Zwischen "Moodle"-Frust und Wiedersehenslust
Das Heisenberg-Gymnasium war von der Server-Panne im Land betroffen. Der DBS und das Privatgymnasium haben andere Lösungen.

Von Philipp Weber
Weinheim. Beschwerden von Schülern, Lehrern und Eltern, zum Teil harsche Kritik am Kultusministerium: Die über das Datennetz der wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes Baden-Württemberg "BelWü" betriebene Lernplattform "Moodle" hat am Montag an vielen Schulen im Land versagt. In Weinheim ist der Schulstart jedoch nicht überall in die Hose gegangen, wie eine stichprobenartige Umfrage der RNZ zeigt.
Mit dem Werner-Heisenberg-Gymnasium war eine der größten Schulen der Region von den landesweiten Problemen mit der Lernplattform "Moodle" betroffen. "Dieser erste Schultag war abenteuerlich", so Schulleiterin Gabriele Franke. Sie betont, dass die Schule ihre Hausaufgaben gemacht habe: "Doch dann ist die Infrastruktur des Landes in die Knie gegangen." Zwischen dem Schulbeginn um 7.45 Uhr und circa 11 Uhr sei es kaum möglich gewesen, auf die Plattform zu gelangen.
Damit war der Schultag verloren: Bis alles funktionierte, waren viele schon gar nicht mehr dabei. "Dass der Tag kommen würde, an dem die Plattform funktionieren muss, war für das Land so absehbar wie für den Normalbürger das Weihnachtsfest", ärgert sich Schulleiterin Franke. Sie könne gut verstehen, dass Kinder, Jugendliche und Eltern zum Teil entrüstet reagieren. Die Probleme würden nun behoben, auf die eine oder die andere Weise, verspricht sie: So werde die Schule von sich aus auf eine andere Lernplattform und andere Serverkapazitäten zurückgreifen, wenn das Land die Schwierigkeiten nicht beheben kann.

An den weiterführenden Schulen des Dietrich-Bonhoeffer-Schulverbunds sind diese Probleme vorbeigegangen. Der Grund: Die Bonhoeffer-Schulen nutzen "Moodle" nicht, auch wenn ihnen das Angebot des Landes zur Verfügung steht. Bereits im Frühjahr 2020 hätten Schüler und Lehrer damit begonnen, mit den Anwendungen "Sdui" und "Schoolwork" sowie der Konferenzsoftware "Zoom" zu arbeiten. "Das hat sich bewährt", so Schulleiterin Andrea Volz. Dank der Erfahrungen aus dem letzten Jahr hätten sich die meisten Klassen gut in den digitalen Lernalltag eingefunden: "Damals ging es Schlag auf Schlag. Dieses Mal mussten sich nur die Fünftklässler umgewöhnen." Mit den "Neuen" sei das digitale Lernen allerdings im Dezember eingeübt worden, so Volz.
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Hanna Mayer, Schülersprecherin am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (DBG), arbeitet ebenfalls mit "Schoolwork", "Sdui" und "Zoom". Sie kann bestätigen, dass dieses Modell gut funktioniert hat, auch schon im ersten Lockdown. Die Videotreffen über "Zoom" hätten am Montag gut geklappt, berichtet sie. Die beiden Anwendungen seien dagegen phasenweise überlastet gewesen: "Unsere Lehrer haben aber geahnt, dass das am ersten Schultag nach den Ferien passiert, deshalb haben sie uns vorab schon mit Inhalten versorgt."
Ihren Angaben zufolge haben die meisten Schüler Verständnis dafür, dass die Schulen erst einmal geschlossen bleiben. Angesichts der hohen Infektionszahlen sei das Lernen daheim am sichersten, auch wenn es ein Mehr an Aufwand und Selbstdisziplin erfordere, so die 17 Jahre alte Elftklässlerin. Und immerhin sehe man sich in den Videokonferenzen nun ohne Masken vor den Gesichtern. Sie und die anderen Kursstufenschüler warten nun die Entwicklungen der kommenden Wochen ab. Stichwort: Klausuren – und möglicherweise (Teil-)Präsenzunterricht für die Abschlussklassen,.
Die Privatgymnasien in Weinheim und Schwetzingen waren ebenfalls nicht von den Problemen im Land betroffen. Hier wird mit dem Microsoft-Kombi-Angebot "Office 365" und der Webplattform "Microsoft Teams" gearbeitet. "Diese Schiene fahren wir schon seit vier Jahren", so Schulleiter Uwe Rahn. Die Privatschulen hätten entsprechende Lizenzen erworben – was natürlich Geld gekostet hat. Der Wiedereinstieg ins Homeschooling am Montag habe funktioniert, auch weil die Gymnasien die drei Tage vor den Schulschließungen zur Umstellung genutzt hätten, berichtet er. Es gebe nun einen Unterricht nach Stundenplan, an den Bildschirmen bestehe regelmäßiger Sichtkontakt zwischen Lehrerenden und Lernenden.
Nicht jeder teilt Kritik an Eisenmann
Während im Land Kritik auf Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) einprasselte, vertritt Rahn eine eher differenzierte Meinung. Die Plattformen, die "seine" Schulen nutzen, seien eigens zu diesen Zwecken entwickelt worden, erklärt er. Die Ministerin hätte sich vorstellen können, diese Plattformen im Land einzusetzen – und nicht die selbst gestrickte Lösung mit Moodle; allerdings gebe es unter Datenschützern eine Kontroverse über das US-Unternehmen Microsoft. "Ich persönlich halte die Angebote für sicher, die Server sind ja in Europa", sagt Rahn.
Er sieht es dagegen skeptisch, dass Eltern nun bezahlter Urlaub zur Kinderbetreuung zusteht. "Das ist ein Geschenk, mit dem die fehlende Infrastruktur für den Online-Unterricht überdeckt wird." Außerdem berge der "Sonderurlaub" auch Risiken fürs Bildungssystem, da sich damit auch viele Lehrer freinehmen könnten.