Breakdance" im TSV feierte sein 20-jähriges Bestehen mit einer fast sechsstündigen Feier mit dynamischen Showacts und Hip-Hop-Wettbewerben. Johlen, Pfeifen, Klatschen und nahezu ohrenbetäubendes Kreischen erfüllten die Stadthalle, als nach einem mehr als fünfstündigen Programm die einheimische Crew und Weltmeister des vergangenen Jahres, "Next Level", mit ihren Moves und Sprüngen die Bühne rockten. Moderator Mohamed "Moe" Ahmed führte Interviews mit Tänzern und Besuchern und stimmte das Publikum immer wieder auf die stets "krassen" Darbietungen ein. Denn das Programm war von außergewöhnlicher Qualität.
"X-Ception" aus Buchen brachte nach dem obligatorischen Grußwort-Reigen erstmals Stimmung in die Halle. Beeindruckend präsentierte sich auch das Projekt "Mannheimer Schule 2.0". "Mr. Quick" (David Kwiek) tanzte wie eine Gliederpuppe zu Mozarts "Eine kleine Nachtmusik" und zu Kompositionen von Tschaikowski, musiziert vom Kurpfälzischen Kammerorchester.
Weltmeister von 2018: die Buchener Formation "Next Level". Fotos: Martin Bernhard
Der folgende "Hip-Hop Contest" war unterteilt in Gruppen mit minderjährigen und volljährigen Teilnehmern. Die Formation "Kaarma" aus Aalen siegte hier vor "Attention" aus Mosbach in der Klasse der unter 18-Jährigen. Bei den Älteren gewann "Own Risk" aus Bad Kreuznach vor "Eternity" aus Langenzell, "Team Selected" aus Nürnberg und "We are one" aus Elsenfeld.
Anschließend gehörte die Bühne dem Deutschen Meister 2018 in der Altersstufe unter 18, der Crew "Zzyzx". Eine ganz besondere Darbietung bot "Keraamika" aus Aalen. Mit Lichteffekten und ausdrucksreichem Spiel verlieh die Gruppe ihrem Auftritt eine ganz besondere Note.
Bei dem "1 vs 1 Hip-Hop Battle" kam es auf das Können und die Kreativität der etwa 15 Teilnehmer an. Wenige Minuten hatte jeder Zeit, mit seinen Moves die Jury zu überzeugen, das Finale zu erreichen und die "Schlacht" zu gewinnen. Als dann das Flamencogitarren-Duo "Café del mundo" die Bühne betrat, kehrte eine ganz andere Atmosphäre in die Stadthalle ein. Zwei Flamenco-Tänzerinnen hämmerten zur Musik der beiden Gitarristen ihre Rhythmen auf die Holzpodeste. Später untermalten Hip-Hop-Tänzer aus Buchen die Klänge mit ihren Moves und Sprüngen. Flamenco meets Hip-Hop - eine gelungene Symbiose.
"Kaarma" aus Aalen beeindruckte das Publikum. Fotos: Martin Bernhard
Zu Beginn der Veranstaltungen würdigten Ehrengäste die Leistungen des Integrationsprojekts. Bundestagsabgeordneter Alois Gerig beglückwünschte alle Teilnehmer des Projekts zu ihren Erfolgen. "Wir sind stolz auf Euch!", sagte er. Besonders bedankte er sich bei Gründer Volker Schwender und Choreograph Kevin Sauer. Landrat Dr. Achim Brötel dankte für 20 Jahre "toller und harter Arbeit". Hinter der "unglaublichen Erfolgsbilanz" stünden unzählige Trainingsstunden. Er dankte Schwender für seine "grandiose Idee", die vor 20 Jahren zur Gründung des Projekts geführt habe. Buchen habe in den 1990er Jahren 2500 Spätaussiedler aus Russland angesiedelt. Es sei zu Drogenproblemen und Kriminalität gekommen. Schwender und sein Projekt hätten einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, junge Menschen zu integrieren und ihr Selbstbewusstsein zu stärken, betonte der Landrat.
Bürgermeister Roland Burger lobte Schwender dafür, jungen zugezogenen Menschen eine "sinnvolle Freizeitbeschäftigung" ermöglicht zu haben. "Die Jugendlichen sahen in Buchen keine Perspektive", sagte Burger. "Das Projekt hat den Teilnehmern Selbstbewusstsein und Zugehörigkeit vermittelt", stellte der Bürgermeister fest.
Nach den Worten von Kurt Bonaszewski, Vorsitzender des TSV, hat sein Verein die Tänzer bereitwillig aufgenommen. Das Projekt benötigte einen rechtlichen Rahmen, um Spendengeld entgegennehmen zu können. So hätten die Reisen ins Ausland allein in diesem Jahr rund 40.000 Euro verschlungen.
"Mr. Quick" tanzte zu den Klängen des Kurpfälzischen Kammerorchesters. Fotos: Martin Bernhard
Volker Schwender blickte auf die Geschichte des Projekts zurück. Der Stadtrat wies auf die Schwierigkeiten mit russlanddeutschen Jugendlichen Ende der 90er Jahre hin. Als die Stadt beschloss, das Jugendzentrum Tüff einzurichten, war ihm das zu wenig. "Ich wollte mit gutem Beispiel vorangehen", sagte er. Und so gründete er mit den Kosovo-Albanern Zylvi und Lutfi eine Breakdancegruppe. "Viele Jugendliche sind dadurch gerettet worden", sage Zylvi, der aus Kassel angereist war. Nach den Worten von Schwender machten anfangs nur Türken, Mazedonier und Kosovo-Albaner an dem Projekt mit. Nach einem Auftritt beim "Goldenen Mai" meldeten sich auch andere Jugendliche an.
Die "Turbo Street Dancers", die Crew der Anfangsjahre, feierten überregionale Erfolge und beeindruckten den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Ministerpräsident Günther Oettinger. Neue Formationen entstanden und ertanzten sich Titel. So holte "Connexion" 2013 den ersten Weltmeistertitel nach Buchen, dem im Jahr 2018 der von "Next Level" folgte.